Digitalisierung des Gesundheitswesens

Prozesse dank Digitalisierung nachhaltig optimieren

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von Urs Oswald, Berater, Indema

Digitalisierungsvorhaben im Gesundheitsbereich setzen nicht nur eine klare Vision und eine hohe Wandlungsbereitschaft voraus. Gefragt ist ein methodisches Vorgehen, das ausser technischen auch menschliche Aspekte berücksichtigt, wie ein Beispiel aus der Praxis zeigt.

Während sich die Digitalisierung in anderen Industrien bereits exponentiell entwickelt, nimmt sie im Gesundheitswesen erst jetzt langsam Fahrt auf. Und das Potenzial ist enorm: Die digitale Transformation verspricht in einer Vielzahl von Einsatzbereichen Kostensenkungen und Effizienzsteigerungen bei gleichzeitiger Leistungsverbesserung.

Mit der Einführung entsprechender Technologien oder Systeme ist die digitale Transformation aber noch lange nicht geschafft. Ganz entscheidend für das Mass der Effizienz und Effektivität ist ein methodisches Vorgehen. Dabei gilt es, Prozesse, technische und menschliche Aspekte gleichermassen zu beachten. Wie ein Digitalisierungsprojekt in der Praxis erfolgreich gestemmt werden kann, zeigt die Einführung eines intelligenten Systems für die automatisierte Lagerbewirtschaftung in einem Schweizer Spital exemplarisch auf.

Mitarbeiter auf die Transformationsreise mitnehmen

In einem ersten Schritt wurde eine Auslegeordnung der bestehenden Prozesse gemacht und ihr Digitalisierungspotenzial ermittelt. Grossen Optimierungsbedarf wies dabei ein partiell papierbasierter Prozess rund um die Lagerbewirtschaftung der einzelnen Stationen auf: Die Pflegekräfte waren für logistische Teilbereiche wie Inventarisierung, Bedarfsermittlung, Bestellung oder Befüllung des Verbrauchsmaterials zuständig. Diese Abläufe waren zeitaufwändig sowie fehleranfällig und die Mindestbestände mussten sehr hoch gehalten werden, damit die Versorgungssicherheit gewährleistet war.

Während des Projekts wurden die Mitarbeiter bereits in einem frühen Stadium eingebunden. Sie konnten wichtige Erkenntnisse zu Problemen und dem Optimierungspotenzial liefern. Zum anderen liess sich durch den frühen Einbezug auch eine hohe Akzeptanz der Veränderung sicherstellen. Wie wichtig das ist, zeigt auch eine Studie der Fachhochschule St. Gallen. Sie kommt zum Schluss, dass rund 50 Prozent der Arbeitnehmenden der Digitalisierung skeptisch gegenüberstehen. Besonders bei den Pflege- und Betreuungsfachkräften im Sozial- und Gesundheitswesen löse die digitale Transformation Ängste aus, schreiben die Autoren der Studie.

Das Zielbild vor Augen

Digitalisierung darf kein Selbstzweck sein. Deshalb wurde im weiteren Projektverlauf ein klares Zielbild definiert: Die Stations­bewirtschaftung sollte künftig automatisiert und damit effizienter, günstiger, transparenter und letztlich nachhaltiger abge­wickelt werden.

Bei der Umsetzung entschied man sich für ein etappenweises Vorgehen, um laufend Verbesserungspotenzial zu erkennen und auszuschöpfen. Eingeführt wurde schliesslich ein automatisiertes Bestandskontroll- und Beschaffungssystem für das Verbrauchsmaterial, das mithilfe präziser Waagen jeweils den genauen Bestand der einzelnen Produkte ermittelt und Nachbestellungen automatisch auslöst.

Dank der engen Zusammenarbeit mit den Endbenutzern sowie der Anpassung und Optimierung aller Prozesse konnten die anvisierten Ziele erreicht werden: Einerseits wurde das Pflegepersonal von pflegefremden Aufgaben befreit und andererseits konnte die Versorgungsqualität gesteigert werden. Kostenvorteile liessen sich durch den geringeren Materialverfall, der optimierten Lagerhaltung, der höheren Transparenz sowie der besseren Planbarkeit realisieren.

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