Béatrice Sidler im Interview

Wie Open Banking bei der ZKB zu einem positiven Kundenerlebnis beiträgt

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Béatrice Sidler gestaltet als Leiterin "Segments, Sales, Channels" die Digitalisierungsstrategie der Zürcher Kantonalbank mit. Im Gespräch äussert sie sich zu Open Banking, digital gestützter Bankberatung für KMUs, KI und zur Beteiligung der ZKB an Plattformen.

Béatrice Sidler, Leiterin "Segments, Sales, Channels", Zürcher Kantonalbank. (Source: zVg)
Béatrice Sidler, Leiterin "Segments, Sales, Channels", Zürcher Kantonalbank. (Source: zVg)

Wo steht die Zürcher Kantonalbank auf ihrem Weg zur digitalen Bank in Bezug auf interne Prozesse von Front- bis Backoffice?

Béatrice Sidler: Wir unterscheiden primär zwischen der Digitalisierung von Prozessen und Dokumenten sowie der digitalen Transformation unserer Dienstleistungen. Es gilt, die Kundenbedürfnisse zu kennen und auf sämtlichen Kanälen Kundennutzen und Mehrwert zu stiften. Bei der digitalen Transformation endet dies nicht beim Kunden-Front-End, sondern bezieht die ganze Organisation mit ihren Systemen, Prozessen und Daten mit ein. Dabei erhöhen wir einerseits die Convenience und Selbstbedienung für unsere Kundinnen und Kunden und treiben andererseits – so weit sinnvoll – Effizienzsteigerungen stetig voran. Klar ist aber auch: Wir wollen keine rein digitale Bank sein. Wir verfolgen einen hybriden Ansatz und setzen auf Nähe und Expertise; die persönliche Beratung steht bei uns im Zentrum. Der Austausch mit der Kundschaft kann dabei kanalübergreifend stattfinden. Für unsere Kundenberaterinnen und Kundenberater optimieren wir die Arbeitshilfsmittel, die sie für die Interaktion mit der Kundschaft benötigen. So sollen diese mit der künftigen CRM-Lösung sämtliche relevanten Aufgaben ihres Tagesgeschäfts einfach und effizient erledigen können. Um ein Beispiel zu geben: Ein Kunde vereinbart mit der digitalen Terminvereinbarung einen Termin für die folgende Woche. Die künftige CRM-Lösung unterstützt die Kundenberaterin bei den Vorbereitungen, die notwendigen Aufgaben werden dabei über das System verteilt und getrackt. Die Nachbearbeitung der Beratung erfolgt ebenfalls im CRM-System. Letztlich ermöglicht diese digitale Unterstützung mehr Zeit für die effektive Beratung des Kunden.

Inwiefern sind nach der Zinswende Digitalisierungsinitiativen in der ZKB ins Stocken geraten?

Unsere Digitalisierungsinitiativen sind langfristig ausgerichtet und finanziert. Über die letzten Jahre investierte die Bank substanzielle Summen in die Digitalisierung und dies ist auch für die kommenden Jahre geplant. Gewisse digitale Angebote – wie zum Beispiel alltägliche Bankdienstleistungen rund um die Uhr auch online zu erledigen, sich bei einem anstehenden Lebensereignis noch besser selbst informieren und auch ohne den Beizug einer Beraterin oder eines Beraters entscheiden zu können – entsprechen dem Kundenbedürfnis, und es ist uns wichtig, diesem auch in Zukunft nachzukommen.

Wo steht die ZKB auf ihrem Weg zur digitalen Bank in Bezug auf externe Prozesse im Kundenkontakt?

Auch digital wollen wir die nahe Bank sein und unseren Kundinnen und Kunden ein ausgezeichnetes Kundenerlebnis bieten. Dieses entwickeln wir zielgruppenspezifisch weiter. Dabei verfolgen wir einen Omnichannel-Ansatz. Das heisst: Wir setzen auf eine Kombination aus digitalen Kanälen und physischen Kontaktpunkten in unseren Filialen. Einfache Alltagsgeschäfte wie Transaktionen oder klassische Self-Service-Angebote erfolgen in Zukunft vermehrt digital, wobei Sicherheit und Verlässlichkeit unserer digitalen Touchpoints höchste Priorität haben. Für anspruchsvollere und komplexere Dienstleistungen ist die Kundenberaterin beziehungsweise der Kundenberater auch in Zukunft persönlich für unsere Kundinnen und Kunden da. Unsere physische Nähe ist nach wie vor der wichtigste Erfolgsfaktor in unserem Geschäftsmodell. Wir haben zudem den Vorteil, dass wir mit unseren Kundinnen und Kunden eine enge Beziehung oftmals über viele Jahre hinweg pflegen – sie kennen und vertrauen uns.

Die ZKB setzt seit Kurzem auch für KMU-Kunden auf digital gestützte Beratung. Wie funktioniert das und welche Tools kommen mit welchem Ziel zum Einsatz?

Um KMU-Kunden gut beraten zu können, braucht es ein umfassendes Verständnis der jeweiligen Situation und des Geschäftsmodells des Unternehmens. Dieses stellt die Basis für einen strategischen Kundendialog dar, um die relevanten finanziellen Handlungsfelder der Unternehmerinnen und Unternehmer zu erkennen. Unsere KMUs zum unternehmerischen Erfolg zu begleiten – dies ist das oberste Ziel unserer digital unterstützten Beratung. In unserem Beratungstool erheben wir dabei gemeinsam mit unserer Kundschaft strukturiert das Geschäftsmodell, die finanzielle Banksituation sowie die Zukunftsthemen. Erst dann folgt der Schritt in vertiefte Beratungsprozesse, die sich aus den hergeleiteten Kundenbedürfnissen ergeben. Beispiele wären hier die Unternehmensfinanzierung oder Währungsab­sicherungen.

Welche konkreten Mehrwerte bietet die ZKB ihren Kunden durch das neue digitale Beratungserlebnis im Vergleich zur traditionellen Beratung?

Unser digitales Tool unterstützt vor allem dabei, komplexe Sachverhalte noch einfacher als bisher darzustellen. Ebenso hilft das Tool, Gespräche besser zu strukturieren und gemeinsam Handlungsfelder herzuleiten. Das zeigt auch das Feedback unserer Kundschaft; sie schätzen das erhaltene Gesamtbild zu ihrem Unternehmen, die zur Verfügung gestellte Dokumentation sowie den gemeinsamen Blick in die Zukunft. All diese Informationen werden digital gespeichert und können auch für Folgegespräche oder Prozesse wieder beigezogen werden.

Welche Vorteile bringt die digitale Unterstützung für ZKB-Kundenberater?

Unsere digitale Toolbox zeigt relevante Beratungsthemen auf, und dies einfach und strukturiert zugänglich, modern dargestellt und interaktiv bedienbar. Das vertiefte Eingehen auf die Kundensituation, Ereignisse und Zukunftsthemen regen den Dialog mit der Kundschaft zusätzlich an, sodass die Kundenbedürfnisse noch spezifischer erfasst und schliesslich die massgeschneiderten Kundenlösungen angeboten werden können. Ebenso erleichtert die digitale Unterstützung das Festhalten und Wiederverwenden von Daten und Informationen, was mit der Zeit wiederum die Effizienz der Kundenbetreuenden steigert und die Wirkung beim Kunden zusätzlich positiv beeinflusst.

Welche Trends und Entwicklungen sehen Sie rund um die Digitalisierung bei Banken, insbesondere durch die boomenden LLM-basierten generativen KIs, oder anders gefragt: Wie beeinflussen Chat­GPT und Co. die Digitalisierung bei der ZKB?

Die Zürcher Kantonalbank verfolgt die Entwicklung von Chat­GPT aufmerksam, setzt das Tool jedoch nicht ein. Machine Learning und künstliche Intelligenz kommen – wo sinnvoll und möglich – bereits zur Anwendung, unter anderem zur Stärkung der Sicherheit unserer Kunden auf den digitalen Kanälen. Aktuell evaluieren wir interne Anwendungsfälle. Auch beim Einsatz innovativer Technologien halten wir uns an die gesetzlichen und regulatorischen Vorgaben.

Welchen Stellenwert hat Open Banking für die ZKB und welche Strategie verfolgt die Bank in ­diesem Bereich?

Open Banking und die Öffnung der API-Schnittstellen nehmen bei der Zürcher Kantonalbank einen grossen Stellenwert ein und sind in der Weiterentwicklung des Kundenerlebnisses auch strategisch verankert. Was die Strategie betrifft, so haben wir eine "Case-by-Case"-bezogene Betrachtungsweise. Das heisst: Wo es Sinn ergibt, die Digitalisierung an der Kundenschnittstelle mit Softwarepartnern oder Drittplattformen voranzutreiben, tun wir dies. Bis heute haben wir Open-Banking-Lösungen vor allem in den Segmenten der Firmenkunden als auch der externen Vermögensverwaltung umgesetzt. Dadurch können unsere Kundinnen und Kunden ihre Beziehung mit der Zürcher Kantonalbank direkt in ihre bevorzugten Softwareprodukte integrieren. Dieses Integrationsmodell ist bis heute sehr erfolgreich und wir erfreuen uns eines insgesamt steigenden Kundeninteresses. Open Banking ist in meinem Bereich als eine strategische Stossrichtung etabliert. Wir entwickeln mit unseren Innovationsexperten unter anderem mit Plattformen und Ökosystemen Lösungen, die unseren Kunden Mehrwert bringen. So engagieren wir uns sehr aktiv in der API-Standardisierung für den Schweizer Finanzplatz in den Vereinigungen bei "Swiss Fintech Innovations" als auch bei der «Open Wealth Association". Jüngst hat die Zürcher Kantonalbank das «Memorandum of Understanding" von Swiss Banking aktiv mitgestaltet, sodass der Finanzplatz das Projekt «Retail Multibanking" für Privatkunden vorantreiben kann. Hier erhoffen wir uns, in ein bis zwei Jahren erste Mehrwerte für unsere Kundschaft verkünden zu können.

Welchen konkreten Nutzen hat Open Banking à la ZKB für die Kunden?

Open-Banking-Geschäftsmodelle tragen zu einem positiven Kundenerlebnis bei, da wir die Customer Journeys unserer Kundinnen und Kunden mit Fintech-Lösungen erweitern können. Heute können unsere Kunden im sogenannten "Selfservice-Modus" ihre bevorzugte Softwarelösung von Drittanbietern im "ZKB eBanking" ohne Papieraufwand und "komplett digital" aktivieren und mit wenigen Klicks anwenden. Dadurch integrieren wir unsere Bankbeziehung direkt in die Drittlösung und ermöglichen den Kunden eine durchgängige User-Journey. Bei Firmenkunden wie auch externen Vermögensverwaltern haben wir bereits erfolgreich Use Cases umgesetzt und konnten für diese Segmente einen direkten Nutzen in deren Geschäftsprozessen erzielen. Vor allem sind hier die Automatisierung, die Selfservice-Funktionen und die Reduktion beim Papieraufwand hervorzuheben. Auch mit unserem neuesten Multibanking-Kundenangebot ermöglicht die Zürcher Kantonalbank den Firmenkunden, ihre Drittbankbeziehung mit dem "ZKB eBanking" zu verknüpfen, sodass Vermögenskonsolidierung und Cash-Management für sie vereinfacht werden. Schliesslich kommt mit dem Branchenprojekt "Retail Multibanking" eine weitere Dienstleistung für ein breites Kundensegment auf uns zu, so können wir unseren digital-affinen Kunden ihre Drittbankbeziehungen auch konsolidiert anbieten.

An welchen Plattformen beteiligt sich die ZKB, ­warum an diesen, und welche positiven oder auch negativen Erfahrungen mach(t)en Sie damit?

Für unsere aktuellen Open-Banking-Use-Cases sind wir an die Six-"bLink"-Plattform angebunden. Dadurch können wir im Corporate-Banking und im Open Wealth skalieren und weitere Anbieter einfach anbinden. Wir tun uns leichter, wenn wir uns an einer Plattform-Ökonomie wie "bLink" beteiligen und sie mitgestalten, damit viele Teilnehmenden von einheitlichen Standards und Vertragswerken gleichzeitig profitieren können. Anderseits betreffen Anpassungen an Standards jeweils alle Beteiligten, was im Change-Prozess mit Koordinationsaufwand verbunden ist. Die Vorteile eines Plattformverbunds wie "bLink" überwiegen für uns jedoch eindeutig. Im Weiteren nutzen wir über unsere Mitgliedschaft bei der "Open Wealth ­Association" indirekt auch die Sandbox-Plattform der Community als Marktplatz-Funktion, um mit unseren Partnern potenzielle Erweiterungen testen zu können. Dies gibt uns mehr Flexibilität und reduziert unseren Testing-Aufwand in der nachgelagerten Integration in die Zürcher Kantonalbank. Wir haben mit viel Energie auch in unsere eigene ZKB-Open-Banking-Plattform investiert, damit wir bereit sind, weitere Open-Banking-Partnerschaften einzugehen.

Welchen Stellenwert hat Embedded Finance im ­Zusammenhang mit Plattformen für die ZKB?

Eine Integration von Embedded-Finance-Lösungen bietet die Zürcher Kantonalbank bereits heute an, zum Beispiel mit Kredit- und Debit-Karten in die Wallets der Bigtechs. Dies stets mit der Vision vor Augen, die Customer Journey im Zahlungsprozess zu vereinfachen. In Bezug auf Marktplatzangebote im B2B- und B2C-Bereich prüfen wir laufend, wie wir unsere Open-Banking-Möglichkeiten für Erweiterungen mit Kundennutzen einsetzen können.

Erst nur zögerlich, nun aber steigt eine traditionelle (Kantonal-)Bank nach der anderen in den Kryptohandel ein. Wie schätzen Sie die Chancen und Risiken von Kryptowährungen für den Finanzplatz Schweiz ein?

2021 hat der Bundesrat mit der Gesetzesanpassung zur Distributed-Ledger-Technologie, kurz DLT-Gesetz, verschiedene Anpassungen in bestehenden Gesetzen beziehungsweise Verordnungen in Kraft gesetzt und somit in unterschiedlichen Bereichen Rechtssicherheit geschaffen. Das DLT-Gesetz bietet eine sichere rechtliche Grundlage, die hilft, dass sich die Schweiz als ein führender Standort für Innovationsunternehmen im Bereich der Blockchain-Anwendungen weiterentwickeln kann. Gleichzeitig gewährleistet es die Integrität sowie die gute Reputation des Finanzplatzes Schweiz.

Wie sieht die Roadmap der ZKB in diesem ­Zusammenhang aus?

Generell analysiert die Bank laufend die Entwicklungen rund um die digitalen Vermögenswerte, unter anderem Krypto-Assets, und befasst sich bereits seit Längerem mit den damit verbundenen Chancen und Risiken für Privatkunden und institutionelle Investoren. In verschiedenen Machbarkeitsstudien hat die Bank die Möglichkeiten der neuen Technologien und der neuen Anlageklasse erfolgreich getestet. Generell gehen wir davon aus, dass die Blockchain-Technologie und die digitalen Vermögenswerte in den kommenden Jahren an Bedeutung gewinnen werden.

Welche weiteren Projekte gibt es bei der ZKB, um das Kundenerlebnis und auch die eigenen Geschäftsprozesse digital weiterzuentwickeln?

Als nahe Bank investieren wir vielseitig in die Weiterentwicklung des Kundenerlebnisses – sowohl digital wie analog. Um einige Beispiele zu nennen: Im Mobile Banking werden wir weitere Selfservice-Funktionen realisieren, die es unseren Kundinnen und Kunden erlauben, überall und jederzeit ihr Alltagsgeschäft zu erledigen. Für anspruchsvolle Beratungen wie Finanzplanung, Vorsorge oder Erbschaften erweitern wir digitale Lösungen, wie zuletzt mit der Einführung der toolunterstützten Beratung von Firmenkunden. Mit der jüngst angekündigten Umgestaltung aller Standorte bis 2030 stärken wir unsere physische Kundenschnittstelle und schaffen ein zukunftsfähiges und einheitliches Kunden- und Markenerlebnis.


Zur Person
Béatrice Sidler leitet den Bereich "Segments, Sales, Channels" bei der Zürcher Kantonalbank. Dabei verantwortet sie das Segments- und Salesmanagement und ist zuständig für den digitalen Transformationsprozess und die Customer Experience auf den Kanälen der Bank. Bevor sie 2019 zur Zürcher Kantonalbank wechselte, war Sidler über 18 Jahre in verschiedenen Funktionen für die Obwaldner Kantonalbank tätig gewesen, davon zehn als Mitglied der Geschäftsleitung. Unter anderem leitete sie das Segment Marktsupport & Unternehmensentwicklung und war für die digitale Transformation der Bank sowie die Industrialisierung der Backoffice-Prozesse zuständig. Ihre Freizeit verbringt Béatrice Sidler gerne sportlich mit ihrer Familie in der Natur.

Webcode
GWDzHR8D