Live zum Master of Swiss Apps 2018

Wie Dreipol mit "Amigos" App, Einkauf und Community verbindet

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Dreipol hat mit "Amigos" bei den Best of Swiss Apps Awards 2018 den Master of Swiss Apps gewonnen. Auftraggeber war die Migros. Nino Cometti, CEO und Partner bei Dreipol, spricht im Interview über die Zusammenarbeit mit der Migros, Aprilscherze und über Ideen für weitere Features.

Nino Cometti, CEO und Partner, Dreipol (Source: dreipol)
Nino Cometti, CEO und Partner, Dreipol (Source: dreipol)

Herzliche Gratulation zum Gewinn des Master of Swiss Apps 2018! Was bedeutet der Award für Dreipol?

Nino Cometti: Der Award bedeutet Dreipol viel. Es war immer eines unserer Ziele, den Master zu gewinnen. Dass wir dies mit "Amigos" nun geschafft haben, freut uns wirklich sehr. Die Auszeichnung ist eine Bestätigung für den grossen Einsatz unseres Teams und zeigt, dass wir uns auf dem richtigen Weg befinden. Schön ist, dass wir nicht nur die Fachjury, sondern auch die Newsletter-Abonnenten der Netzwoche sowie das Saalpublikum von "Amigos" überzeugen konnten.

 

Wie im vergangenen Jahr gab es auch 2018 zweimal Gold für Dreipol. Was ist Ihr Erfolgsgeheimnis?

Es ist eher ein Rezept als ein Geheimnis – und simpel: Der direkte, ehrliche Austausch mit unseren Kunden und der persönliche Einsatz aller Beteiligten. Wir schaffen Raum für Diskussionen, sind offen für Feedback und Kritik. Und wir bringen den Mut auf, auch vermeintlich gute Ideen wieder loszulassen.

 

Wie überzeugten Sie die Migros, den Auftrag an Dreipol zu vergeben?

Wir hatten schon in früheren Projekten die Möglichkeit, mit der Migros zusammenzuarbeiten und die Entscheidungsträger von uns zu überzeugen. Daher wussten wir bereits voneinander, dass die Zusammenarbeit und die Teamkonstellation sehr gut funktionieren. Darüber hinaus liegen unsere Büros in Gehdistanz. Diese geografische Nähe ist ein grosses Plus: All unsere Teammitglieder, egal ob aus Projektmanagement, Design oder Entwicklung, sassen jeweils mit den Migros-Stakeholdern am Tisch. Das machte den Austausch extrem persönlich und unmittelbar.

 

Wie verlief die Zusammenarbeit mit der Migros?

In direktem, persönlichem Austausch auf Augenhöhe und unter Einbezug von verlässlichen Partnern. Dazu gehörten Liip, die sich um das Back-End von "Amigos" kümmerte, und SwissQ Consulting, die das Testing der App übernahm. Die Zusammenarbeit war von hoher Entscheidungsfreudigkeit geprägt, was bei einer Unternehmensgrösse wie jener der Migros nicht selbstverständlich ist. So erhielten wir beispielsweise nur 48 Stunden nach dem Entwerfen des Logos für "Amigos" die Freigabe dafür.

 

Wie teilten sich Dreipol und die Migros die Arbeit auf?

Die Migros verantwortete die Gesamtprojektführung und koordinierte Liip und uns. Die Migros definierte das Was, wir kümmerten uns um das Wie. SwissQ testete die App auf Herz und Nieren.

 

Wer war für Sie der wichtigste Ansprechpartner bei der Migros?

Es gab nicht den einen wichtigsten Ansprechpartner für uns, sondern es stand auch aufseiten der Migros ein ganzes Team dahinter. Dazu gehörten Matthias Wälchli, Amadeus Petrig, Gilbert Lordong, Marco Braunschweiler und Martin Meier.

 

Gab es kulturelle Unterschiede zwischen Ihnen und der Migros?

Natürlich. Der grösste Unterschied war vermutlich der andere Umgangston. Hier profitierten wir gegenseitig von der bereits erwähnten früheren Zusammenarbeit – und unserem Humor: Die Migros-Kollegen legten uns zum 1. April rein und behaupteten, dass eine Migros-Konkurrentin ein ähnliches Produkt wie "Amigos" gerade gelauncht hätte. Sie können sich vorstellen, wie sehr mich das geärgert hätte. Diese Anekdote zeigt, dass wir mit einer gewissen Lockerheit an das Projekt herangegangen sind und uns diese auch bewahrt haben, auch wenn der Umgangston einmal etwas rauer wurde.

 

Woher stammte die Idee zu einem Community-Lieferservice für den Supermarkt?

Von der Migros-Digitalstrategie. Die Migros ist die erste Detailhändlerin, die das Social-Shopping-Konzept in die Schweiz bringt.

 

Was ist der Unterschied zwischen der "Amigos"-App und anderen Apps, die Sie schon entwickelt haben?

"Amigos" ist ein Pilotprojekt, das auf bislang nicht dagewesene Weise Webshop, App und Matching-Plattform mit dem Überbau eines integrierten Zahlprozesses zusammenbringt. Die App richtet sich an die Bringer und begleitet diese von A bis Z durch den Einkauf. Die dazugehörige Webplattform zielt auf die Besteller, die einen Einkauf in Auftrag geben. Das komplexe Zusammenspiel zwischen den einzelnen Plattformen und Komponenten war nicht nur schweizweit, sondern auch für uns ein Novum.

 

Welches Entwicklungsmodell nutzten Sie für "Amigos"?

Das war ein Mix aus iterativem Wasserfallmodell und Scrum-Methode.

 

Wie sahen die einzelnen Schritte der Entwicklung aus?

Die Migros analysierte in einem ersten Schritt den Markt und die potenziellen Kundenbedürfnisse. Danach entwickelte sie die entsprechenden Business Cases. In einem zweitägigen Workshop kamen alle Beteiligten zusammen und wir klärten die Grundsatzfragen und Rahmenbedingungen des Pilotkonzepts. Danach starteten wir mit der Entwicklung von ersten Klick-Prototypen auf Wireframe-Basis. Durch intensives Testing wurden diese in einem iterativen Prozess stetig verfeinert. Parallel dazu entwickelten wir die Basiskomponenten und das Gesamtdesign von "Amigos". Hier haben wir uns übrigens dazu entschieden, das Original-Migros-Logo zu verwenden und daraus den "Amigos"-Schriftzug abzuleiten.

 

Die App umfasst eine Bezahlfunktion, Bewertungen, Anbindung an einen Webserver, einen Warenkorb und eine Karte. Wie haben Sie das alles unter einen Hut gebracht?

Schritt für Schritt und in enger Zusammenarbeit mit sämtlichen Beteiligten von Design bis Entwicklung. Dazu gehörten auch wöchentliche Meetings, in denen alle persönlich vor Ort anwesend waren.

 

Was waren die grössten technischen Herausforderungen?

Die grösste technische Herausforderung lag serverseitig. Um die umfangreiche Funktionalität der App und des für das Konzept ebenso wichtigen Onlineshops zu gewährleisten, wurden um die zehn Webservices integriert. Eine andere, nicht rein technische Herausforderung war die Entwicklung der Postleitzahlsuche. Mit diesem kleinen, aber doch wichtigen Feature wollten wir die zukünftigen Bringer abholen. Wir mussten eine Lösung finden, die nicht zu aufwändig war, die Benutzer aber dennoch ansprach. Eine weitere Herausforderung war das Offline-Handling. Obwohl es fast in jeder Migros-Filiale ein öffentliches WLAN gibt, wollten wir den Bringern die Möglichkeit geben, den Einkaufsteil der App auch komplett offline zu nutzen.

 

Wie sind Sie diesen Herausforderungen begegnet?

Wir sind die Herausforderungen unterschiedlich angegangen. Bei der Integration der Webservices setzten wir auf die Zusammenarbeit mit der Migros und vor allem mit Liip. Liip war unter anderem verantwortlich für die Umsetzung der Businesslogik von "Amigos" im Rahmen eines Webservice. Dieser Webservice ist das solide Fundament, auf dem App und Webshop stehen. Im konstanten Austausch brachten wir viele Wünsche an und räumten bereits in der Konzeptphase mögliche Fehlerquellen gemeinsam aus dem Weg. Bei der Postleitzahlsuche arbeiteten wir klassisch mit einem Proof-of-Concept in der Form eines Prototyps und setzten zudem auf den engen Austausch mit unseren Interaction Designern. Die Offline-Verfügbarkeit wiederum wurde von Anfang an als Anforderung definiert und stets berücksichtigt. Das Vorort-Testing bereits in der frühen Entwicklungsphase rundete das Ganze ab.

 

Wie haben Sie die App im Alltagsbetrieb getestet?

Die Migros führte intern zwei grosse Testläufe mit einer Probandengruppe durch, die das Produkt "Amigos" nicht kannte. Wir verbesserten nach erhaltenen Erkenntnissen gewisse Prozessschritte. Beispielsweise wurde der anfänglich angedachte Zahlungsprozess von den Usern nicht ganz akzeptiert, sie äusserten fehlendes Vertrauen. Wir durchleuchteten und optimierten aufgrund dieser erhaltenen Erkenntnis das komplette Zahlungssystem und den Zahlprozess für "Amigos". Auch jetzt haben Nutzerinnen und Nutzer die Möglichkeit, ihr Feedback abzugeben.

 

Sie haben für iOS und Android entwickelt. Welche Schwierig­keiten gab es dabei?

Die Apps wurden von unseren beiden nativen Mobile-Entwicklungsteams in Zürich entwickelt. Insgesamt haben an der Android- und iOS-App über die ganze Entwicklungsphase verteilt sechs Entwicklerinnen und Entwickler gearbeitet. Die grösste Herausforderung war, trotz der parallelen Entwicklung nicht dieselben Fehler zweimal zu machen. Es gehört dazu, dass man manchmal erst nach der Entwicklung eines Features merkt, dass die Idee dahinter noch nicht völlig ausgereift ist und darum im nächsten Sprint Anpassungen nötig sind. Bei zwei Plattformen wollten wir vermeiden, dieses "Lehrgeld" zweimal zu bezahlen. Deshalb wurde jedes Feature zunächst von einem Entwicklungsteam umgesetzt. Erst im darauffolgenden Sprint und nach Freigabe durch die Migros entwickelten wir das Feature für die andere Plattform. Eine weitere Schwierigkeit war auch, bei allen Beteiligten immer wieder ins Bewusstsein zu rufen, dass sich diese Plattformen wirklich unterscheiden und wir uns nach den jeweiligen Vorgaben richten müssen.

 

Wie geht die Entwicklung der App nun weiter?

Die Migros hat wie Dreipol einen hohen Anspruch an Qualität. Wir legen einen grossen Perfektionismus an den Tag. In der Weiterentwicklung wollen wir versuchen, diesen ein Stück weit abzulegen. Das heisst, Features schneller direkt im Markt zu testen und das Risiko bewusst einzugehen, dass etwas auch einmal nicht funktionieren könnte.

 

Welche Features wollen Sie noch einbauen?

Grundsätzlich lässt sich das Angebot auf weitere Konzepte ausweiten. Diese Entscheidung liegt ganz bei der Migros. Wenn ich wünschen könnte, würde ich die Webplattform als Shop in die App einbauen, eine direkte Bezahlung an der Migros-Kasse via App sowie Multi-Bestellungen ermöglichen und einen Chat zwischen Bringer und Besteller programmieren. Sie sehen, an Ideen und Möglichkeiten mangelt es nicht.

 

Das Interview mit dem Auftraggeber Migros finden Sie hier.

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