ISB-Grossprojekt

So schaffte die Bundesverwaltung den Sprung in die UCC-Welt

Uhr

Das Informatiksteuerungsorgan des Bundes hat mit der Einführung von Unified Communications & Collaboration (UCC) ein ICT-Schlüsselprojekt abgeschlossen. Welche Schwierigkeiten es gab, ob sich die Umstellung auszahlt und was sie rückblickend anders machen würde, erklärt Brigitte Gerber, Programmleiterin UCC bei der Bundesverwaltung.

Brigitte Gerber, Programmleiterin UCC bei der Bundesverwaltung (Source: zVg)
Brigitte Gerber, Programmleiterin UCC bei der Bundesverwaltung (Source: zVg)

Wie arbeitet es sich mit dem neuen Kommunikationssystem?

Brigitte Gerber: Mit der neuen Lösung arbeite ich sehr gerne. Wir im ISB wurden bereits in der Pilotphase auf UCC umgestellt und nutzen somit seit mehr als vier Jahren die neuen Funktionen, die UCC bietet. Ich finde diese sehr nützlich und kommuniziere oft mit der Chat-Funktion und führe Telefon- oder Videokonferenzen.

 

Wie hat sich die Zusammenarbeit nach der Umstellung verändert?

Aus meiner Sicht ist mit UCC die Zusammenarbeit effizienter geworden. Mit den Funktionen wie beispielsweise dem Desktop-Sharing kann man auf Knopfdruck gleichzeitig und gemeinsam am selben Dokument arbeiten und darüber diskutieren. Damit lässt sich viel Zeit gewinnen. Ein fixer Bestandteil meiner Agenda sind aber auch Telefonkonferenzen geworden. Oft ist mindestens einer der Teilnehmer unterwegs, an einem anderen Standort oder im Homeoffice. Wir leben in der Bundesverwaltung mit UCC das mobile Arbeiten.

 

Was waren die grössten Herausforderungen bei der Umstellung auf UCC?

Die grössten Herausforderungen stellten die Sonderlösungen dar. In der Bundesverwaltung gibt es sehr viele Sonderlösungen, die vor vielen Jahren mittels Telefonietechnik implementiert worden sind. Beispiele dafür sind Alarmanlagen, Türöffner und Vermittlungsanlagen. Diese müssen auch bei einem Stromausfall funktionieren. Eine weitere grosse Herausforderung war die Erwartungshaltung der Nutzer, dass bei Sonderlösungen nach der Umstellung alles genau gleich funktionieren sollte wie vorher. Das war nach der Umstellung nicht in jedem Fall sinnvoll, da je nach Anforderung eine prozessual andere Lösung besser sein konnte. Deshalb war es sehr wichtig, in der Konzeptphase neue Lösungsmöglichkeiten mit der betroffenen Verwaltungseinheit zu definieren.

Mit welchen Cyberbedrohungen setzt sich das ISB aktuell auseinander? Und wie will es die Schweiz dagegen wappnen? Peter Fischer, Leiter des ISB, gibt Antworten.

 

Was würden Sie im Nachhinein anders machen?

Ich würde von Beginn an die Sonderlösungen als Teil des UCC-Programms festlegen und dies in den Zielen festhalten. Wir haben zu einem recht späten Zeitpunkt festgestellt, dass es nicht sinnvoll ist, nur "UCC persönlich" – also die Ablösung der Telefone aller Mitarbeitenden – einzuführen, sondern dass die Behandlung respektive Ablösung der Sonderlösungen Teil der Einführung sein muss. Der Grund dafür ist, dass die Anlagen der alten Telefonie nur abgebaut werden können, wenn auch alle damit verbundenen Lösungen auf die moderne Technologie mi­griert wurden.

 

Angeblich waren die Mitarbeiter anfangs verunsichert, weil das System stets angezeigt habe, ob jemand "verfügbar", "beschäftigt" oder "abwesend" sei. Wie sind Sie mit dieser Situation umgegangen?

Es hat sich gezeigt, dass für die Zusammenarbeit die Statusanzeige sehr nützlich ist. Wenn Sie zurückdenken: Können Sie sich daran erinnern, wie man früher oft jemanden telefonisch zu erreichen versuchte? Anschlies­send hinterliess man eine Nachricht, dann versuchte diese Person Sie zurückzurufen, man verpasste sich wieder und letztlich brauchte es manchmal zwei Tage, bis das Gespräch stattfinden konnte. Mit der Präsenzanzeige in UCC weiss ich, dass die Person, deren Status grün angezeigt wird, höchstwahrscheinlich gerade telefonisch erreichbar ist. Wir haben die Sensibilisierung der Mitarbeiter vorangetrieben, indem wir dies in Gremien sowie bei den Personaldiensten adressiert haben. Ausserdem haben wir für die Mitarbeiter einen UCC-Knigge erstellt, um ihnen den Nutzen aufzuzeigen und Verunsicherung abzubauen. Ich glaube, mit diesen Massnahmen haben wir die Einführung gut begleitet.

 

Die Umsetzung des Programms dauerte über fünf Jahre. Was hat am meisten Zeit gekostet?

Das Erarbeiten der Konzepte pro Verwaltungseinheit hat einiges an Zeit gekostet, war aber sehr wichtig, damit für jeden Geschäftsfall die beste Lösung eingeführt werden konnte. Zudem ist die organisatorische Komplexität der Bundesverwaltung sehr hoch. Vor allem der Umgang mit den Sonderlösungen war aufwändig. Sie müssen sich vorstellen, dass durch die Projektmitarbeiter rund 30 Jahre der Telefonie kategorisiert und zu einer Lösung zusammengeführt wurden. Das ist eine enorme Leistung der Projektteams!

 

Mit dem UCC-Programm wollte die Bundesverwaltung auch ­Kosten reduzieren. Wie viel wollten Sie einsparen?

Es war vorgesehen, rund 30 Prozent der Kosten einzu­sparen.

 

Geht die Rechnung auf?

Die Prüfung des Business Case hat ergeben, dass mit der Einführung von UCC bereits in den ersten Betriebsjahren die Preise pro Anschluss gesenkt werden konnten. Das Einsparziel wurde in der geplanten Grössenordnung erreicht. Dazu kommen die eingesparten Reisekosten und insbesondere die Reisezeiten, die durch die Nutzung der neuen Funktionen wie Desktop-Sharing und Online-Konferenzen möglich werden. Diese Kosten­einsparungen werden in der Bundesverwaltung jedoch nicht erfasst und können deshalb auch nicht quantifiziert werden.

 

Was für Sicherheitsmassnahmen haben Sie ergriffen?

Technische Massnahmen wurden während der Konzeptphase beschrieben und danach implementiert. Organisatorisch wurde für die Mitarbeiter eine Einsatzrichtlinie für UCC erstellt.

 

Wie haben Sie die Mitarbeiter für Risiken bezüglich der IT-Sicherheit sensibilisiert?

Die vom UCC-Programm erstellte Einsatzrichtlinie beinhaltet klare Regeln zum Umgang mit UCC sowie Anweisungen bezüglich Einhaltung der Sicherheitsvorgaben. Darin enthalten sind beispielsweise der Umgang mit klassifizierten Informationen oder besonders schützenswerten Daten. Ausserdem wurden die Mitarbeiter mithilfe eines Lernvideos dafür sensibilisiert, wie sie bei Notrufen korrekt vorgehen müssen.

 

43'000 Telefone wurden durch neue Geräte ersetzt. Was haben Sie mit den ausrangierten Geräten gemacht?

Der grösste Teil der Geräte wurde dem Recycling zugeführt, die anderen Geräte wurden aufgefrischt und als Endgeräte für Sonderlösungen eingesetzt. Beim Recycling werden die Materialien sauber getrennt, giftige Altstoffe fachgerecht entsorgt und brauchbare Teile wiederverwendet.

 

Mehr zum Focus "UCC":

 

Drazen-Ivan Andjelic von Unify zeigt, worauf man bei der Wahl von Kollaborationsplattformen achten muss.

 

Lorenz Uebelhart und Michael Kaufmann von At Rete erklären, was zur erfolgreichen Einführung von UCC benötigt wird.

 

Tatsächlich sind noch viele Firmen weit weg von einer vereinheitlichten Kommunikation. Warum das nicht unbedingt falsch sein muss, erläutert Mattias Oswald von iWay.

Webcode
DPF8_126804