Startupticker-Brunch

Technologie-Investments beflügeln den Schweizer Start-up-Hub

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Die Schweizer Start-up-Szene floriert: mehr Geld, mehr Finanzierungsrunden und mehr Investoren. Dies zeigt der neue Swiss Venture Capital Report, den Startupticker und Seca in Zürich präsentierten. Es gibt aber auch Wermutstropfen.

Thomas Heimann, Co-Autor Swiss Venture Capital Report. (Source: Netzmedien)
Thomas Heimann, Co-Autor Swiss Venture Capital Report. (Source: Netzmedien)

Die Schweizer Start-up-Szene ist ihrer Vision einen Schritt näher gekommen. Der Vision, Brutstätte für Jungunternehmen und Tummelplatz für Investoren zu sein. "Die Schweiz hat keinen Start-up-Hub, sie ist einer", sagte Stefan Kyora, Chefredaktor des Newsportals "Startupicker", als er die sechste Ausgabe des Swiss Venture Capital Report im Restaurant Imagine am Zürcher Hauptbahnhof vorstellte.

Der Bericht liefert einen Überblick über die Investitionen, die in den vergangenen sechs Jahren in Jungunternehmen flossen. Ziel sei es, Trends aufzuzeigen und Anstösse zu geben, um die Start-up-Branche weiter anzukurbeln.

Die Autoren des Swiss Venture Capital Report präsentierten ihre Ergebnisse in Zürich. (Source: Netzmedien)

Mehr Finanzierungsrunden

Fast eine Milliarde Franken hätten Geldgeber im vergangenen Jahr in Schweizer Start-ups gesteckt, sagte Claus Niedermann, CEO des Journalistenbüros Niedermann, nachdem er die rund 140 Gäste begrüsst hatte. Die Summe sei gegenüber dem Vorjahr zwar nur um 3 Prozent gestiegen. "Die Branche hat sich jedoch weiterentwickelt", sagte Niedermann.

Die Zahl der Finanzierungsrunden etwa stieg 2017 um 10 Prozent auf 175 an, wie aus den Ergebnissen hervorgeht. Dieses Jahr hätten hiesige Start-ups zudem mehr Beträge zwischen 2 und 10 Millionen Franken gesammelt. 40 Prozent der Transaktionen lagen in diesem Bereich. 2012 waren es noch 20 Prozent gewesen.

Investorenkreis wird breiter

Unter den Investoren kam Bewegung ins Spiel, wie Co-Autor des Berichts Thomas Heimann vom Seca, dem Schweizer Branchenverband der Risikokapitalgeber, erklärte. Die traditionellen Venture-Capital-Fonds zeichneten 2017 nicht mehr - wie noch vor sechs Jahren - für die Mehrheit, sondern nur noch für einen Viertel der Investitionen verantwortlich.

Den Löwenanteil machte nun ein breiteres Spektrum an Geldgebern unter sich aus. Darunter fielen etwa vermögende Privatpersonen, neue Corporate Ventures wie Lakestar Advisors und Endeavour Vision, sowie internationale Player wie Alibaba.

Fintech-Sektor boomt

Von den 175 Finanzierungsrunden kamen 61 im ICT-Sektor zustande. 30 verzeichneten die Autoren des Berichts jeweils für die Sektoren Fintech und Biotech. "Der Fintech-Sektor wächst am stärksten", sagte Heimann. In diesem Bereich hätten die Autoren des Berichts den grössten Zuwachs an Finanzierungsrunden gegenüber dem Vorjahr verzeichnet. Fintech und ICT machten gemeinsam 52 Prozent aller Finanzierungsrunden aus.

Bei den Investitionsvolumen überragen jedoch die Beträge im Biotech-Sektor. Fast 450 Millionen Franken hätten Biotech-Start-ups 2017 im Rahmen von öffentlichen Finanzierungsrunden verbucht. Im ICT-Sektor inklusive Fintech lag der entsprechende Betrag bei rund 300 Millionen. Fintechs alleine hätten im vergangenen Jahr 76 Millionen Franken gesammelt. Dies entspreche allerdings einem Zuwachs von 60 Prozent gegenüber dem Vorjahr, erklärte Heimann.

Rekord für Zürich

"Im Kanton Zürich flossen mehr Gelder in Start-ups als je zuvor", sagte Co-Autor Stefan Kyora. Hier hätten Investoren im vergangenen Jahr 273 Millionen Franken in 58 Finanzierungsrunden aufgebracht. Der Betrag stieg um fast 40 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Im Waadtland war das Investitionsvolumen mit fast 300 Millionen Franken zwar höher. "Der Kanton Waadt machte 2017 allerdings eine Atempause", sagte Kyora. Denn im Vorjahr lag das Investitionsvolumen im Kanton Waadt den Ergebnissen zufolge noch bei über 450 Millionen Franken.

Stefan Kyora, Chefredaktor des Newsportals Start-up-Ticker. (Source: Netzmedien)

Auch in den Kantonen St. Gallen und Aargau sei die Zahl der Finanzierungsrunden gestiegen, heisst es im Bericht. Insgesamt hätten Start-ups aus 19 Kantonen Investments an Land gezogen.

Die Frage nach der Geschlechterdiversität

Zum ersten Mal hätten die Autoren des Berichts auch die Geschlechterverhältnisse unter den finanzierten Jungunternehmen betrachtet. Bei 45 Prozent dieser Firmen arbeitete gemäss Kyora mindestens eine Frau im Top-Management oder im Verwaltungsrat. Diese Unternehmen hätten 76 Prozent des gesamten Investitionsvolumens erhalten.

Aber nur bei 10 von den 175 im Bericht erfassten Start-ups fungierte eine Frau als CEO. Diese 10 Unternehmen hätten lediglich 2 Prozent des gesamten Investitionsvolumens aufgebracht. Zudem traten Frauen in nur 24 von den 175 Start-ups als Mitgründerinnen auf, wie Kyora anmerkte.

Den institutionellen Investoren fehlt der Mut

"Wir brauchen mehr Diversität, mehr Engagement von Unternehmen, mehr Austausch und mehr Buzz", bilanzierte Kyora. Der Mitautor des Berichts sieht die Schweizer Start-up-Szene jedoch auf gutem Weg. Den Fintech-Sektor bezeichnete er als Musterschüler, "von dem sich die ICT-Branche eine Scheibe abschneiden kann".

Thomas Heimann stimmte der optimistischen Einschätzung zu. Das Schweizer Venture-Capital-Umfeld werde breiter und reifer, sagte er und fügte hinzu: "Der einzige Wermutstropfen: Bei institutionellen Investoren wie etwa Pensionskassen wie auch bei Banken fehlt nach wie vor die Aufbruchstimmung. Wir hoffen, dass sich dies in diesem jahr ändert."

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