Milliarden-Übernahme

Was will Microsoft mit Skype?

Uhr | Aktualisiert
von asc

Microsoft hat den Online-Telefondienst Skype übernommen - und das nicht zum Schnäppchenpreis. 8,5 Milliarden Dollar reissen erstmal ein Loch in die Finanzkasse des Softwareherstellers. Experten fragen sich, wie Microsoft diesen Betrag wieder reinholen will. Der Softwareriese hofft auf das grosse Geschäft.

Was bereits am Dienstag die Runde machte, hat sich nun bewahrheitet. Microsoft hat Skype für 8,5 Milliarden Dollar übernommen. Das ist die bisher grösste Übernahme in Microsofts 36-jährigen Firmengeschichte. Microsoft zahlt tatsächlich den zehnfachen Jahresumsatz des Internet-Telefonie-Anbieters. 2010 erreichte Skype gerade einmal einen Umsatz von 860 Millionen Dollar und hat immer noch Verluste geschrieben.

Was genau Microsoft mit dem teuren Online-Telefondienst anfangen will, beantworteten beide Unternehmen in einer gemeinsamen Pressekonferenz. Skype soll eine neue Geschäftseinheit innerhalb des Konzerns bilden, die vom bisherigen Skype-Chef Tony Bates geführt wird. Bates sagte, dass Video-Werbung eine grosse Chance sei. Skype hatte erst im März Werbung eingeführt und bisher nur Banner-Werbeplätze in der Windows-Version der Skype-Software vermarktet. Diese Erlöse sollen nun ausgebaut werden.

Erst war nur von Partnerschaft die Rede

Der Microsoft-Chef Steve Ballmer sagte, dass Microsoft mit Skype zunächst über eine Werbepartnerschaft verhandelt habe. Am Ende sei es doch zu einer Übernahme gekommen. "Skype ist ein fantastisches Angebot, das von Millionen Leuten weltweit geschätzt wird", erklärte Ballmer.

Der Fokus des baldigen Erfolgs liegt für beide Unternehmen auf Werbeeinblendungen, denn damit kann eine Menge Geld verdient werden. 145 Millionen Nutzer verwendeten Ende 2010 den Online-Telefondienst mindestens einmal im Monat. Mehr als 660 Millionen Menschen haben sich für den Dienst registriert. Nur sechs Prozent der Skype-Nutzer zahlen derzeit für die kostenpflichtigen Dienste, wie Anrufe ins Festnetz und eine eigene Skype-Telefonnummer.

Auch diesen Anteil will Microsoft und Skype erhöhen, hier haben die Unternehmen vor allem Geschäftskunden im Blick. Ballmer erklärte, dass man den Kundenkreis von Skype erweitern wolle, da besonders auch Chatdienste für Unternehmen wichtig seien. Bestes Beispiel ist hier das Microsoft-Chatprogramm Lync. Es sei geplant Lync mit Skype zu verknüpfen. Skype bietet bereits seit 2010 eine Unternehmensversion seiner Software an und kooperierte bisher zur Integration der Software in Firmennetzwerke mit IT-Dienstleistern wie Avaya.

Skype auf Xbox, Live und Windows Phone 7

Microsoft will mit der Übernahme jedoch auch Privatkunden ansprechen und die Skype-Nutzung über die Verknüpfung mit eigenen Angeboten steigern. Dazu gehören laut Ballmer die Integration von Skype in die Xbox-Plattform, in den Microsoft-Chatdienst Live Messenger und sogar in das Handybetriebssystem Windows Phone 7.

Microsoft und Skype hoffen, dass die Nutzung von Skype in Unternehmen und im privaten Umfeld sich gegenseitig befeuern. Ballmer hob hervor, dass "Skype in der Firma und auch zuhause funktioniere". Das ist jedoch soweit nichts Neues - zumal in vielen Unternehmen der Online-Telefondienst nicht erlaubt ist oder zumindest gewissen Regeln unterliegt.

Wenn da der Microsoft-Chef nicht zu sehr nach den Sternen gegriffen hat, als er sagte: "Zusammen werden wir die Zukunft der Echtzeit-Kommunikation schaffen, so dass jeder ganz leicht mit seiner Familie, Freunden, Kunden und Kollegen überall auf der Welt in Verbindung bleiben kann".

Was sagen die Experten?

"Auch wenn über 8,5 Milliarden Euro auf den ersten Blick nicht viel erscheinen, handelt es sich hierbei nicht zwingend um ein Schnäppchen. Microsoft kann sich jedoch von Wettbewerbern wie Google und Cisco distanzieren, sich gegenüber Freunden wie Facebook und den Telekoms dieser Welt stärker positionieren und eigene Lösungen aufwerten. Herausforderung für Microsoft wird es sein, die Skype-Services schnell und nahtlos in das eigene Portfolio zu integrieren. Nur eine schnelle Vernetzung der Services, eine trennscharfe Abgrenzung von Leistungen und Preisen sowie die Integration in weitere Plattformen wie Facebook werden einen Erfolg bringen", meint Axel Oppermann, Senior Advisor der Experton Group.