Vielversprechendes Konzept

Microsofts Unterwasser-Rechenzentrum sieht wieder Land

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von Yannick Chavanne und Übersetzung: Pamela Beltrame

Im Rahmen des Projekts "Natick" hat Microsoft vor zwei Jahren ein Rechenzentrum im Meer versenkt. Dieses lässt das Unternehmen nun wieder auftauchen. Die Bilanz sei insgesamt positiv. Der Prototyp sei umweltfreundlicher als Datenzentren an Land und habe auch weitaus weniger Funktionsstörungen erlitten. Einer der Gründe dafür: keine Menschen.

(Source: Microsoft)
(Source: Microsoft)

Microsofts Unterwasser-Rechenzentrum ist wieder aufgetaucht - im wahrsten Sinne des Wortes. Nach zwei Jahren auf dem Meeresboden in Schottland sah der 12 Meter lange, zylinderförmige Tank offensichtlich nicht mehr so makellos aus wie beim Eintauchen. Die Reinigung mit dem Kärcher hat den Tank aber wieder präsentabel gemacht. Was die Microsoft-Forscher jedoch wirklich begeisterte, ist der innere Zustand des Tanks: Denn ein Rechenzentrum mit 12 Server-Racks und 864 Servern unterwasser zu betreiben ist laut Microsoft weniger fehleranfällig, als an Land.

Microsofts Unterwasser-Rechenzentrum ist wieder aufgetaucht. (Source: Microsoft)

Acht Mal zuverlässiger

Laut Wissenschaftlern des sogenannten "Natick"-Projekts ist der Lebenszyklus der Komponenten in einem untergetauchten Rechenzentrum länger. Die Server im Tank seien acht Mal zuverlässiger. Eingehende Analysen der untergetauchten Hardware müssten dies aber noch bestätigen. Laut Microsoft hat der Prototyp jedoch eine viel geringere Ausfallrate gehabt.

Dafür nennen die Wissenschaftler zwei Gründe: die Zusammensetzung der Luft im Container - da er mit Stickstoff gefüllt ist - und die Abwesenheit von Menschen. Unter Wasser sind die Komponenten von Rechenzentren keiner Korrosion durch Sauerstoff und Feuchtigkeit ausgesetzt. Sie müssen auch keine Temperaturschwankungen oder Erschütterungen durch Personen verkraften, die vielleicht zum Austausch von defekten Komponenten vorbeikommen. Das sind alles bekannte Fehlerquellen, wie Microsoft erklärt.

Einmal mit dem Kärcher drüber und der Tank ist wieder strahlend weiss. (Source: Microsoft)

Diese Entdeckungen werden das in Redmond ansässige Unternehmen wahrscheinlich dazu veranlassen, seine Rechenzentren neu zu gestalten - auch diejenigen an Land. "Es ist unser Traum zu lernen, wie man Rechenzentren so zuverlässig macht, dass sie nicht von Menschenhand bedient werden müssen", sagt William Chappell, Vizepräsident für Missionssysteme bei Azure.

Ökologischer

Auch im Bezug auf den Energieverbrauch haben Unterwasser-Rechenzentren einen Vorteil: Gezeiten, Wellen und Windturbinen sind allesamt saubere Energiequellen, die zur Versorgung des Tanks genutzt werden können. Die Orkney-Inseln in Schottland wurden vom "Natick"-Projektteam unter anderem deshalb ausgewählt, weil sie zu 100 Prozent von Wind- und Sonnenenergie versorgt werden. Auch das European Marine Energy Centre (EMEC) versorgt die Inseln mit erneuerbarer Energie.

"Wir waren in der Lage, mit einem Netzwerk, das für die meisten landgestützten Rechenzentren als unzuverlässig gilt, sehr funktionsfähig zu sein", sagt Microsoft-Forscher Spencer Fowers. Das Projekt Natick habe auch gezeigt, dass Rechenzentren betrieben und kühl gehalten werden können, ohne lebenswichtige Süsswasserressourcen für Menschen, Landwirtschaft und Wildtiere anzapfen zu müssen.

Bereits in der Testphase wurde das Unterwasser-Rechenzentrum für wichtige Projekte genutzt. Darunter auch für die Verarbeitung von Daten für das globale Computerprojekt von "Folding@home", das ein besseres Verständnis des Coronavirus und die Entwicklung von Therapien dafür zum Ziel hat.

In einem anderen Rechenzentrum, eines vom deutschen Cloudhoster Windcloud, wachsen dafür zurzeit Algen. Das Ziel dieses Pilotprojekts ist es, Treibhausgase auch abzubauen, statt diese wie andere Rechenzentren lediglich zu produzieren. Lesen Sie hier mehr zum nordfriesischen Rechenzentrum mit einer Algenfarm.

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