All for One Steeb (Schweiz)

Die neuen Herausforderer am ERP-Markt

Uhr | Aktualisiert
von George Sarpong

Am Markt für Business Software tummeln sich in der Schweiz mehrere Hundert Mitbewerber. Wer hier ein- und aufsteigen möchte, für den wird es hart. Das wissen auch Rosario De Francisci und Andreas Pages vom SAP-Komplettanbieter All for One Steeb.

(Quelle: Netzmedien)
(Quelle: Netzmedien)

Der Anbieter von Business Software "All for One Steeb" gilt nach eigenen Angaben als der grösste Vertreiber von SAP-Lizenzen. Für seine Leistungen erhielt das Unternehmen an SAPs jüngster Ausgabe der Hausmesse Sapphire einen Award und das anvisierte Jahresziel von 170 Millionen Euro wurde kürzlich sogar auf 180 Millionen Euro angehoben. Die Erlöse stammen dabei zu 40 Prozent aus wiederkehrenden Geschäften.

In DACH erfolgreich, in der Schweiz am Anfang

Leider gilt das nur für die DACH-Region, nicht für das Geschäft in der Schweiz. Bisher. Denn zwei Manager wollen das mit ihrem Team an Spezialisten für SAP-Dienstleistungen ändern.

In Zürich hatten sie sich gefunden: Andreas Pages, Operations Manager, und Rosario De Francisci, Country Manager, lernten sich beim Consulting-Unternehmen Capgemini kennen. Das war vor zwei Jahren. Heute arbeiten beide für ein Unternehmen für das sich ebenfalls zwei finden mussten, die ERP-Dienstleister All for One und Steeb. Das eine Unternehmen ist auf die Fertigungsbranche spezialisiert. Das andere bringt viel Handelswissen mit ein.

Eigentlich stehen beide Manager sinnbildlich für ihr neues Unternehmen. De Francisci kennt als Ingenieur die Fertigungsbranche. Zudem kennt er als ehemaliger Manager bei SAP Schweiz das Partner-Geschäft des Softwareanbieters. Pages weiss als gelernter Einzelhandelskaufmann wie der Handel funktioniert. Beide spannten zusammen für etwas Neues: Als Geschäftsführer und Chief Operating Officer wollen sie nun mit All-for-One Steeb den Schweizer Markt für SAP-Dienstleistungen im KMU-Umfeld erobern. Angefangen bei der Projektplanung über die Implementierung bis hin zur anschliessenden Kundenbetreuung.

Zielgruppe KMUs

All for One Steeb (Schweiz) betreut hierzulande aktuell rund 70 Unternehmenskunden. Der Kundenkreis von All-for-One-Steeb umfasst KMUs zwischen 300 und 2500 Mitarbeitern. "Darüber hinaus betreuen wir aber auch kleinere Kunden, die bisher nur 150 Mitarbeiter beschäftigen, bei denen wir aber ein starkes Wachstum erkennen", erklärt Pages.

Auch wenn viele beim Thema SAP gerne an grosse Organisationen denken: Grösse scheint eher ein untergeordneter Faktor zu sein, wie De Francisci im Gespräch erklärt. Denn KMUs hätten ähnliche Anforderungen wie grosse Unternehmen. Viele verfügen über mehrere Standorte. Neben Filialen in der Schweiz unterhalten Firmen, etwa im produzierenden Gewerbe auch Standorte im Ausland. Einen gravierenden Unterschied weisen KMU und grosse Unternehmen aber auf, sagt De Francisci: KMU verfügten meist über geringere Ressourcen als Firmen im Enterprise-Segment.

Best Practices als Basis

Ein Vorteil für den ERP-Anbieter ist, dass seine Palette der angebotenen Dienstleistungen auf einem Grundgerüst von Best Practices basiert. Diese ergaben sich im Laufe der Jahre durch die Projekterfahrungen der Unternehmen All for One und Steeb.

Auf diesem Fundament aufbauend, liessen sich heute Projekte schneller und auch preiswerter umsetzen, als wenn man von Grund auf beginnen müsste, ein Kundenprojekt zu realisieren, erklärt Pages. Und De Francisci fügt an: "Wir bieten auch Lösungen für kleine Unternehmen im Bereich 20 – 25 Mitarbeitern." Hierzu zählen Systeme wie Business by Design. Allerdings wird dieses Geschäft von Deutschland aus unterhalten.

"Man muss lokal vor Ort sein"

In Deutschland steht auch das Headquarter des rund 900 Mitarbeiter zählenden Unternehmens. Auch die grossen Erfolge feierte das Unternehmen bisher eher in Deutschland, wo der Anbieter über ein flächendeckendes Netz von Filialen verfügt. Eine wesentliche Voraussetzung für den Erfolg, insbesondere im KMU-Segment findet De Francisci: "Um Kunden zu gewinnen, muss man als Anbieter bei seinen Kunden lokal vor Ort sein", begründet er.

Um in der Schweiz zu wachsen, musste also eine eigene Filiale in der Schweiz her. Diese eröffnete das Unternehmen im Februar dieses Jahres in Regensdorf. Der Standort sei bewusst ausgewählt worden, erklärt De Francisci: Die Büros von All for One Steeb befinden sich im Gebäude von SAP Schweiz.

Das biete strategische Vorteile. So steigt die Kundennähe am Schweizer Markt, weil die Unternehmen nicht mehr ausschliesslich von Deutschland aus betreut werden. Ausserdem signalisiert der Standort eines, betont De Francisci: "Wir sind direkt an SAP dran." Das zeigte das Team von All for One Steeb auch im Juni, als sie rund 50 Kunden und Partner, auch von SAP, an den neuen Standort zum Apéro mit Gelati bei sommerlichen Temperaturen einlud. Eine Aktion auch im Sinne der nächsten Ziele. Diese sind die Erhöhung der Brand Awareness, der Aufbau der Organisation und das Wachstum, auch durch Übernahmen.

Drei Ziele, drei Herausforderungen. "Wir haben das Huhn-und-Ei-Problem", erklärt De Francisci auf die Brand Awareness angesprochen. "Wir wollen Kunden, sind aber noch wenig bekannt. Um bekannt zu werden, brauchen wir aber mehr Kunden." Deshalb setzt das Unternehmen in der Schweiz zusätzlich auch auf das Netzwerk von De Fransisci. Dieses hatte er sich in seiner Zeit bei SAP Schweiz aufgebaut und bei Capgemini erweitert.

Wie wachsen an einem reifen Markt?

Auf All for One Steeb hat allerdings niemand gewartet und der Markt für ERP-Systeme ist kompetitiv. Über 300 Anbieter listet etwa die Branchenmesse Topsoft. Es wird also hart werden für das Schweizer Team von All for One Steeb, darüber machen sich De Francisci und Pages auch keine Illusionen. Ein Weg zu wachsen sehen sie deshalb auch darin, Mitbewerbern Martkanteile abzujagen oder andere Anbieter unter das Dach der Firma zu führen. In den vergangenen 18 Monaten wurden bereits drei Firmen übernommen. Anfang Juli hatte All for One Steeb zudem seinen Anteil an der Firma Webmaxx auf 74 Prozent erhöht und hält somit neu die Anteilsmehrheit am Münchner Cloud-Spezialisten für Microsoft-Anwendungen.

Hinzu kommen Kooperationen. Diese werden durch die Konstellation des Unternehmens begünstigt. Denn All-For-One zählt neben Steeb auch weitere Unternehmen, die sich auf ein Fachgebiet spezialisiert haben, wie die Tochter Process-Partner oder den Spezialisten für Personal-Lösungen KWP. Es müssen also nicht erst externe Partner hinzugezogen werden, die einzelnen Dienstleister können auf ein internes Netzwerk zurückgreifen. Die Struktur sieht dabei vor, dass die einzelnen Firmen weitestgehend eigenständig operieren.

Wachstumsmärkte im Visier

Eine weitere Möglichkeit für Wachstum sehen Pages und De Francisci in Wachstumsmärkten. Zu diesen zählen sie die Bereiche Mobile, Prozessoptimierung, Business Analytics und Outsourcing-Dienste wie Managed Services für SAP-Produkte oder Managed Mail Services.

Diversifizierung als Wachstumsstrategie

Wer sich diversifiziert kann sich verzetteln. Ein Problem, mit dem verschiedene Dienstleister in der Branche kämpfen. Experten wie Urs Prantl von KMU-Mentor empfehlen ERP-Anbietern deshalb, den Fokus ihres Angebots eng zu halten. De Francisci glaubt hingegen mit dem breiten Angebot einen Schlüssel zum Erfolg zu besitzen. Denn Kunden würden strategische Dienstleister als Partner suchen, die ein erweitertes Portfolio anbieten könnten, wie er argumentiert. Und All-for-One-Steeb kann am Markt für Business Software als Komplettdienstleister auftreten.

Dringend gesucht: Fachkräfte

Derzeit zählt das Unternehmen in der Schweiz knapp zehn Mitarbeiter. Bis Ende dieses Jahres sollen doppelt so viele für All-for-One-Steeb Schweiz arbeiten. Bis Ende des nächsten Jahres will das Unternehmen rund 100 Mitarbeiter beschäftigen. Schliesslich ist Grösse wichtig in dem kompetitiven Markt. Pages und De Francisci stehen aber vor einer Hürde: Der Fachkräftemangel behindert schnelles Wachstum.

Derzeit fehle es an SAP-Spezialisten, sagen Pages und De Francisci. Diese sind aber wichtig, wollen die beiden ihre dringlichste Aufgabe lösen, den Aufbau der Organisation in der Schweiz entscheidend voranzutreiben. Der Markt gilt momentan aber als ausgetrocknet. Hinzu kommen die Anforderungen von All-for-One-Steeb an die Fachkräfte. 60 Prozent der Berater bei All-for-One-Steeb sind über 40 Jahre alt und bringen über 10 Jahre Erfahrung im SAP-Geschäft mit. Diesen Erfahrungsschatz wünscht sich das Unternehmen von seinen Bewerbern. Und von seinen Mitarbeitern. Deshalb investiert All-for-One-Steeb in die Weiterbildung seiner Mitarbeiter.

Topsoft als Sprungbrett nach oben

Bis das Schweizer Team gross genug ist, erhält All-for-One-Steeb Schweiz Unterstützung von den Kollegen aus Deutschland. Wie zuletzt an der Schweizer Software-Messe Topsoft, der auch als Bekenntnis zum Standort Schweiz zu werten ist, erklärt Pages. "Mit dem Auftritt wollten wir auch zeigen, wir sind jetzt hier. Jetzt geht es los!" Neben Gesprächen mit SAP-Beratern hätten sich auch Leads im zweistelligen Bereich ergeben, etwa für das Produkt Business by Design, freuen sich die beiden Manager.

Ob All-for-One-Steeb in der Schweiz genauso erfolgreich wirtschaften wird wie in der DACH-Region wird sich zeigen. De Francisci und Pages glauben jedenfalls fest daran.

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