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Bei E-Voting scheiden sich die Geister!

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Ist E-Voting ein wichtiger und logischer Bestandteil eines zukünftigen E-Government oder eine teure Spielerei ohne erkennbare Vorteile? E-Voting polarisiert – Befürworter idealisieren es, Gegner verteufeln es. Was aber steckt wirklich hinter E-Voting?

Bereits seit dem Jahr 2000 ist die elektronische Stimmabgabe bei Bund und Kantonen ein Thema. 2004 gab es in Genf erste Versuche bei eidgenössischen Abstimmungen. 2009 wurde das Consortium Vote électronique gegründet, in dem sich sieben Kantone zusammenschlossen. 2011 kam E-Voting bei den Nationalratswahlen zum ersten Mal zur Anwendung. Der Bundesrat beschloss zudem dieses Jahr die nächsten Schritte, um E-Voting flächendeckend einzuführen.

Bringt E-Voting echte Vorteile?

Für Auslandschweizer (aktuell 755 000) und Sehbehinderte (etwa 130 000 Betroffene) sind die Vorteile von E-Voting unbestritten. Gerade für die etwa 40 Prozent ausserhalb von Europa lebenden Schweizern ist nicht garantiert, dass ihre Stimme mit dem bisherigen System der schriftlichen Stimmabgabe rechtzeitig in der Schweiz ankommt.

Auch Sehbehinderten hilft E-Voting, indem entweder via Voice-over-Funktion des Mobiltelefons oder via Screen-Reader-Software auf dem PC der Inhalt erkannt und danach die Stimme selbstständig abgegeben werden kann.

Für die Inlandschweizer sind die Vorteile zum heutigen Zeitpunkt weniger klar: Erstens ist die Authentifizierung mit der Eingabe eines 16- oder 20-stelligen Codes nicht benutzerfreundlich, diese könnte jedoch mit der E-ID künftig vereinfacht werden. Zweitens ist die Kostensituation erst mit der Dematerialisierung (Hin- und Rückweg elektronisch) zu entschärfen. Diese ist politisch aber noch nicht geklärt. Zum heutigen Zeitpunkt gibt es nur Kostenschätzungen, da die Personalkosten nicht zu beziffern sind und wegen der fehlenden Dematerialisierung auch noch keine Einsparungen vorgenommen werden konnten. Für Inlandschweizer steckt das E-Voting also in einer Übergangsphase, in der (noch) kein eindeutiger Nutzen ersichtlich ist, und die Kosten wiegen schwer. Es ist im Moment ein zusätzlicher Kanal, eine neue Dienstleistung, die weitere Kosten verursacht.

Ist E-Voting sicher?

Es geistern viele Fehlinformationen herum – die Diskussion wird in den sozialen Medien aufgeheizt mit Hinweisen auf manipulierbare Wahlmaschinen (Beispiel USA), die jedoch schon lange nicht mehr in Gebrauch sind und keinen Vergleich zum Schweizer System ermöglichen. Störend bei der Sicherheitsfrage ist, dass es zu wenige Infos vonseiten des Bundes und der Kantone dazu gibt. Es gibt keine Richtigstellung oder konkrete Aufklärung. Es werden Äpfel mit Birnen verglichen, und die Menschen glauben, was sie wollen.

Das E-Voting in der Schweiz ist aufgrund vier redundanter Systeme der Primus in Bezug auf Sicherheit und nicht zu vergleichen mit den in den Medien beschriebenen «unsicheren» Lösungen. Bevor man pauschale Äusserungen zur Sicherheit von E-Voting abgibt, sollte man sich differenziert mit den vier Sicherheitssystemen auseinandersetzen.

Soll E-Voting flächendeckend eingeführt werden?

Momentan sind bei der Usability echte Stolpersteine zu bewältigen. Die Lösung ist zu wenig kundenfreundlich – Stichwort einfachere Authentifizierung. Auch kostenseitig muss noch einiges getan werden: Vorrangig muss eine vollkommene Dematerialisierung stattfinden, was ein grosses Einsparungspotenzial ergibt. Das heutige 50-prozentige E-Voting, bei dem der Stimmrechtsausweis nach wie vor per Post verschickt wird, ist sowieso inkonsequent. Erst wenn diese Schwächen von E-Voting behoben sind, sollte man über die flächendeckende Einführung nachdenken.

Seitens des Bundes fehlt eine Vision, wohin genau denn die Reise gehen soll. Erstaunlich ist, dass trotz der Unklarheit über das angestrebte Ziel so enorm Gas gegeben wird. Ich werde mich dafür einsetzen, dieses Thema konstruktiv voranzubringen.

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