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"Die Post entschied sich für den progressivsten Vorschlag unseres Kreationsteams"

Uhr | Aktualisiert
von Marcel Urech

Die neue Website der Post ist das beste Schweizer Webprojekt des Jahres. Hinter ihr stehen Martin Eisenring, Senior ­Account Manager bei Unic, und Christian Hahnloser, Head of Buiness Unit – ein Interview.

Post.ch ist Master of Swiss Web 2016. Warum brauchte die Post überhaupt eine neue Website?

Martin Eisenring: Die Post wollte ihr Portal im Rahmen einer neuen Strategie zu einem zeitgemässen Kundendialog- und Verkaufskanal umbauen. Im Zentrum standen von Beginn an die Gestaltung von durchgängigen Kundenprozessen und eine verbesserte User Experience. Das soll eine höhere Konversionsrate bringen. Technisch gesehen galt es, das vormalige Content Management System (CMS) abzulösen. Es war eher ein Informationsportal und auch noch End of Life. Die Post wollte darum ein neues CMS einführen, das ihre Bedürfnisse optimal unterstützt.

Wann startete das Projekt, und wie lange dauerte es?

Eisenring: Unic konnte Mitte 2013 die WTO-Ausschreibung für sich entscheiden. Als die Fachanforderungen finalisiert waren, entstanden die Designkonzepte. Zuerst noch in Varianten, um anhand von User-Tests wichtige Erkenntnisse zu gewinnen. Diese führten wir zusammen mit unserem Partner Soultank durch. 2014 stand dann ganz im Zeichen der technischen Realisierung. Nach einer zweimonatigen "Silent-Go-live-Phase" ging das Portal Ende Mai 2015, also nach einer knapp zweijährigen Projektdauer, online.

Unic war für Konzeption, Beratung, Design und Umsetzung des Front- und Backends verantwortlich. Das klingt nach einem ­Mammut-Projekt. Wie viele Leute arbeiteten daran?

Eisenring: Insgesamt waren gegen 60 Fachexperten involviert. Die Projektdauer und der Aufwand entsprachen dabei der Planung. Das Vorhaben wurde von den beiden Programmleitern Post und Unic effizient entlang der Ziele ausgerichtet. Ein Vorteil war sicherlich, dass wir für dieses umfangreiche Projekt als Fullservice-Agentur die Gesamtverantwortung übernehmen konnten. So war von Beginn an ein nahtloses Zusammenspiel von Kreation und technischer Realisation möglich. Die Post involvierte Unic bei der prozessuale Gestaltung der Use Cases zudem frühzeitig. Somit konnten wir laufend an kunden­orientierten Lösungen und Integrationen arbeiten.

Unic hat die Log-in-Lösungen von post.ch, brandingnet.ch und ­logistikpunkt.ch vereint. Wie komplex war das?

Christian Hahnloser: Ausser der Anbindung von Kundenlogin Post (KLP) bestand die Herausforderung darin, dass die Benutzerdaten für post.ch, brandingnet.ch und ­logisitkpunkt.ch in unterschiedlichen Systemen waren. Dabei steht für post.ch das KLP als Leadsystem im Mittelpunkt, wobei die Log-in-Daten über mehrere gesicherte Schnittstellen ausgetauscht werden. Die Integration erwies sich insofern komplex. Unic musste State-of-the-Art-Technologien wie SAML 2.0 implementieren und die Log-in-Daten synchron halten. Und dabei Prozesse wie Adressverifizierung oder berechtigungsbezogene Authentifizierung berücksichtigen. Die Log-in-Daten von brandingnet.ch und logistikpunkt.ch werden nun im CMS Sitecore geführt. Die Komplexität lag darin, auf ­einer Plattform ausser dem selbst implementierten Log-in-Prozess mit KLP auch noch einen zweiten Log-in-Prozess zu unterstützen. Das bedeutet, zwei Log-­in-Mechanismen für unterschiedliche Plattformen in einem System anzu­bieten.

Die Post-Website läuft nun auf Sitecore. Warum dieses CMS?

Hahnloser: Die Sitecore-Experience-Plattform bietet Content-Management-Funktionen, die State of the Art sind. Das CMS erlaubt es, zukunftsträchtige Features wie Marketing Experience und Marketing Automation zu implementieren, die der Strategie der Post entsprechen. Die technische Basis ermöglicht es, das System effizient und wirtschaftlich an die Umgebungen und Anforderungen der Post anzupassen. Sitecore ist darum ideal, um die Businessziele der Post zu erreichen.

Die Post nutzte davor Livelink. Warum löste sie das CMS ab?

Hahnloser: Livelink ist ein Web Content Management System, das bei der Post lange im Einsatz stand. Es wird durch den Hersteller aber nicht mehr unterstützt. Die Post wollte die Ablösung des Systems darum mit dem Relaunch ihrer Webseite verbinden. Zudem bieten modernere Lösungen wie Sitecore einen wesentlich grösseren Funktionsumfang, was für die Zukunft der neuen Post-Plattform essenziell ist.

Was waren die grössten Hürden bei dem Relaunch?

Eisenring: Aus kreativer Sicht lag die Herausforderung darin, die emotionale Ansprache und das Kundenerlebnis antizipierend zu gestalten. Der Designentscheid fiel eineinhalb Jahre vor dem Go-live. Hinsichtlich der Umsetzung stand die Reduktion von zehn Plattformen auf eine einzige digitale Kundenplattform im Zentrum. Dabei lag ein starker Fokus auf dem Log-in. Veränderungen bezüglich des Log-ins haben in der Regel Implikationen auf die Portalentwicklung selbst.

Wie haben Sie diese Hürden gemeistert?

Eisenring: In puncto Design entschied sich die Post damals für den progressivsten Vorschlag unseres Kreationsteams, der genügend Freiraum für die Weiterentwicklung lässt. Log-in-bezogene Auswirkungen galt es zeitnah einzuschätzen, um Lösungsvarianten skizzieren und Szenarien simulieren zu können. Das Team erwies sich dabei insbesondere kompetent darin, konzipierte Lösungen so umzusetzen, dass sie den angedachten Kundennutzen sicherstellen können.

Bei einem so grossen Unternehmen wie der Post war es sicher nötig, viele Schnittstellen für andere Systeme umzusetzen. ­Welche waren das, und wie komplex war diese Aufgabe?

Hahnloser: Auf post.ch gab es über 25 Schnittstellen zu diversen Umsystemen mit unterschiedlichsten Komplexitätsstufen. Darunter befinden sich ausser postinternen Diensten wie die Standortsuche, Track & Trace oder das Kundenlogin Post auch weitere Dienste wie Prospective für die Jobinformationen, Censhare für Mediaelemente oder Inxmail für den Newsletter-Versand. Einzelne Schnittstellen wurden angepasst, andere neu implementiert. Komplex waren vor allem die hohe Anzahl der Schnittstellen und die übergreifende Koordination aller involvierten Stellen.

Welche weiteren Systeme musste Unic in die Website ­integrieren?

Hahnloser: Drittsysteme wie Webtrends zur Web­analyse integrierten wir direkt über das auf post.ch zugängliche Tagmanagement Tealium. Das bietet den Autoren in Sitecore grosse Flexibilität in der Handhabung. Das Team band zudem diverse weitere Systeme ein, etwa die Google Search Appliance, Digital Service Point, Simplex und Siebel. Das lief zum Teil über Schnittstellen. Postinterne Dienste wie Postshop, Track & Trace, Standortsuche und Adressverifikation wurden ebenfalls eingebunden oder mittels Schnittstellen integriert. Um die Durchgängigkeit für Benutzer zu gewährleisten, stellt post.ch den Onlinediensten der Post den Rahmen zur Verfügung, also Layout-Informationen wie Navigationen, Sprachwechsel oder Footer-Informationen. Die Integration wurde somit nicht auf post.ch durchgeführt, sondern post.ch wurde aufseiten der Onlinedienste integriert.

Auf welche Teile der neuen Website sind Sie besonders stolz?

Eisenring: Wenngleich etwas technokratisch als erster Gedanke – die Konsistenz! Das schliesst für mich die Stimmigkeit in der Ansprache, der konsequente Fokus auf bedürfnisbezogene Onlinedienste, aber auch die Klarheit der kontextbezogenen und relevanten Inhalte mit ein. Egal ob mobil von unterwegs, egal auf welchem Gerät die Benutzer touch-optimiert navigieren: Man ist bei den Services der Post, die spürbar auf digitale Lösungen und Kompetenzen setzt.

Wie packte Unic das Thema Mobile/­Responsiveness an?

Eisenring: Wir entwickeln die Lösungen für unsere Kunden seit längerer Zeit standardmässig responsive. Geräte und ihre Bildschirmgrössen verändern sich laufend, und die Benutzer dürfen eine optimale Darstellung der Webseiten und Inhalte erwarten. Es stellt sich einzig die ­Frage der Ausgangsgrösse zur Konzeption. Im Falle von post.ch sind wir vom Tablet ausgegangen.Kunden haben nun auch unterwegs Zugang auf ihre Daten.

War das vorher nicht so?

Eisenring: Es gab Unterschiede in der Breite und Tiefe der inhaltlichen Nutzungsmöglichkeiten. Das kann zu Unschönheiten oder gar Inkonsistenzen führen. Heute ist ein nahtloses Erlebnis auch bei der Nutzung unterschiedlicher Geräte gegeben.

Können Kunden auf der Website auch mit der Post interagieren?

Hahnloser: Wer post.ch besucht, kann auf verschiedene Art und Weise mit der Post interagieren. Etwa mit einem der über 80 Onlinedienste wie Sendungsverfolgung oder Standortsuche. Möglich sind auch Preisberechnungen oder die Buchung von Kursen und Seminaren. Der Besucher kann zudem Zeitschriften bestellen, Seiten und Dokumente favorisieren oder Kundenreklamationen anbringen. Dafür stehen heute über 50 einstufige oder mehrstufige Formulare mit unterschiedlichsten Funktionalitäten zur Verfügung.

Welche Technologien setzt Unic für die Post-Website ein?

Hahnloser: Post.ch basiert auf der Sitecore-Experience-Plattform. Dadurch stehen im Backend diverse APIs und Funktionalitäten auf Basis des .Net-Frameworks zur Verfügung. Als Programmiersprache kommt hier C# auf Basis ASP.NET MVC zum Einsatz. Unic arbeitet dabei mit einem automatisierten Continuous-Integration- und Deployment-Prozess. Er deckt alle Aspekte der Entwicklung mit Sitecore ab. Die Frontend-Entwicklung geschieht ebenfalls mit modernen Standards wie Haml und Sass. Im Bereich Javascript kommen zudem diverse Libraries zum Einsatz, und das gesamte Frontend basiert auf HTML5 und ist vollständig accessible.

Gibt es bereits Feedbacks von Post-Kunden?

Eisenring: Die Feedbacks waren von Beginn an positiv. Gerade in Bezug auf die favorisierbaren Onlinedienste gab es Rückmeldungen, die zeigen, dass sich die Kunden verstanden fühlen. Für die Post ist das Portal ein wichtiges Asset für die digitale Transformation. Unsere Lösung erlaubt es ihr, noch näher am Kunden zu sein. Die Post kann so Rückmeldungen und neue Kundenbedürfnisse in die Weiterentwicklung des Portals einfliessen lassen.

Hat die Post der neuen Website ihre Performance-Ziele erreicht?

Eisenring: Die Anzahl der Seitenaufrufe hat mit gegen 90 Prozent markant zugenommen. Die Verweildauer wuchs um 12 Prozent, wobei natürlich die Konversion entscheidend ist.

Ist das Projekt nun zu Ende oder wird noch weiter optimiert?

Eisenring: Der Betrieb der Plattform bildet eine der Grundlagen der Zusammenarbeit. Wir haben hierfür eine langfristige Partnerschaft zur Weiterentwicklung vereinbart. Die Releases sind gut gefüllt mit neuen Funktionalitäten, die Kunden dürfen sich freuen.

An der neuen Post-Website arbeitete auch Soultank mit. Wie kam diese Zusammenarbeit zustande?

Eisenring: Soultank ist einer unserer langjähriger Partner, mit dem wir im Bereich des User Testing gerne zusammenarbeiten. Zur Sicherstellung der Geräteoptimierung kam das Device Lab von Unic zum Einsatz.

Warum wählte die Post eigentlich Unic als Partner?

Eisenring: Unic ist ein kompetenter Partner mit viel Erfahrung bei Fragestellungen im Bereich des digitalen Marketings und digitaler Commerce – aber am besten fragen Sie das die Post selbst.

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