Experton Group: "Skype ist kein Schnäppchen"
Mit der Übernahme von Skype hat Microsoft ein deutliches Zeichen im Markt gesetzt. Das Unternehmen verschafft sich mit einem Schlag, Zugang zu über 600 Millionen Nutzern.
Am 10. Mai hat Microsoft bekanntgeben, den VoIP-Spezialisten Skype für ca. 8,5 Milliarden US-Dollar zu übernehmen. Experton Group Senior Advisor Axel Oppermann fasst zentrale Aspekte zusammen und kommentiert. Frank Heuer, Senior Advisor bei der Experton Group gibt einen kurzen Überblick über den UC- und VoIP-Markt in Deutschland. Ausführliche Analysen finden Sie in den kommenden Wochen in den Newslettern der Experton Group.
Mit der Übernahme von Skype setzt Microsoft ein deutliches Zeichen im Markt. Microsoft verschafft sich nicht nur Zugang zu über 600 Millionen Nutzern. Vielmehr wird durch die Integration in bestehende Produkte und Services das Gesamtportfolio aufgewertet. Diese Aufwertung bezieht sich sowohl auf den Markt für Privatanwender als auch auf Geschäftskunden. Die Integration ist für CRM-Lösungen, über ein verbessertes und verbreitertes UC-Angebot bis hin zum lukrativen Werbemarkt wertvoll.
Ferner erhält Microsoft, dank der Stärke von Skype auf Android-Geräten, einen ansehnlichen Zugang auf die prosperierende mobile OS-Plattform. Dieser kann auch dafür genutzt werden, Microsoft-Services auf diese Plattform zu bringen. Auch wird sich die Stellung gegenüber den Telefongesellschaften nachhaltig verbessern. Microsoft bekommt eine deutlich stärkere Verhandlungsposition und wird seine Produkte leichter mit den Angeboten der Telekommunikationsanbieter verbinden können. Auch kann die bereits bestehende Kooperation mit Facebook und Yahoo um die Skype-Komponenten ausgebaut werden.
Durch die Akquisition von Skype erhält Microsoft:
- über 600 Millionen Anwender (abzüglich der Überschneidung mit bestehenden Diensten wie Windows Live und Hotmail)
- also eine massive Kundenbasis mit stark wachsendem Anteil an Business-Nutzern
- Zugang zu weiteren Business-Voice-UC-Lösungen
- Ausbau des UC-Portfolios und starke Positionierung gegenüber Cisco
- Zertifizierte SIP-Trunking mit zahlreichen IP-PBXs- und TDM/IP-Gateways
- die Möglichkeit zur Integration in das UC-Channel-Programm (bisher Schwäche von Skype)
- die Möglichkeit die bestehenden Services wie Windows Live und Hotmail nachhaltig aufzuwerten. Insbesondere auch die Integration von Skype in xBox-Angebote.
- direkten Zugang zu Nutzern von führenden mobile OS-Plattformen (Android, iOS)
- eine weitere Plattform für das Suchmaschinengeschäft
- eine starke Plattform und einen Absatzkanal für das Geschäft mit Werbung
Auch wenn über 5 Milliarden Euro (8,5 Mrd. US-Dollar) auf den ersten Blick nicht viel erscheinen, handelt es sich hierbei nicht zwingend um ein Schnäppchen. Microsoft kann sich jedoch von Wettbewerbern wie Google und Cisco distanzieren, sich gegenüber Freunden wie Facebook und den Telekoms dieser Welt stärker positionieren und eigene Lösungen aufwerten. Herausforderung für Microsoft wird es sein, die Skype-Services schnell und nahtlos in das eigene Portfolio zu integrieren. Nur eine schnelle Vernetzung der Services, eine trennscharfe Abgrenzung von Leistungen und Preisen sowie die Integration in weitere Plattformen wie Facebook werden einen Erfolg bringen.
Skype wurde 2003 gegründet und im Jahr 2005 von eBay übernommen. Doch die Beziehung zwischen der Online-Plattform und Skype war nicht von langer Dauer. Bereits 2009 verkaufte eBay für circa 2,75 Milliarden Dollar einen 70 prozentigen Anteil an den Finanzinvestor Silver Lake. Im Rahmen eines angedachten IPO veröffentlichte Skype im Jahr 2010 in einem Formular des "U.S. Securities and Exchange Committee" (SEC) einige spannende Zahlen:
In den ersten sechs Monaten im Jahr 2010 wurden knappe 90 Prozent der erzielten Umsätze über "SkypeOut"-Gespräche realisiert. (Gespräche von Skype zu nicht-Skype-Anschlüssen.)
2007: Verlust von 1, 4 Milliarden US-Dollar
2008: Überschuss von 41,6 Millionen US-Dollar
2009: Verlust von 386 Millionen US-Dollar
2010: bis zum 30. Juni einen Überschuss von 13 Millionen US-Dollar
Am 30. Juni 2010 waren 560 Millionen Nutzer registriert. Davon waren nur 124 Millionen Anwender durchschnittlich im Monat angemeldet. 8,1 Millionen Nutzer bezahlen Services.
Grundsätzliche Strategie von Skype
Der primäre Ansatz von Skype ist es, den Zugang zu seinen Leistungen für den Anwender über alle Geräte hinweg so leicht wie möglich zu gestalten. Dabei sollen unterschiedliche Netzwerke oder Plattformen kein Hinderungsgrund für den Anbieter darstellen. Hierbei setzte Skype in der Vergangenheit auf die Kooperation mit Platzhirschen wie Nokia. Aber auch die frühzeitige Unterstützung des "Herausforderers" Android zu dessen Markteinführung ist ein Beweis für diese erfolgreiche Strategie.
Dabei stützt sich Skype auf drei zentrale Vertriebs- und Partnerschaftsmodelle:
- integriert und "preload" - vorinstallierte Lösungen – exemplarisch auf Geräten von Nokia oder dem eeePC von ASUS
- Download
Skype kooperiert hier mit Unternehmen, die bereits seit Jahren – wenn nicht sogar Jahrzehnten – zu den wichtigsten Partnern von Microsoft zählen. Eine Integration der gemeinsamen Aktivitäten sollte schnell realisierbar sein.
Skype Multiscreen-Strategie
Ziel von Skype ist es, auf so vielen Geräten wie möglich präsent zu sein. Dabei verfolgt Skype eine ähnliche Multiscreen-Strategie wie Microsoft. So werden die Dienste sowohl auf PCs, Mobile/Tablet und TV bereitgestellt. Die klassische Bereitstellungsform von Skype in der Vergangenheit war der Desktop-PC beziehungsweise Laptop. Angeboten wurden einfache VoIP-Leistungen. Das Geschäftsmodell bestand darin, dass Anwender sich eine Applikation auf ihren Client herunterluden und in Form von "Skype-to-Skype Call" mit anderen Nutzern kostenlos kommunizieren konnten. Hierzu musste der Gesprächspartner selbstredend auch die Software installieren.
Durch diesen Ansatz konnte die Verbreitung des Dienstes nachhaltig beschleunigt werden. Zur Monetisierung wurden "low cost" VoIP-Services in die öffentlichen Netze angeboten. Technische Grundlage war ein „Peer-to-Peer“-Ansatz. Die Nutzer fungierten als Hub und ermöglichten so die Skype-Gespräche. Diese Nutzung der PC-Rechenleistung der Anwender in Verbindung mit den Breitbandnetzen verursachte für die "internen" Gespräche minimale Kosten und geringe Vorhaltung von eigenen Infrastrukturen.
Zweiter Bestandteil der Multiscreen-Strategie von Skype sind mobile Geräte, insbesondere Smartphones und Tablets. Allerdings stiessen die Skype-Strategen hier Anfangs auf Widerstände der Telefongesellschaften. Diese forcierten eine aktive und passive Blockierung der Dienste. Öffentlicher Druck und ein Durchgreifen der Regulierungsbehörden sorgten allerdings für eine Verbreitung auf den mobilen Geräten.
Dritter Bestandteil sind TV-Geräte. Ziel ist es, HD-Video-Telefonate anzubieten. Hierzu wurden bereits im Jahr 2010 Partnerschaften mit Samsung, LG und Panasonic eingegangen.
Doch Skype hat auch einige Schwächen:
- Geringe Wertschöpfung bzw. ARPU (Average Revenue per User)
- Schlechtes Channel-Programm bzw. geringe Durchdringung
- Keine garantierten Gesprächsqualitäten – dadurch Probleme im Business-Umfeld

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