Das Stethoskop

Staatlicher Ausverkauf des EPD

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von Jürg Lindenmann, Geschäftsführer, Health-IT

Lässt sich das EPD durch ein Anbietermonopol sanieren? Mit einem vermeintlich perfekten Deal unter staatlichen Firmen soll das EPD gerettet und die Politik von ihrer Verantwortung entbunden werden.

Und es kommt immer anders, als man denkt

Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, in dieser Kolumne nichts mehr zum EPD zu schreiben, da alles gesagt ist und durch die Politik endlich zur Kenntnis genommen wurde. Die aktuelle Wendung lässt mich aber diesbezüglich nochmals in die Tasten greifen.

Betrachten wir also die Fakten dazu: Eine Firma des Bundes kauft eine Firma der Kantone, um einer weiteren Firma des Bundes die Rechnungen zu bezahlen, welche die kantonale Firma der Letzteren noch schuldet. Abgesehen von ordnungspolitischen Überlegungen, die Sache der Politik sind, ergeben sich daraus einige kritische Überlegungen.

The winner takes it all

Die Plattformlieferantin von vier Stammgemeinschaften wird mit dem Erwerb der kantonalen Service-Gesellschaft einer der grössten Stammgemeinschaften zur direkten Konkurrentin ihrer Kunden. Sollte damit eine Zentralisierung auf eine Stammgemeinschaft angestrebt werden, so ginge das nur über die Auflösung der Verträge mit den Kunden, oder es wird versucht, alle angeschlossenen Mitglieder jener vier Stammgemeinschaften abzuwerben. Gemäss Medienmitteilung soll der Non-Profit-Charakter der Service-Gesellschaft beibehalten werden. Es wird interessant werden, zu sehen, wie der Verzicht auf Profit oder sogar allfällige Defizite im Bundes-Konzern gehandhabt werden.

Die Probleme des EPD sind damit nicht ausgeräumt

Eine gemeinsame Plattformlieferantin zu haben, heisst noch lange nicht, dass es damit "eine" gemeinsame zentrale Plattform für die neu fünf Stammgemeinschaften mit derselben technischen Lösung gibt. Damit bleiben die folgenden ungelösten Probleme bestehen:

  • Cross-Community-Kommunikation

  • Koordination von Betrieb und Wartung der einzelnen ­Instanzen der Stammgemeinschaften

  • Nachhaltige Finanzierung der E-ID für die Patienten sowie ­Erweiterungen und Ausbauten des EPD

  • Usability – Stichwort PDF-Friedhof

  • Abschottung und Aufwand durch Überregulierung – Stichworte TOZ und Zertifizierung

  • Komplizierte Registrierung für ein EPD

  • Mangelnde Verbreitung bei den Patienten

Bund und Kantone sind nicht aus der ­Verantwortung entlassen

Dieser Deal könnte den Anschein haben, dass die daran beteiligten Kantone und der Bund damit aus der Verantwortung genommen sind und das EPD rosigen Zeiten entgegenblickt. Das ist angesichts der immer noch offenen und der neuen Probleme, die sich aus diesem Deal ergeben könnten, ein Trugschluss. Ein konsequenter EPD-Reset auf politischer Ebene bleibt damit weiterhin angezeigt. Mit dem neuen kompetenten Personal im BAG, das diese Baustelle nun übernommen hat, erscheint dieser nun realistischer.

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