Wild Card von Rino Borini

Wer braucht schon eine Digitalstrategie?

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Bei vielen Unternehmen steht die Digitalisierung ganz oben auf der Prioritätenliste. «Wir brauchen eine Digitalstrategie», heisst es auf den Chefetagen. Entsprechend werden Strategiepapiere und Konzepte erarbeitet. Doch braucht es wirklich eine Digitalstrategie? Die Antwort lautet kurz und bündig: Nein!

(Source: Danielle MacInnes/Unsplash)
(Source: Danielle MacInnes/Unsplash)

Digitalisierung ist Modewort und zunehmend auch Unwort zugleich. Ob Kleinbetrieb oder Grossunternehmen, alle schlagen sich mit diesem Thema herum. Kein Wunder, denn seit Jahren gehören Whatsapp & Co. zu unserem Alltag. News oder Wetter werden über das Smartphone ab­gerufen, Zahlungen, Reisebuchungen oder Versicherungsabschlüsse werden mehrheitlich digital abgewickelt. Und seit Covid-19 schätzen wir noch mehr das Onlineshopping oder die Essenskuriere, die wir über die App bestellen. Wir alle sind schon sehr digital, und für viele ist es völlig normal, nach dem Aufwachen auf das Smartphone zu schauen.

Hinzu kommt, dass die Generationen Y und Z seit 2020 die Mehrheit der Konsumierenden darstellen. Die Millennials (Gen Y) haben die Digitalisierung hautnah miterlebt. Daher ist es für sie selbstverständlich, dass Unternehmen im digitalen Zeitalter mithalten müssen. Für die junge Generation Z, die in der Schweiz bereits aus 1,2 Millionen Menschen besteht, ist "digital" übrigens ganz normal. Sie kennen praktisch nichts anderes: Fax, Reisekatalog oder Festnetztelefon sind für diese Kohorte Gegenstände aus einem Museum.

Die unterschätzte Gen Z

Viele Führungskräfte verstehen nicht, dass Gen Z und Millennials darauf konditioniert wurden, über Apps, Youtube oder Social Media nach Lösungen für ihre He­rausforderungen zu suchen. Diese Generation ist mit dem Wissen aufgewachsen, dass es für alles eine App, ein Youtube Tutorial, ein Blog oder ein Podcast geben muss. Absurd wird es dann, wenn die Unternehmen nun von dem "digitalen" Kunden sprechen. Egal ob Gen Z oder Babyboomer, die Menschen bestehen weiterhin aus Fleisch und Blut. Neu ist seit geraumer Zeit einzig: Sie wollen die Wahl treffen, über welchen Kanal sie mit einem Unternehmen interagieren möchten; dieser Service kann analog, digital oder hybrid sein.

Wir leben also in einer Welt, die digital geprägt ist. Darum ist es nur logisch, dass es keine Digitalstrategie braucht. Statt einer Digitalstrategie, mit der man sich unternehmensintern oft ins positive Licht rücken kann, brauchen Unternehmen eine Gesamtstrategie in einer digitalen Ära.

Ein stark unterschätzter Treiber ist dabei eben die bereits erwähnte Gen Z. Weltweit ist das die grösste Alterskohorte, und ihr Einfluss und ihre Kaufkraft wachsen täglich. Diese junge Generation hat deutlich gemacht, dass sie, wenn sich ein Unternehmen oder eine Marke nicht mehr als zweckmässig erweist, gerne ihre eigenen Alternativen schafft. Wir leben in dieser Welt, die von der Gen Z geprägt ist – in einer Kultur der Offenheit, von Kreativität und Authentizität. Zukunftsgerichtete, nachhaltige Unternehmensführungen hören auch auf diese Stimmen.

Firmen brauchen eine gesamtheitliche Strategie, die alle Generationen berücksichtigt. Und in einer solchen Strategie hat das Analoge genauso seinen Platz wie das Digitale. Letztlich geht es um die Transformation des Unternehmens in unserer digital geprägten Welt.

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