Eventbericht "ICT-Recht und Praxis"

"Nutzer wollen nicht, dass man ihre Daten einfach irgendwo abschöpft"

Uhr | Aktualisiert

Haben wir einen Anspruch auf die Löschung unserer Daten? Und wie sollen Cookies gegenüber dem Nutzer angekündigt werden? Experten suchten am Mittwochnachmittag anlässlich der Veranstaltung "ICT-Recht und Praxis" Antworten auf diese Fragen. Die Netzwoche war bei der Paneldiskussion dabei.

Die Teilnehmer der Paneldiskussion (v. l. n. r.): Hanspeter Thür, Moderator Hans Rudolf Trüb, Steve Kenny und Rolf H. Weber.
Die Teilnehmer der Paneldiskussion (v. l. n. r.): Hanspeter Thür, Moderator Hans Rudolf Trüb, Steve Kenny und Rolf H. Weber.

Am Mittwochnachmittag trafen sich Spezialisten aus den Bereichen Marketing, Internet, Recht und Datenschutz an der Veranstaltung "ICT-Recht und Praxis" in Zürich. Verschiedene Referenten führten durch den Nachmittag, unter anderem Andi Nigg, Gründer und Managing Partner von Adwebster, der sich zum Thema Online Marketing und dessen Zukunft äusserte. Rolf H. Weber, Rechtsanwalt bei Bratschi Wiederkehr und Buob und Dozent an der Uni Zürich, referierte zum Thema Online Marketing und Datenschutz. An der anschliessenden Paneldiskussion diskutierte er zusammen mit Hanspeter Thür, Eidgenössischer Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragter und Steve Kenny, Head of EU Privacy bei Ebay.

Moneyhouse verärgert Webnutzer

Thema der Paneldiskussion war unter anderem die ungefragte Verwendung von persönlichen Profilen aus dem Netz. "Die Transparenz muss gegeben sein, ansonsten sind die Nutzer genervt", gab Thür zu bedenken. Er verwies dabei die Website Moneyhouse.ch, deren Betreiber Itonex unentgeltlich und ohne Erlaubnis der Betroffenen Privatadressen - zum Teil auch gesperrte - veröffentlicht hatte. Im Juli hatte Moneyhouse die Personensuche aufgrund einer superprovisorischen Verfügung des Bundesverwaltungsgerichts vom Netz nehmen müssen. Inzwischen darf der Betreiber aus Rotkreuz die Suche aufgrund einer Zwischenverfügung wieder anbieten. Die Verhandlungen sind aber nicht angeschlossen. "Nutzer wollen nicht, dass man ihre Daten einfach irgendwo abschöpft und sie dann im Rahmen eines Unternehmensmodells anbietet", kommentierte Thür die Moneyhouse-Geschichte.

Weiter diskutierten die Anwesenden die EU-Cookie-Richtlinie, wonach ein Nutzer vor dem Setzen eines Cookies seine Einwilligung geben muss. Diese Richtlinie könne in der EU nicht wie geplant umgesetzt werden, gab Kenny zu bedenken. Eigentlich sei die Niederlande das einzige Land in der EU, das sie mehr oder weniger wie geplant umsetze – aber auch dort mit Ausnahmen. In der Schweiz, ergänzte Thür, habe man diskutiert, wie der Nutzer über das Setzen allfälliger Cookies informiert werden soll. "Wir sind der Meinung, dass die Information prominent auf der Website verfügbar sein muss". Daher würde es nicht reichen, wenn die Information in den AGBs aufgeführt würde.

Der Anspruch auf Vergessen

Auch allgemeine Fragen zum Datenschutz waren Thema des Nachmittags. "Nehmen wir einmal an, ich sei Vegetarier und würde Fleisch überhaupt nicht mögen", begann Moderator Hans Rudolf Trüb. "Was natürlich nicht stimmt", beeilte er sich anzufügen. Wäre es dann wirklich schlimm, wenn er bei der Suche nach einem Rezept im Internet vermehrt auf Vegimenüs hingewiesen würde? Trüb spann seine Gedanken daraufhin weiter.

Was aber, wenn er nun wieder zum Fleischesser konvertiere – habe er dann einen Anspruch auf Vergessen seiner Zeit als Vegetarier? Diesen Anspruch gebe es schon, sagte Weber. Jedoch müsse man sich die Frage stellen, ob der betreffende Inhalt vor der Löschung nicht schon einmal kopiert worden sei.

Bei Ebay werde es so gehandhabt, erklärte Kenny, dass ein Antrag auf Löschung aller Daten (nicht nur des Kontos) durch Ebay geprüft werde. "Wenn wir feststellen, dass es sich dabei um einen sinnvollen Antrag handelt, löschen wir alles."

Generation Facebook

Kenny wies zudem darauf hin, dass bei der Frage zum Datenschutz nicht selten eine Portion Hysterie mitschwinge. In manchen Fällen sei es absolut kein Problem, wenn die eigenen Daten bekannt seien – wie eben gerade beim Beispiel des Vegetariers. Zudem gab er zu bedenken, dass die Anforderungen an den Datenschutz teilweise ein Generationenproblem seien. "Ich habe keine Ahnung, welche Anforderungen ein 15-jähriges Mädchen an den Datenschutz stellt", gab er zu. Sicher sei aber, dass sie andere Vorstellungen davon habe als ein Mann in seinem Alter - schliesslich breite sie ja ihr gesamtes Leben auf Facebook aus.