In der Ausbildung wird Testing vernachlässigt

Softwaretester stehen vor völlig neuen Herausforderungen

Uhr | Aktualisiert
von Marcel Urech

Im Vorfeld des morgigen Swiss Testing Days im Kongresshaus in Zürich hat die Netzwoche Adrian Zwingli, CEO von SwissQ Consulting und Veranstalter des Swiss Testing Days, nach den Mängeln in der Ausbildung von Software-Testern befragt.

Adrian Zwingli, CEO von SwissQ und Conference Chair Swiss Testing Day. (Quelle: All Photographs are the exclusive property of Daniel Hager Photography and are protected under international copyright laws.Photographs are not to be reproduced, copied, stored, manipulated, projected, used or altered in any way, alone or with any other material, or by use of computer or other electronic means without the express written permission of Daniel Hager Photography.The use of any image as the basis for another photographic concept or illustration is a violation of copyright.)
Adrian Zwingli, CEO von SwissQ und Conference Chair Swiss Testing Day. (Quelle: All Photographs are the exclusive property of Daniel Hager Photography and are protected under international copyright laws.Photographs are not to be reproduced, copied, stored, manipulated, projected, used or altered in any way, alone or with any other material, or by use of computer or other electronic means without the express written permission of Daniel Hager Photography.The use of any image as the basis for another photographic concept or illustration is a violation of copyright.)

Herr Zwingli, was sind die Trends im Software-Testing?

Ganz stark spüren wir, dass alles immer schneller gehen muss. Die Time-to-Market wurde in den letzten Jahren stark reduziert, was auch auf unsere Branche abfärbt: Die gesamte IT ist flexibler geworden und agile Softwareentwicklung noch immer eines der Top-Themen. Dies zwingt uns Software-Tester dazu, integrativer zu denken und rein sequenzielle Vorgehensweisen abzulegen.

Was heisst das konkret?

Das wir uns wandeln und flexibler agieren müssen. Viele Software-Tester denken immer noch: Erst entwickeln, dann testen. So funktioniert das Business heute aber nicht mehr. Tester sollten zum Beispiel die Möglichkeit haben, Spezifikationen schon vor der Implementierung zu begutachten. In IT-Projekten spricht man zwar oft von früher Integration, umgesetzt wird diese allerdings kaum. Erst mit den neuen, agilen Methodiken scheint man den wahren Wert des Software-Testings zu erkennen.

Je schneller die IT, desto wichtiger das Testing?

Ja. Einige Unternehmen haben dies erkannt und eigene Testabteilungen aufgebaut: Credit Suisse hat heute mehrere hundert Tester, Swisscom über 150, die SBB ein paar Dutzend. Stellt man die Anzahl zertifizierter Tester ins Verhältnis zum BIP, ist die Schweiz sogar weltweit führend. Wir dürfen uns davon aber auf keinen Fall blenden lassen.

Gibt es denn Grund zur Sorge?

Es gibt Signale, die mich nachdenklich stimmen. In der Schweiz wird gerade das Schulwesen in Bereichen wie Systems Engineering oder Applikationsentwicklung neu ausgerichtet. Testing scheint in der Planung aber kaum Platz gefunden zu haben – und wenn doch, lernt man veraltete Konzepte aus den 70er-Jahren. Das ist gefährlich: Schliesslich macht Testing rund 10 bis 20 Prozent der Kosten eines durchschnittlichen IT-Projekts aus. In der Ausbildung wird es aber total vernachlässigt.

Droht auch im Testing bald ein Fachkräftemangel?

Er droht nicht nur, er ist bereits Realität. Was bei der Diskussion aber oft vergessen geht: Unsere Branche findet auch im Ausland keine erfahrenen Fachkräfte. Die Anforderungen an Software-Tester haben sich in den letzten fünf Jahren so stark verändert, dass die Ausbildungsseite kaum mithalten konnte.

Stehen da nicht die Unternehmen in der Verantwortung?

Natürlich. Mit zum Beispiel CS, Raiffeisen, Adnovum und Ebay gibt es aber Firmen, die in der Community äusserst präsent sind und das Berufsbild des Testers aktiv fördern. Früher sagte man noch, dass man auf zehn Entwickler einen Tester brauche. Heute geht man bereits von einem Verhältnis von 4:1 aus. Die Unternehmen haben schon begriffen, dass Testing immer wichtiger wird.

Haben das auch die CIOs verstanden?

Verstanden wohl schon, aber: Mit Testing gewinnt man nun mal keinen Preis. Man könnte fast sagen, dass Testing für viele CIOs zu wenig sexy ist. Stattdessen reden sie von Clouds, Virtualisierung, Agilität und Outsourcing. Das sind zwar wichtige Themen, aber dem Testing sollte eine ähnlich hohe Bedeutung beigemessen werden. Auf der anderen Seite meinen viele IT-Projektleiter, mit Scrum die Antwort auf ihr sich rasant veränderndes IT-Umfeld gefunden zu haben. Doch ohne Testing geht es auch in Scrum nicht.

Liegt es auch an den Testern selbst, dies zu ändern?

Klar, auch wir sind gefordert. Software-Tester müssen agiler werden und den Fokus auf Added Value der Testaktivitäten legen. Zusätzlich müssen Tester genau über die Geschäftsprozesse und Arbeitsabläufe ihres Unternehmens Bescheid wissen und ihre Tätigkeit aus einem integrativen Blickwinkel betrachten. Je besser ein Tester sein Unternehmen oder Auftraggeber kennt, desto wertvoller ist seine Arbeit. Dies ist auch einer der Hauptgründe, warum Outsourcing-Ansätze im Software-Testing oft nicht funktionieren. Das Wissen über die eigenen Geschäftsprozesse ist für viele Unternehmen zu wichtig, als dass dieses ausgelagert werden könnte.

Das Berufsbild hat sich also verändert?

Ja, sogar massiv. Tester haben endlich erkannt, dass sie Teil einer Wertschöpfungskette sind und auch selbst eine Wertschöpfung erbringen müssen. Software-Testing wird heute eine viel grössere Bedeutung beigemessen als noch vor ein paar Jahren. Dementsprechend hat sich auch das Berufsbild verändert – das Testing ist professioneller geworden, muss nun jedoch den versprochenen Mehrwert liefern.