Partner-Post Experteninterview mit Oliver Meyer, CEO von ­Löwenfels

Digitale Souveränität wahrt Unabhängigkeit und Handlungsfähigkeit

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Angesichts geopolitischer Unsicherheiten muss sich auch die öffentliche Verwaltung die Frage nach ihrer digitalen Souveränität stellen. Die Schweiz muss ihre digitale Infrastruktur technologisch weniger abhängig von globalen Cloud- und Softwareanbietern machen und widerstandsfähig werden gegen Einflussnahme oder Missbrauch durch andere staatliche Akteure. Löwenfels-CEO Oliver Meyer erklärt, warum und wie. Interview: Marc Landis

Oliver Meyer, CEO, Löwenfels. (Source: zVg)
Oliver Meyer, CEO, Löwenfels. (Source: zVg)

Was bedeutet digitale Souveränität konkret für die ­öffentliche Verwaltung in der Schweiz?

Oliver Meyer: Wir halten uns in der Regel an die am deutschen Digital-Gipfel 2018 vorgeschlagene Definition des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie, wenn wir von digitaler Souveränität sprechen. Kurz gesagt: Ein Staat hat die Fähigkeit, Informationen gegen Veränderbarkeit, Diebstahl oder Verlust zu schützen. Dies umfasst auch die Autonomie über die digitalen Systeme.
 

Warum ist es aus Ihrer Sicht entscheidend, dass ­Behörden in der Schweiz digital souverän agieren können?

Behörden in der Schweiz müssen digital souverän agieren können, um ihre Unabhängigkeit und Handlungsfähigkeit zu wahren. Angesichts geopolitischer Spannungen ist es zentral, sich vor Einflussnahme oder Missbrauch durch andere Staaten zu schützen. Nur so bleibt die Schweiz resilient und kann ihre Aufgaben zuverlässig erfüllen. Wir brauchen also eine Strategie, um uns gegen ungewollten Schaden oder ungewollte Beeinflussung zu schützen.
 

Was muss aus Ihrer Sicht in Verwaltung, Politik und Gesellschaft geschehen, um die digitale Souveränität zu stärken?

Die Antwort dürfte von meiner liberalen Haltung beeinflusst sein: Dort Vorschriften machen, wo es nötig ist, und diese konsequent durchsetzen. Ansonsten eine gute «digitale Aufklärung» für die Gesellschaft und möglichst wenig Einschränkungen. In der Praxis könnte das so aussehen, dass der Bund und die Kantone ein «IT-Gefahrenkataster» erstellen und bei den identifizierten relevanten Themen konsequent die Souveränität durchsetzen. Dafür müsste die Schweiz zusammen mit der lokalen IT-Wirtschaft das nötige Fachpersonal und die entsprechenden Infrastrukturen und Lieferprozesse etablieren. Gleichzeitig müsste das Thema «Sicher und souverän in der digitalen Welt» als Schulfach vom Kindergarten bis zum Ausbildungsabschluss etabliert werden. Als Vorbild könnte der Verkehrsunterricht dienen. Dort beginnt man im Kindergarten mit der Grundausbildung, später kommen die Autoprüfung und vielleicht höhere Qualifikationen wie etwa der Lastwagenführerschein oder das Flugbrevet dazu. Auch bei der konsequenten Durchsetzung der – hoffentlich – wenigen Vorgaben könnte der Verkehr als Beispiel dienen. Letztlich haben wir auch im Verkehr Risiken akzeptiert. So wie wir akzeptieren, dass Flugzeuge vom Himmel stürzen können, müssten wir auch akzeptieren, dass sich digitale Souveränität nie zu 100 Prozent garantieren lässt.
 

Was können Verantwortungsträger in den Behörden konkret tun, um die digitale Souveränität zu fördern und zu erhalten?

Die digitale Infrastruktur in der Schweiz sollte in meinen Augen als kritische staatliche Infrastruktur angesehen werden. Ähnlich wie das Gesundheitswesen oder die Altersvorsorge. Ein Bundesrat oder eine Bundesrätin müsste sich in einer Art CIO-Rolle betätigen. Dort könnte die ausgewogene strategische Steuerung erfolgen. Umsetzen sollte man dann mit den bestehenden Verwaltungsstrukturen.
 

Welche Rolle spielt die Schweizer Softwareindustrie, wenn es darum geht, die digitale Handlungsfähigkeit der Verwaltung und damit die Verfügbarkeit staatlicher Dienstleistungen langfristig sicherzustellen?

Ich sehe hier ein Drei-Stufen-Modell. 1. Für staatliche Glaubwürdigkeit müssen zentrale digitale Services wie E-ID, Patientendossier oder E-Voting unter staatlicher Kontrolle entwickelt und betrieben werden. 2. Zur Sicherung der digitalen Souveränität sollten einheimische Unternehmen einbezogen werden. Sie fördern Innovation, schaffen Effizienz und hochwertige Arbeitsplätze. 3. Nicht-kritische Services können global beschafft werden, damit die Schweiz Zugang zu internationalen Top-Lösungen erhält. Die Basis dafür ist vorhanden: Bund und Kantone verfügen über leistungsfähige IT-Unternehmen, und die heimische Softwareindustrie ist stark und engagiert.
 

Löwenfels setzt auf in der Schweiz entwickelte Fachsoftware. Was ist der strategische Vorteil gegenüber Standardlösungen internationaler Anbieter?

Löwenfels kommt dann als Softwareanbieter zum Zug, wenn eine Schweizer Behörde einen Schweiz-spezifischen Verwaltungsprozess digitalisieren will. Der Vorteil hinsichtlich digitaler Souveränität liegt darin, dass wir in der Schweiz über alle benötigten Fähigkeiten verfügen und somit von Geopolitik oder internationalen Lieferketten unabhängig sind. Dank des Einsatzes von Open-Source-Software sind wir zudem mit unseren Produktionsmitteln nicht allzu stark von Dritten abhängig.
 

Wie stärkt in der Schweiz entwickelte Fachsoftware, etwa im Sozialversicherungsbereich, die digitale Unabhängigkeit und Effizienz der hiesigen Ver­waltung?

Die Antwort steckt schon in der Frage: Einerseits sind wir hoch effizient. Ich erinnere da an die Coronapandemie, als bundesrätliche Beschlüsse quasi über Nacht in die Software eingebaut werden mussten, wenn es etwa Veränderungen an den EO-Leistungen gab. Andererseits bauen wir massgeschneiderte Software für unsere Kunden. Sie müssen nicht irgendein Standardprodukt so lange «customizen», bis es für sie funktioniert, sondern sie erhalten Software, die nur und genau das tut, was die Behörde braucht. Damit erübrigen sich zudem aufwendige, unnötige Releasewechsel, nur weil die Basissoftware end-of-life ist. Der Vorteil: Die Behörde ist von technologischen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Ereignissen unabhängig.
 

Inwiefern hilft eine enge Partnerschaft zwischen Softwareanbietern wie Löwenfels und der öffentlichen Verwaltung dabei, auch in Krisenzeiten handlungsfähig zu bleiben?

In Krisen sind zwei Dinge besonders wichtig: der Zugang zu den wichtigen Ressourcen und schnelles Reagieren. Während der Coronapandemie galt unsere Software beispielsweise als «systemkritisch». Wir konnten sehr schnell reagieren, weil wir auf allen Stufen einen direkten und sehr etablierten Kundenzugang hatten. Wir verloren keine Zeit mit Ressourcenbeschaffung, Teambuilding, Zusammenarbeitsprozessen oder Infrastrukturen. Was wir brauchten, war da. Deshalb waren wir enorm schnell und verlässlich. Hätten wir nicht lang bewährte und auf Augenhöhe basierende Partnerschaften gehabt, wären wir viel langsamer gewesen.
 

Wie stellen Sie sicher, dass Ihre Lösungen nicht nur technologisch, sondern auch organisatorisch nachhaltig und zukunftssicher sind?

Bei Löwenfels haben wir externe und interne Sensoren installiert, die sicherstellen, dass wir diesbezügliche Auflagen und Vorstellungen rechtzeitig erkennen. Extern verfügen wir einerseits über ein Gesetzesmonitoring, andererseits finden regelmässig Kundenaudits und Kundenumfragen statt. Intern haben wir regelmässige Retrovisionen auf verschiedenen Stufen. Organisatorisch umgesetzt wird dies im Rahmen unserer agilen, prozessorientierten Organisation. Wir sind ISO-9001- und ISO-27001-zertifiziert.
 

Welche Weichen müssen heute gestellt werden, damit die öffentliche Verwaltung auch morgen noch auf vertrauenswürdige, lokal entwickelte IT-Lösungen bauen kann?

Zentral ist es, dass wir jetzt strategisch denken und nicht aufgrund von kurzfristigen Ereignissen in Aktivismus verfallen. Es geht ja nicht nur um IT. Genauso wichtig ist die Leistungsfähigkeit anderer Elemente, wie jene der Armee, des Verkehrssystems, des Gesundheitssystems, des Bildungssystems etc. Die Politik muss sich bewusst werden, wie die Souveränität in der Schweiz aussehen muss, damit unser Staat langfristig und auch in Krisenzeiten leistungsfähig bleibt und somit der hohe Wohlstand für die Menschen in der Schweiz erhalten werden kann. Gleichzeitig muss die Politik dafür sorgen, dass Unternehmertum in der Schweiz so einfach wie möglich ist. Wünschenswert wäre da eine Deregulierung. Das würde den lokalen Unternehmern helfen, Kosten zu senken. Zu guter Letzt sollten wir uns überlegen, ob wir in der Schweiz noch das richtige Bildungssystem haben. Wir brauchen richtig und effizient ausgebildete Fachkräfte, die motiviert und belastbar sind, damit unsere Wirtschaft prosperiert und konkurrenzfähig ist.


Zur Person
 

Oliver Meyer ist Inhaber der Löwenfels Partner AG. Er ist überzeugt, dass vertrauenswürdige, verlässliche und effi­zient funktionierende Behörden die Grundlage für eine gesunde Gesellschaft und einen hohen Lebensstandard sind. Dafür setzt er sich ein. Seine diesbezügliche Erfahrung erwarb er mit Behördenaktivitäten für internationale Unternehmen in den USA, dem Mittleren Osten und in Kontinental­europa. Heute ist er strategischer Berater eines Weltraum-Start-ups und CEO der Löwenfels.


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