Kolumne

Prozess oder Service oder was?

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Martin Andenmatten, Gründer und Geschäftsführer von Glenfis, über die digitale Transformation der IT-Abteilung.

Martin Andenmatten, Gründer und Geschäftsführer, Glenfis.
Martin Andenmatten, Gründer und Geschäftsführer, Glenfis.

Kennen Sie das Sprichwort: Vor lauter Bäumen den Wald nicht sehen? Das erlebe ich in meiner Beratertätigkeit bei vielen IT-Organisationen, die sich auf die Reise vom Technologieprovider hin zum businessfokussierten Serviceanbieter machen und sich dabei wundern, wieso plötzlich so viel Administration und Bürokratie Einzug in ihren Arbeitsalltag halten. Prozesse schiessen wie Pilze aus dem Boden und machen sich breit. Alles hat standardisiert abzulaufen, wird von Gremien begutachtet und beurteilt, und letztlich liegt es wieder bei den gleichen Spezialisten zur Ausführung, welche die Arbeit von jeher gemacht haben.

 

Nur auf Prozesse zu fokussieren, ist gefährlich

Die Ownership der Prozesse kann nicht hoch genug in der Hierarchie angesiedelt sein, denn nur so kann das Management-Commitment gegenüber den Mitarbeitern demonstriert werden. Die Leute sollen in Prozessen denken – diese einzuhalten ist elementar. Prozessreports berichten über den Arbeitsanfall und ermöglichen eine transparente Sicht auf die Anzahl Störungen, Probleme oder Änderungsanfragen. Ganz gut ist, wenn die Reifegrade mit unabhängiger externer Hilfe gemessen werden und bescheinigt wird, dass die Prozesse unter Kontrolle sind.

 

Der Kunde will keine Prozesse, er will ungestört arbeiten

Was hier in aller Regel in Vergessenheit gerät, ist der zu liefernde Service, um den es eigentlich dem Kunden geht. Der will nämlich nicht mit den Prozessmanagern über Incidents, Probleme oder Changes diskutieren. Er will arbeiten – er will einen verlässlichen, stabilen und gut funktionierenden IT-Service – wann immer er ihn braucht. Störungen sollen gar nicht erst auftreten, und Änderungen sollen geräuschlos an ihm v­orübergehen. Und hier liegt die hohe Kunst im Servicegeschäft: die einzelnen Komponenten der internen wie auch externen Zulieferer ganzheitlich aufeinander abzustimmen, sodass die Servicequalität über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg stimmt. Und klar, dazu braucht es gut eingespielte Prozesse. Diese haben aber nur ein Ziel: den Service am Kunden zu unterstützen und nicht ein Eigenleben zu führen.

 

Artikel online: www.netzwoche.ch Webcode NW151601

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