180 Terabytes Speicher für 10'500 Dollar

"Wir haben die kosteneffizienteste Cloud-Infrastruktur der Welt"

Uhr | Aktualisiert

Backblaze bietet für 5 US-Dollar pro Monat unbeschränkten Speicherplatz in der Cloud an. Wie ist das möglich? Die Redaktion wollte es genau wissen und traf CEO Gleb Budman im Backblaze-Hauptsitz in Kalifornien zum Gespräch.

Wie sichert man 1 Terabyte Daten am bequemsten? Die Antwort auf diese Frage war lange einfach: Man besorgt sich eine zweite Festplatte, schliesst diese zu Hause an den PC an und nutzt sie für Backups. Aktuell kostet das in der Schweiz je nach Hardware rund 70 bis 200 Franken. Was aber, wenn die Festplatte den Geist aufgibt? Wenn sie gestohlen wird? Oder wenn die Wohnung abbrennt?

Natürlich fand die Informatik auch für solche Probleme eine Lösung: Die Cloud. Dumm nur, dass Speicher in der Wolke noch immer sehr teuer ist. Für 50 US-Dollar pro Monat gibt es zum Beispiel bei Dropbox aktuell 500 Gigabyte und bei Google 1 Terabyte. Konkurrenten sind ähnlich teuer. Viele Dienste bieten zwar Online-Speicher an, sind aber eher für Datei-Synchronisation als Cloud-Backups geeignet. Einige Angebote dürfen zudem nur von einem Computer aus gebraucht werden, die erlaubten Dateigrössen und -formate sind oft limitiert und die Bandbreite nicht selten beschnitten.

Warum 9 von 10 PC-Nutzer keine Backups machen

"Wir kennen keine solchen Beschränkungen", sagte Gleb Budman, CEO des Cloud-Backup-Anbieters Backblaze, als er im Dezember 2013 im Rahmen der IT Press Tour rund 15 europäische Journalisten in Empfang nahm. Tatsächlich: Backblaze verkauft für 5 US-Dollar im Monat unlimitierten Speicherplatz in der Cloud. Der Dienst kennt keine Obergrenze für Dateigrössen, schränkt die Bandbreite nicht ein und sichert auch externe USB-Laufwerke. Daten von externen Festplatten werden bei Backblaze entfernt, wenn der Nutzer das Speichermedium einen Monat nicht mehr am Computer anschliesst. Backblaze erstelle Backups und nicht Archive, rechtfertigt dies Budman. Der Archivierungsmarkt sei zwar spannend, aber sein Unternehmen plane nicht, diesen zu bewirtschaften.

"90 Prozent der PC-Nutzer sichern ihre Daten gar nicht", sagte Budman, und verriet auch gleich warum: "Es ist schlicht zu kompliziert." Backblaze habe seinen Dienst darum so einfach wie möglich gestaltet: Man registriert sich mit einer E-Mail-Adresse, wählt ein Passwort, installiert die Software - und das Backup läuft. Das Setup-Programm wird für jeden Nutzer so generiert, dass er Passwort und E-Mail kein zweites Mal eingeben muss. Da die meisten PC-Nutzer laut Budman den Unterschied zwischen Dateien, Ordnern und Formaten nicht kennen, sichere Backblaze einfach alles. Nur das Betriebssystem, die Anwendungen und Files im Netzwerk werden ausgelassen.

"Es muss einfach funktionieren"

Backblaze komprimiert, dedupliziert und verschlüsselt Daten vor dem Hochladen. Wie das geschehe, sei für die Kunden nicht wichtig - es müsse einfach funktionieren. Auch um die Bandbreite wolle sich der Kunde nicht kümmern. Backblaze reduziere darum bei Engpässen automatisch die Upload-Geschwindigkeit. Zudem sei es möglich, für die Verschlüsselung auch lokale Keys zu verwenden.

Auch die Wiederherstellung ist einfach. Es gibt genau eine Checkbox: "Gib mir alle Daten zurück!", scherzte Budman. Alternativ könne man sich seine Backups per Fedex zuschicken lassen. Das koste 198 US-Dollar für Festplatten bis zu 3 Terabytes und 99 Dollar für kleinere USB-Drives. Der Versand erfolge unverschlüsselt. Auch hier wolle man sich an die Backblaze-Philosophie halten: Alles müsse einfach sein, so Budman. Fortgeschrittene Nutzer, die mit dem unverschlüsselten Postversand ihrer Daten ein Problem haben, sollen diese vor dem Upload zusätzlich privat verschlüsseln, rät Budman.

Server in Europa?

Backblaze ist als App auch für das iPhone erhältlich. Eine Android-Version werde bald kommen. Eines Tages werde Backblaze vielleicht auch Clients für diverse NAS-Systeme lancieren. Konkrete Pläne gebe es dafür aber noch keine, sagte Budman. Auf den NSA-Skandal angesprochen entgegnet der CEO und Mitgründer von Backblaze, dass sein Unternehmen alle Server in den USA betreibe. Es sei zwar denkbar, dass in Zukunft auch ein Server-Standort in Europa gesucht werde, aber Priorität habe das nicht. Die Kunden würden das bis jetzt auch gar nicht nachfragen. Zumindest aus technischer Sicht ist das nachzuvollziehen: Die Latenz ist bei einem Backup-Service nicht entscheidend.

"Ein Kunde sichert 35 Terabytes in unserer Cloud", verriet Budman. "Wir haben keien Ahnung, wie er das macht." Er bezahle dafür - wie alle anderen Privatkunden auch - nur 5 Dollar pro Monat. Viele Kunden laden laut Budman 10 bis 20 Gigabytes hoch. Insgesamt hoste Backblaze rund 75 Petabytes an Daten. Das sei etwa ein Viertel des Speichers, den Facebook brauche, sagte Budman stolz.

Ein paar Festplatten ins Netz stellen

Eine Frage aber bleibt: Wie schafft es Backblaze, unbeschränkten Cloud-Speicherplatz für 5 Dollar im Monat anzubieten? "Wir haben die kosteneffizienteste Cloud-Infrastruktur der Welt", antwortete Budman wie aus der Pistole geschossen. Die Server-Architektur entwickelte Backblaze selbst. Man habe zuerst auf Amazon S3 setzen wollen, doch das wäre viel zu teuer gewesen. Auch die Variante "Storage-System" hätte rund 1'000 bis 3'000 Dollar pro Terabyte gekostet. "Dabei war alles, was wir eigentlich wollten, ein paar Festplatten an das Internet anzuschliessen", scherzte Budman.

Backblaze entschloss sich, seine Server selbst zu entwickeln und setzte auf Consumer-Produkte. "Vergesst Enterprise-Festplatten!", sagte Budman. Tests hätten gezeigt, dass diese weder performanter noch langlebiger als Consumer-Speicher seien. "Speicher, der speziell für Datacenter entwickelt wird, ist teuer und bringt keine Vorteile." Das Gleiche bei Netzteilen: Backblaze setzt auf Consumer-PSUs, die eigentlich für Gamer gedacht sind. Das Unternehmen spare so jede Menge Geld. Man habe es geschafft, die Kosten für 180 Terabytes auf rund 10'500 Dollar zu drücken.

Besuch von der CIA

Sein Server-Design veröffentlichte Backblaze in einem Blogpost. Danach brachen alle Dämme: Der Beitrag wurde über eine Million mal gelesen, und die Branche wurde hellhörig. Der Image-Hoster Shutterfly wechselte bald auf das Backblaze-System, Red Bull folgte kurze Zeit später und auch die NASA implementierte das Pod-Design von Backblaze. "Sogar die CIA meldete sich", so Budman. "Die wollten unbedingt wissen, wie wir das machen." Auch Netflix habe seine Server seither nach dem Modell Backblaze aufgebaut. Und Facebook? Der Social-Network-Gigant sei ebenfalls interessiert, habe sich aber am Ende für ein anderes System entschieden. Das Open-Compute-Projekt von Facebook sei aber von Backblaze inspiriert worden, ist sich Budman sicher.

Nur eines verriet Backblaze nicht: Wie es seine Server-Architektur softwareseitig verwaltet. Man betreibe momentan rund 25'000 Festplatten im Raid-6-Setup. "Die Software ist unser Erfolgsrezept", sagte Budman. "Viel mehr will ich darüber nicht sagen - aber das System ist äusserst effizient."