Alveolix gewinnt Swiss Medtech Award
Am Swiss Medtech Day hat AlveoliX den Swiss Medtech Award im Wert von 75'000 Franken gewonnen. Das Berner Start-up baute die menschliche Lunge einschliesslich Atembewegung im kleinen Massstab nach. Dies soll Tierversuche vermeiden und einen wichtigen Schritt zur personalisierten Medizin darstellen.
Am bedeutendsten Anlass der Schweizer Medizintechnikindustrie mit mehr als 550 Teilnehmenden sind beim Swiss Medtech Award dieses Jahr Start-ups im Mittelpunkt gestanden. Sämtliche Finalisten waren Jungunternehmen. Gewonnen hat schliesslich AlveoliX. Nach Meinung der Jury hat die Organ-on-Chip-Technologie das Potenzial, sich als neuer Standard in der präklinischen Arzneimittelentwicklung und als führende Alternative zu Tierversuchen zu etablieren sowie die personalisierte Medizin voranzutreiben.
Dr. Nina Hobi und Dr. Janick Stucki, Co-CEOs von AlveoliX, und ihr Team haben die Funktionsweise der menschlichen Lunge im kleinen Massstab nachgebaut. Das Lung-on-Chip Modell simuliert die Mikroumgebung der Lunge einschliesslich Atembewegung. Die dünne, poröse Membran ermöglicht die Kultivierung von menschlichen Lungenzellen unter äusserst physiologischen Bedingungen. In dieser natürlichen Umgebung reagieren die Zellen so, wie sie es im menschlichen Körper tun würden. "Dank unserer Technologie wird die Arzneimittelentwicklung effizienter, sicherer und auch personalisierter, da die Tests mit Zellen eines bestimmten Patienten auf dem Chip durchgeführt werden können. In Zukunft hilft unsere Technologie, die Kosten und die Zahl der Tierversuche zu senken", beschreibt Janick Stucki das Ziel des Jungunternehmens. "Wir arbeiten bereits mit grossen Pharmaunternehmen zusammen, die unsere Technologie nutzen, um ihre sich in der Entwicklung befindenden Medikamente zu testen. Wir vergleichen die Ergebnisse unseres Chips mit bestehenden Daten aus präklinischen und klinischen Studien", konkretisiert Nina Hobi einen wichtigen Schritt von AlveoliX in Richtung Produktvermarktung.
Peter Biedermann, Direktor von Swiss Medtech, ist nebst der erfinderischen Leistung beeindruckt, mit welcher unternehmerischen Klarheit die Firma den Durchbruch zur Vermarktung ihrer Technologie anpeilt. Für Jury Präsident Prof. Mirko Meboldt, ETH Zürich, hat AlveoliX mit seinem interdisziplinären Team ein Produkt geschaffen, "das neue Massstäbe in der Arzneimittelentwicklung setzt und das Potenzial hat, Wegbereiterin für die personalisierte Medizin zu werden".
Laut Jurymitglied Sabina Sperisen war AlveoliX ein typischer Vertreter aus dem Bewerberfeld. Unter den Unternehmen gab es mit der personalisierten Medizin und Digital Health zwei klare Fokusgebiete. Während die Gewinner im Bereich der personalisierten Medizin aktiv sind, stammen die beiden anderen Finalisten aus dem zweiten Fokusgebiet. Die Biospectal SA schaffte es mit einer Smartphone-Anwendung zur Blutdruckmessung und die Healios AG mit einer Smartphone-Technologie zur Überwachung neurologischer Funktionen von Multiple Sklerose Patienten ins Schlussrennen.
Trümpfe nicht aus der Hand geben
Bundesrat Guy Parmelin, Redner am Swiss Medtech Day, unterstrich als Vorsteher des Eidgenössischen Departements für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) die grosse Bedeutung der Medtech-Branche in der Schweiz: "Die rund 1400 Unternehmen mit 63'000 Mitarbeitenden erwirtschafteten 2019 einen Umsatz von 18 Milliarden Franken, 12 Milliarden davon im Export". Der Grund dafür sei klar: "Die Medtech-Industrie findet in der Schweiz gute und verlässliche Rahmenbedingungen vor, namentlich hochqualifizierte Fachkräfte, eine hohe Konzentration von Forschung und Innovation sowie Zugang zu einem hochentwickelten Kapitalmarkt". Ihm sei bewusst, dass sich die Wirtschaftslage durch den Krieg in der Ukraine und zuvor schon durch die Covid-Krise deutlich verschlechtert habe. Für die Branche zusätzlich erschwerend sei der Entscheid der Europäischen Union (EU), mit der Schweiz das Abkommen über die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen (MRA) nicht zu aktualisieren. "Der Bundesrat ist sich der zusätzlichen Belastungen für die Medtech-Industrie bewusst. Die Unternehmen waren jedoch gut vorbereitet. Sie haben rasch reagiert und die notwendigen Massnahmen zur Schadensbegrenzung ergriffen", zeigte sich der Wirtschafts- und Bildungsminister beeindruckt. Auch dem Fachkräftemangel begegne der Bundesrat mit grösster Aufmerksamkeit und den verschiedensten Förderprogrammen.