Risikokapital

Die Schweiz schneidet im Europa-Vergleich gut ab

Uhr | Aktualisiert
von Yannick Chavanne, Übersetzung: Marcel Urech

Die Schweiz sei kein gutes Land für Start-ups, heisst es immer wieder. Stimmt das wirklich? Eine Studie zeichnet ein anderes Bild.

Investoren haben letztes Jahr rund 6 Prozent mehr Risikokapital in europäische Unternehmen gesteckt als im Vorjahr. Die Gesamtinvestition lag 2014 bei 3,6 Milliarden Euro. Das zeigt eine Studie der European Private Equity & Venture Capital Association (EVCA), die sich der Förderung von Kapitalinvestitionen in Europa verschrieben hat.

Der EVCA-Bericht zeigt, dass auf dem alten Kontinent rund 3200 Unternehmen von den Risikokapitalgebern profitierten. Die Gelder flossen grösstenteils in kleine und mittlere Unternehmen mit weniger als 20 Mitarbeitern. Etwa 2000 der 3200 Firmen waren Start-ups, 37 davon mit Hauptsitz in der Schweiz. Sie erhielten 91 Millionen Euro. Zusätzlich steckten die Kapitalgeber 4 Millionen Euro in Anschubfinanzierungen (Seed Stage). 74 Millionen Euro flossen in Firmen, die schon weiter sind (Later Stage Venture). 2014 wurden total 169 Millionen Euro in Schweizer Firmen investiert. Das sind 14 Millionen weniger als im Jahr 2013.

Die Schweiz ist in den Top 5

Der Bericht der EVCA widerspricht der weitläufigen Meinung, dass die Schweiz kein gutes Pflaster für Start-ups sei. Die Zahlen deuten nämlich an, dass es Jungunternehmen in der Schweiz nicht schlechter geht als ihren europäischen Nachbarn.

Natürlich ist die Summe des in der Schweiz investierten Risikokapitals kleiner als in den meisten anderen europäischen Ländern. Werden die Investitionen aber mit dem Bruttoinlandsprodukt (BIP) verglichen, zeigt sich ein anderes Bild. Sie machen in der Schweiz 0,031 Prozent des BIP aus. Das Mittel in Europa liegt bei 0,024 Prozent. Die Schweiz liegt an fünfter Stelle hinter Schweden, Finnland, Irland und dem Vereinigten Königreich. Frankreich landet im Ranking mit 0,029 Prozent auf dem achten Platz, Deutschland mit 0,023 Prozent auf dem dreizehnten.

Life Sciences deutlich vor IT

Fast ein Drittel aller Risikokapitalinvestitionen in Europa floss in Firmen, die in Life Sciences aktiv sind. Auf die Kommunikations-, Informatik- und Unterhaltungselek­tronikbranche fiel je rund ein Fünftel der Gelder. In der Schweiz haben es die Start-ups in den Biowissenschaften sogar noch besser. Sie zügelten 88 Prozent aller Investitionen der Kapitalgeber ab. In IT und Unterhaltungselek­tronik flossen gerade mal 8 Prozent aller Investitionen, in die Kommunikationsbranche sogar nur 2 Prozent.

Landesgrenzen stoppen Investoren

Wer aber investiert in Schweizer Firmen? Rund die Hälfte des Geldes kommt aus Europa, die andere Hälfte aus der Schweiz. Auffällig ist, dass die meisten Kapitalgeber nur im eigenen Land investieren. Die Gelder fliessen kaum über Landesgrenzen hinweg. 2014 beliefen sich die Inlandsinvestitionen auf rund 2,4 Milliarden Euro. Nur 750 Millionen Euro passierten in Europa Landesgrenzen. Etwa 391 Millionen Euro wurden von Kapitalgebern ausserhalb Europas investiert. Europa wiederum investierte rund 352 Millionen Euro auf den anderen Kontinenten.

Rückgang bei den Risikokapitalfonds

Der EVCA-Bericht zeigt, dass Risikokapitalfonds letztes Jahr in Europa etwa 4,1 Milliarden Euro anhäuften. Das sind 12 Prozent weniger als 2013. Über ein Drittel der Gelder kam von Regierungen, gefolgt von Pensionskassen und Unternehmen. In der Schweiz akquirierten die Risikokapitalfonds 2014 rund 69,7 Millionen Euro. 2013 waren es 193,6 Millionen Euro. Und 2014 investierten die Risikokapitalgeber fast rund 33 Millionen Euro weniger in Schweizer Firmen als 2013.

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