Neuer Standard lanciert

Mehr Klarheit und Effizienz beim Datenaustausch

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von Hans Balmer, Clinicum

Spitäler, Praxen und Therapeuten reichen den Kostenträgern unzählige Rechnungen ein. Der Rechnungsversand ist kein Problem, er ist Routine. Aber vielfach gehören weitere Dokumente dazu wie Aufnahmen bildgebender Verfahren, Laborbefunde, Austrittsberichte, Überweisungen und sogar Videos. Die Vielfalt will erst mal bewältigt werden, erst recht, wenn sie zu Detailabklärungen und Rückfragen führt. Hierzu ist ein Standard für den Datenaustausch höchst willkommen.

(Source: angellodeco / Fotolia.com)
(Source: angellodeco / Fotolia.com)

Standards sind wichtig. Sie vereinfachen die Produktion und Vermarktung von Gütern und Dienstleistungen und deren Austausch wesentlich. Standards gibt es überall im Alltagsleben. Dass sie sinnvoll sind, ist klar: Stromstecker, Ladekabel, Container, Bauelemente, IT-Komponenten, Rechnungslegungskriterien, Qualitätsrichtlinien und andere mehr sind nicht mehr wegzudenken. Standards vereinfachen das Leben. Sie erleichtern die Zusammenarbeit, vereinfachen technische Lösungen, reduzieren Kosten, ermöglichen Interoperabilität und schaffen Transparenz. All das ist auch für das Gesundheitswesen lebenswichtig. Ein zentrales Anliegen hier ist der einheitliche und sichere Datenaustausch.

Der Verein eCH steht für ein solides Fundament ein

Die Firma Sasis setzt sich seit Jahren in der Branche für einen einheitlichen und zukunftsgerichteten Standard ein und entwickelte den neuen Standard SHIP. Diese Entwicklungs-Initiative ging von fünf finanzierenden Krankenversichern und Sasis aus, die eine Zusammenarbeit mit dem Verein eCH vereinbarten, einer Public-Private-Partnership, bei welcher der Bund, alle Kantone, viele Gemeinden, zahlreiche Firmen, Hochschulen, wissenschaftliche Institutionen und Einzelpersonen mitmachen. Der Verein fördert seit Längerem eGovernment in der Schweiz. Hier geht es ums leichtere elektronische Zusammenarbeiten zwischen Behörden und von Behörden mit Privaten oder Unternehmen. eCH fördert insbesondere die Umsetzung internationaler Standards. Das geschieht, indem Standardisierungsthemen identifiziert und priorisiert, Standards erarbeitet, verabschiedet, gepflegt und publiziert werden. Dabei wird der Nutzen von Standards aufgezeigt und deren Anwendung gefördert. Im Verwaltungsbereich führt das zur Harmonisierung von Prozessen. "Der neue Kommunikationsstandard SHIP passt ausgezeichnet zu unserer Arbeit", betont Lorenz Frey-Eigenmann, Geschäftsleiter eCH.

Vollständig digital und harmonisiert

SHIP ist der neue Kommunikationsstandard zur Digitalisierung der administrativen Prozesse im Schweizer Gesundheitswesen. SHIP ermöglicht einen vollständig digitalen Informations- und Datenaustausch zwischen den Leistungserbringern und Kostenträgern entlang eines eindeutig definierten Prozesses unter höchsten Sicherheitsstandards (Datenschutz und IT-Security) und verbessert so die Transparenz, Datenqualität und Abwicklungseffizienz neben den bereits funktionierenden Rechnungen bei allen Beteiligten markant.

Dabei werden alte Zöpfe systematisch abgeschnitten. Herkömmliche Abläufe wie Fax, Postverkehr, Telefon, E-Mail werden elimiert, was erhebliche Kosten einspart. Das SHIP-Logo symbolisiert die interaktive und digitale Zusammenarbeit zwischen den Teilnehmenden am SHIP-Betrieb zur Abwicklung der administrativen Geschäftsprozesse im Sinne einer echten "relation-ship". Das unterstreicht auch die grosse Zahl von Akteuren aus dem Gesundheitswesen, die sich bereits aktiv bei der Erarbeitung des Standards und seiner Spezifikationen einsetzen. Dazu zählen Universitäts-, Zentrums- und Regionalspitäler, Privatkliniken, Gesundheitsdirektionen und Krankenversicherer.

Wo liegen die konkreten Vorteile im Detail?

Die positiven Aspekte des neuen Kommunikationsstandards SHIP sind vielfältig. "Es ist eine Lösung, die uns weiterbringt und die für alle Stakeholder im Gesundheitswesen zugänglich ist. Sie erleichtert den riesigen Datenaustausch generell und die sehr zeitraubenden, bisher viel zu wenig koordinierten und harmonisierten Abklärungen zwischen Leistungserbringern und Kostenträgern im Speziellen. Ausserdem ist SHIP offen für neue digitale Entwicklungen", fasst Gregor Ineichen, Leiter eCH-Fachgruppe "Administration im Gesundheitswesen", zusammen. "Deshalb engagieren sich gerade die Krankenversicherer und die SASIS AG intensiv in diesem Projekt, zusammen mit eCH, welcher ein Gefäss mit viel Erfahrung in Sachen Standardisierung bietet."

Die Vorteile von SHIP lassen sich wie folgt darstellen:

  • Abwicklungseffizienz: Die Nutzung steigert die Effizienz im ganzen Abwicklungsprozess. Das betrifft die integrierte Prozessunterstützung, das Optimieren von Prozessschritten, das Digitalisieren von Teilnehmerprofilen und das Steuern der Zusammenarbeit unter den Akteuren sowie den Kundenservice rund um die Uhr.

  • Zukunftsfähigkeit: Der Standard ist offen. Das gewährleistet rasche und flexible Anpassungen und garantiert so die Sicherheit und Zukunftsfähigkeit der neuen Lösung und den flexiblen Weiterausbau, denn das Gesundheitswesen entwickelt sich massiv weiter, was zu neuen Regulatorien und Anforderungen führen wird. "Die SHIP-Weiterentwicklung besteht insbesondere im Erreichen optimaler Anbindungen, was eine sinnvolle Investition in die Zukunft bedeutet. Dafür wird sich der Verein eCH als Standardisierungs-Organisation weiter stark einsetzen", hält Lorenz Frey fest.

  • Qualität: SHIP garantiert eine einheitliche und reziproke Datenhandhabung und sorgt auf diese Weise für eine hohe Datenqualität, Transparenz, Rückverfolgbarkeit und Vergleichbarkeit.

  • Sicherheit: Die Sicherheit der Daten geniesst beim SHIP oberste Priorität. Im Zentrum stehen dabei die sichere Datenübermittlung und der Datenschutz.

  • Kosten sparen: Das Einführen von SHIP bringt erhebliche Kosteneinsparung in diversen Bereichen mit sich. Gregor Ineichen: "Das wird sich bald in tieferen Fallabwicklungskosten zeigen. Der Umstand, dass das System mit minimalen zentralen Diensten auskommt, sorgt für einen kostengünstigeren Betrieb."

Wie wird das Projekt umgesetzt?

Hier hat SHIP-project den Auftrag gefasst, den innovativen offenen Kommunikationsstandard zu entwickeln. Dieser beinhaltet nebst dem technischen Standard einen Prozess-Standard mit entsprechender Semantik für die auszutauschenden Meldungen.

Beim Prozess-Standard geht es um fachliche Vorgaben und Rahmenbedingungen zur Abwicklung als SHIP-Vorgaben. Der Semantik-Standard beinhaltet alle notwendigen Inhalte und Attribute, um die Prozessabwicklung in SHIP-Meldungen umzusetzen.

Schliesslich bündelt der technische Standard Semantik und Prozess in einer Softwarekomponente als offenen Standard zum SHIP-Connector – exakt dieses Verbindungsstück zu den IT-Systemen der mitmachenden Partner ersetzt Brief, Fax, Telefon oder E-Mail. Wie bedeutungsvoll neue, digitale und inhaltlich strukturierte Kommunikationswege sind, zeigt allein schon die enorme Anzahl Bedarfsmeldungen, die beispielsweise eine grosse Spitex-Organisation jährlich abschickt; bei der Spitex Limmat Zürich sind es deren 50'000. Gross ist auch der Umfang eingeforderter Zusatzdokumente, welche die Krankenversicherer von Ärzten, Spitälern und Therapeuten einfordern.

SHIP project schafft zusammen mit der SASIS AG die entscheidenden Voraussetzungen für die Fachgruppe "Administration Gesundheitswesen" im Verein eCH, um eine schweizweite Normierung zu erhalten.

Von Punkt zu Punkt mit dem SHIP-Standard

Der SHIP-Connector verbindet alle Beteiligten ohne Restriktionen als end-to-end-Prozess mit einem offenen Standard und setzt keine proprietären Systeme voraus. Das bereits vor rund 10 Jahren initiierte "eKARUS"-Konzept bildet die weiter entwickelte Grundlage dazu. Das Projekt eKARUS wird seit 2009 von einer Mehrheit der Krankenversicherer zur Weiterentwicklung des elektronischen Datenaustauschs geführt. Ab dem Jahr 2019 wurde das Projekt eKARUS offiziell in SHIP project umbenannt.

Daraus hervorgehend steht nun allen Beteiligten den SHIP-Connector mit voller Transparenz über Inhalt und Funktionsweise zur Verfügung. Lorenz Frey: "Die Basis eKARUS/SHIP steht für eine dynamische Weiterentwicklung; die aktuellen und künftigen Lösungen entstehen partnerschaftlich zwischen den beteiligten Leistungserbringern und Kostenträgern. Ihre Experten leisten wertvolle Arbeit in der eCH-Fachgruppe 'Administration Gesundheitswesen'. Bisherige Ergebnisse sind der SHIP-Datenstandard Leistungsfälle Administration Gesundheitswesen, SHIP-Meldungsstandard, SHIP-Prozessstandard 'Spital stationär', und SHIP-Standard 'Pflege'."

Das System gliedert sich in drei Elemente:

  • Central Services: Sie umfassen das Teilnehmerverzeichnis, die Referenzdaten für den einheitlichen Datenaustausch sowie den Zugriff auf zentrale Register. Diese SHIP services werden von SASIS AG zur Verfügung gestellt und betrieben. Der Datenaustausch funktioniert einheitlich und ist für registrierte Nutzer/Teilnehmer verwendbar.

  • Leistungserbringer: Die Nutzung ist im Endausbau auf alle Leistungserbringer-Gruppen massgeschneidert ausgerichtet (Spitäler, Pflegeheime, Spitex usw.).

  • Kostenträger: SHIP strebt im Endausbau die Verbindung mit allen relevanten Kostenträgern an (Krankenversicherer, Kantone, Gemeinden, Unfallversicherer, Invaliden- und Militärversicherung).

So sieht der SHIP-Fahrplan aus

Im Juli 2017 erfolgte der Start zum Pilotbetrieb mit ausgewählten Spitälern, Versicherungen und Kantonen. 2019 geht es weiter mit ersten produktiven Normalbetrieben bei der administrativen Abwicklung stationärer Behandlungsfälle. Gleichzeitig findet ein schrittweiser Ausbau des SHIP-Standards statt, um weitere administrative Prozesse bzw. weitere Leistungserbringer- und Kostenträger-Gruppen einzubinden.

"Dabei", so Lorenz Frey, "zählen wir auf ein aktives Mitmachen aller Interessierter. Wir fordern sie auf, bei künftigen Ausschreibungen von Standards mit dabei zu sein und sich einzubringen. Wichtig ist, dass sich der Bund verpflichtet hat, diese Standards zu nutzen und in seine Prozesse zu integrieren."

Zügig weiter arbeiten – breite Vorteile schaffen

Blicken wir kurz zurück. 2012, beim Zeitpunkt der Einführung der neuen Spitalfinanzierung fassten wir bei einer Analyse von eKARUS im "Clinicum" zusammen: "Viele profitieren, vor allem auch die Versicherten und Patienten, denn die Lösung geht weit über den Prozess der Leistungsabrechnung hinaus. Sie ermöglicht den strukturierten und sicheren elektronischen Datenaustausch – zum Beispiel bei Abklärungen oder Rückfragen – , welcher heute noch mehrheitlich in Briefform, schlecht strukturiert (Romane statt einheitlich definierte Kriterien) abgewickelt wird. Durch die Standardisierung der Prozessschritte Registrierung, Budgetierung und Leistungsverrechnung werden lästige wie teure administrative Arbeiten vereinfacht und reduziert. Damit bleibt Leistungserbringern und Versicherern mehr Zeit, sich um die ihnen anvertrauten Menschen zu kümmern."

Genau das bleibt auch das Ziel beim Lancieren von SHIP. "Die Zeit ist reif dazu", stellen beide Gesprächspartner übereinstimmend fest. "Wir werden uns bereits in wenigen Jahren über messbare Vorteile für alle Partner im Gesundheitswesen freuen können."

Dieser Artikel erschien erstmals in der Zeitschrift "Clinicum"

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