Wild Card von André Golliez

Datenkooperationen für die Schweiz

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Daten sind eine strategische Ressource. Allerdings findet der Austausch von Daten zwischen Unternehmen, Verwaltungen und Forschungsinstitutionen, um datenbasierte Lösungen für gemeinsame dringende Probleme zu entwickeln, höchstens punktuell oder gar nicht statt. Ein gravierender Mangel für die Entwicklung des Datenökosystems Schweiz.

Daten werden im Rahmen der digitalen Transformation zu einer kritischen Infrastruktur und strategischen Ressource. In der Schweiz werden Daten für neue Dienstleistungen, wissenschaftliche Erkenntnisse oder politische Entscheidungsprozesse erst partikular und ansatzweise wiederverwendet. In den meisten Unternehmen und Verwaltungen bleibt die Nutzung auf die eigenen Daten beschränkt und oft werden auch diese nur zu einem kleinen Teil systematisch weiterverwendet. Der Austausch von Daten zwischen Unternehmen, Verwaltungen und Forschungsinstitutionen, um datenbasierte Lösungen für gemeinsame dringende Probleme zu entwickeln, findet höchstens punktuell oder gar nicht statt. Da aber gerade Datennutzungen über die Grenzen einzelner Organisationen hinweg von grossem Wert sind, ist dieser Mangel für die Entwicklung des Datenökosystems Schweiz besonders gravierend. Die Corona-Pandemie hat schmerzlich gezeigt, wie der Mangel an Daten zu einem Blindflug der Verantwortlichen in einer akuten Krisensituation führt.

Neben Silodenken, rechtlichen Hürden und unzulänglichen technischen Standards sind in erster Linie fehlende Ideen für die Datennutzung und mangelhafte Kenntnisse der Entscheidungsträger dafür ausschlaggebend, dass Daten nicht vermehrt ausgetauscht und besser genutzt werden. Der Dialog zwischen Datennutzern und Datenlieferanten ist weitgehend inexistent und es fehlt an Institutionen, In­frastrukturen und rechtlichen Rahmenbedingungen, die solche Kooperation unter aktivem Einbezug der betroffenen Personen und der Öffentlichkeit ermöglichen.

Die Entwicklung eines kreativen und vertrauenswürdigen Datenökosystems in der Schweiz ("Swiss Data Space") ist eine vielfältige und langfristige Aufgabe. Rechtliche, technische und finanzielle Rahmenbedingungen ("Data Governance"), welche die Datennutzung in allen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bereichen erleichtern und fördern, sind so rasch wie möglich mit einer strategischen Perspektive auf allen Staatsebenen zu entwickeln. Sektorielle Ansätze dazu sind auf Bundesebene unter anderem mit den Projekten Nationale Datenbewirtschaftung (NaDB), Nationale Dateninfrastruktur Mobilität (NaDIM) und dem geplanten Swiss Hub for Energy Data (SHED) bereits vorhanden. Der Entwurf für ein Bundesgesetz über den Einsatz elektronischer Mittel zur Erfüllung von Behördenaufgaben (EMBaG) mit einem eigenen Abschnitt zu Open Government Data ist ein wichtiger Beitrag zum Aufbau eines gesetzlichen Rahmens für den Schweizer Verwaltungsdatenraum. Bisher fehlt allerdings eine kohärente Gesamtsicht und Strategie, wie sich der Schweizer Datenraum als Ganzes in den nächsten Jahren entwicklen soll.

Entscheidend aber ist letztlich die konkrete Zusammenarbeit von Datennutzern, -lieferanten und betroffenen Personen zur Realisierung wertschöpfender Datennutzungen. Die Schweiz ist mit ihrer föderalistischen Kultur und einer von zahlreichen KMUs geprägten Wirtschaft dazu prädestiniert, branchenspezifische und branchenübergreifende Datenkooperationen auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene aufzubauen. Solche Datenkooperationen benötigen selbstverständlich verlässliche rechtliche, technische und finanzielle Rahmenbedinungen und sind auf nationaler, europäischer und globaler Ebene zu vernetzen. Entscheidend sind kreative Ideen für gemeinsame Datennutzungen und der Wille, diese umzusetzen. Dazu braucht es ideenreiche Datennutzer und kooperationswillige Datenlieferanten sowie versierte Datenexperten, welche die verschiedenen Stakeholder zusammenbringen und ihre datenbezogene Kooperation begleiten (aka "Data Stewards").

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