Schweizer Onlinehandel

Vernetzte Handelswege

Uhr | Aktualisiert
von Janine Aegerter

Schweizer Onlinehändler müssen sich gegen nationale wie internationale Konkurrenz behaupten. Neben einem guten Kundenservice zählen ein ausgefeilter Webshop und eine effiziente Logistik zum Erfolgsrezept.

Die Anforderungen an hiesige Onlinehändler sind aufgrund des Konkurrenzdrucks und der Erwartungen der Kunden stetig gestiegen. Diese möchten ihre Ware möglichst einfach bestellen und bei Bedarf auch wieder retournieren können. Zudem erwarten sie, dass die Produkte möglichst am nächsten Tag geliefert werden. Der IT kommt dabei einerseits beim Onlineshop selbst eine tragende Rolle zu und andererseits bei der Abwicklung der Logistik. Hierbei können die Anbieter mittels ERP-Systemen die Abläufe optimieren und automatisieren. Gleichzeitig sollten sich diese Systeme aber möglichst einfach betreiben lassen.

Das bestätigt Peter Bühler, Geschäftsführer des Multimedia-Onlineshops Cede.ch. "Es war uns wichtig, dass die ganze Logistik schnell vonstatten geht, dass wir schnell ausliefern können und dass alles möglichst geradlinig vor sich geht", sagte er. Der Onlineshop-Anbieter hat seine ERP-Software, die unter anderem die internen Logistikprozesse abbildet, selbst gebaut und stetig verbessert.

Schrittweise Verbesserungen

Angefangen hat Cede.ch damals als kleiner, aber feiner Plattenladen namens "Musicbox" in der Altstadt von Winterthur. Das Onlineangebot lancierte das Unternehmen 1998. Aus dem früheren rudimentären Katalogsystem hat sich mittlerweile ein gut funktionierendes und optimiertes ERP-System entwickelt, wie Bühler sagt. Damals seien die Applikationen viel komplizierter gewesen als heute, auch das Hosting sei nicht einfach gewesen. "Wir haben all die Jahre einfach immer wieder alles auf Vordermann gebracht. Heute haben wir viel mehr Querverbindungen zwischen den verschiedenen Abteilungen und bauen unser System kontinuierlich aus. Das System, das wir heute haben, und dasjenige von 1998 sind wie Tag und Nacht." Bei der Entwicklung konnten die Mitarbeiter auch vom grossen Erfahrungsschatz aus dem stationären Handel profitieren.

Heute liefert Cede.ch 75 Prozent der bestellten Produkte innerhalb von zwei bis drei Tagen. »Wir verkaufen ja keine Golduhren und daher ist es wichtig, dass der Absatz stimmt und sich der administrative Aufwand in Grenzen hält.» Eine Herausforderung stellte unter anderem die Anbindung des Mahnwesens dar. Heute verfügt Cede.ch über sogenannte Blacklists mit Kunden, die nicht mehr beliefert werden, und hat das gesamte Mahnwesen "gut im Griff".

Derzeit arbeiten die Informatiker daran, die gesamte CD- und Vinyl-Abteilung online verfügbar zu machen. Die Games- und die DVD-Abteilungen sollen zudem aufgepeppt und die Suche verbessert werden. Bühler geht dabei schrittweise vor. "Wir sind kein Grossbetrieb mit einer Armada von Informatikern", meint er trocken. Er wolle nicht alles auf einmal umkrempeln und das Risiko eingehen, dass danach etwas nicht mehr funktioniere. Daher nehme man sich eine Abteilung nach der anderen vor. "So fahren wir eigentlich nicht schlecht." Vier Mitarbeiter beschäftigt Cede.ch in der Informatik, insgesamt sind es 60 Angestellte. 70 Prozent der Entwicklungsarbeiten erledigen die Mitarbeiter von Cede.ch selbst, für den Rest können sie auf externe Fachleute zurückgreifen. Gerade bei der Verbesserung der Suchfunktion sei dies sinnvoll, so Bühler. "Es bringt nichts, dass ein Mitarbeiter sich dafür ein halbes Jahr lang abmüht, wenn es andere gibt, die darin mehr Erfahrung haben." Lieber gebe er dafür etwas mehr Geld aus und habe dann eine saubere Lösung.

Das Backoffice beinhaltet sämtliche Programme für die Verwaltung der shoprelevanten Daten und wird von Cede.ch kreiert. Auch die ganze Katalogpflege wird intern betreut. Die IT-Ausgaben bewegen sich für Cede.ch zwischen einer halben und einer Million Franken pro Jahr. Wie viel Prozent des Jahresumsatzes dies ausmacht, will Bühler nicht präzisieren. Nur so viel: "Wir geben recht viel aus für die IT."

Gegen die Konkurrenz könne sich Cede.ch

gut behaupten, nicht zuletzt, weil es auch immer weniger Konkurrenten gebe, wie Bühler lachend sagt. Der grösste sei eindeutig Amazon. Doch die Tatsache, dass der amerikanische Anbieter so marktbeherrschend ist, schüchtert Bühler nicht ein. "Wir sind schneller als Amazon", gibt er sich überzeugt, "und wir haben sicher ein ebenso gutes Sortiment. Wir verfügen über 800 000 CD-Titel, 300 000 DVDs und 6 Millionen Bücher."

Klein angefangen

Koala.ch, ein Online-Schuhladen mit Sitz in Châtonnaye im Kanton Freiburg, galt bis vor drei Jahren noch als Start-up. Damals, 2010, wickelte das Unternehmen die Bestellungen noch ohne eine professionelle ERP-Software ab, nur mittels einer einfachen Lagerinventar-Datenbank. Als die Zahl der Bestellungen stieg, reichte diese Lösung nicht mehr aus. Um das Wachstum zu bewältigen und weiterhin eine schnelle Abfertigung sicherzustellen, musste das Unternehmen in die IT-Infrastruktur investieren.

Für Koala stellte sich zu diesem Zeitpunkt die berühmte Frage "kaufen oder selbst entwickeln?" gar nicht. "Wir konnten die Software damals nicht selbst bauen, wir waren noch zu wenig Leute und hatten keine eigenen Entwickler", erinnert sich Matthias Fröhlicher, Mitgründer von Koala.ch. So entschied sich das Unternehmen, ein ERP-Modul einzukaufen und an den eigenen Open-Source-Webshop anzubinden.
Ein Techniker besuchte Koala während eines ganzen Tages, um herauszufinden, wie das Unternehmen funktioniert. Denn das ERP-Modul musste auf die spezifischen Bedürfnisse angepasst werden. "Der Techniker schaffte das in vier Tagen, was einer Rekordzeit entspricht", lobt Fröhlicher. Das war 2011. Seither hat Koala das ERP-System stetig verbessert. Seit 2012 werden auch die Retouren automatisch abgewickelt. Früher musste jede Rücksendung einzeln zugeordnet und manuell von einem Kundendienstmitarbeiter bearbeitet werden. Heute wird eine Rücksendung eingescannt, die Schuhschachtel geöffnet und geprüft. Aufgrund der eingescannten Daten werden alle notwendigen Informationen ans Kundendienst-Team weitergeleitet, damit der Schuh nur wenige Minuten später wieder im Inventar verfügbar ist und erneut verkauft werden kann.

Neu können Sendungen auch prioritär versandt oder am Samstag geliefert werden. Und generell hat sich die Bedienung vereinfacht. "Unser ERP-System muss uns helfen, fehler- und verlustfrei zu arbeiten. Jede Bestellung, die bis um vier Uhr nachmittags reinkommt, kommt noch am gleichen Tag auf die Post", so Fröhlicher. Die firmeneigenen Prozesse zu verstehen, sei für ihn die Basis gewesen, um das aktuelle ERP-System überhaupt entwickeln zu können. Koala beschäftigt inzwischen einen eigenen Entwickler. Fröhlicher selbst arbeitet ebenfalls zu 50 Prozent in der Entwicklungsabteilung. Insgesamt beschäftigt das Unternehmen zehn Mitarbeiter. Laut Fröhlicher teilt sich die IT-Infrastruktur je zur Hälfte auf die Logistik und den Webshop auf.

Etwa drei Prozent der Unternehmensausgaben fliessen in die IT. "Rechnet man den Lohn des Entwicklers dazu, ist die Zahl dann schon wieder höher", ergänzt Fröhlicher. Der grösste Teil dieser Ausgaben fliesse in das Hosting der Server und den MaintenanceVertrag. Bei Anpassungen stellt sich Koala jeweils die Frage, ob die Arbeiten besser inhouse erledigt oder ausgelagert werden. "Wir haben uns einmal sogar überlegt, ob wir unsere Logistik auslagern wollen, sind aber zum Schluss gekommen, dass es einfacher ist, wenn wir sie weiterhin intern betreiben."

Platzhirsch als Konkurrenz

Koala ist sich der Konkurrenz des Platzhirsches aus dem nahen Ausland sehr wohl bewusst. "Zalando als Konkurrenz zu haben. bedeutet für uns, dass wir intelligenter sein müssen", fasst Fröhlicher sein Rezept zusammen. "Wir bieten Schuhmarken an, die in der Schweiz gut ankommen und wollen diese exklusiv anbieten können." Um den Kunden entgegenzukommen, bietet Koala zudem separate Telefonnummern für die Deutsch- und die Westschweiz an. Zudem könne der Kunde auch über Social-Media-Kanäle oder per E-Mail mit dem Unternehmen in Kontakt treten, so Fröhlicher. Der Kundendienst antworte jeweils am selben Tag auf eine Anfrage. "Ist das nicht möglich, muss man sich beim Kunden melden, und wenn man dies nicht kann, stimmt etwas nicht", zeigt er sich überzeugt. Koala verschicke auch keine automatisierten Mails. "Man kann nicht alles automatisieren."

Überhaupt versucht Koala die Zahl der E-Mails tief zu halten. Ein Kunde erhält eine E-Mail, sobald er sich registriert hat, und eine weitere, nachdem er eine Bestellung getätigt hat. Weil die Ware im Normalfall innerhalb von ein bis zwei Tagen zugestellt wird, verzichtet Koala auf Informationen zur Sendungsverfolgung. Darin unterscheidet sich das Unternehmen von Konkurrenten wie Zalando oder Amazon, die teilweise mit längeren Lieferfristen arbeiten.

Prozesse einfach halten

Neben den Kommunikationsmöglichkeiten und der schnellen Auslieferung setzt Koala auf einen einfachen Retourenprozess. Die Kunden müssen keine Retourscheine ausdrucken, wie dies beispielsweise bei Zalando der Fall ist. Sie können die Ware einfach so zurückschicken, die IT übernimmt die Abwicklung. "Macht man die Prozesse für den Kunden einfach, kommt er auch wieder", sagt Fröhlicher. Für Koala sei ein Bestellprozess denn auch eine persönliche Angelegenheit.

Wie wichtig die menschliche Komponente ist, bestätigt auch Bühler von Cede.ch: "Man kann eine gute Website und ein gut funktionierendes Backoffice haben, aber letztlich kommt es auf die Mitarbeiter an. Solange der Kundenservice stimmt, kann ich gut mit einer kleinen Unzulänglichkeit im Web leben."