Little Big Data

Vom langgehegten Wunsch nach einer intelligenten Datenplattform

Uhr | Aktualisiert
von Marion Ronca

Der Informatiker Reinhold Thurner suchte schon in den 70er-Jahren nach einer Plattform für die Analyse von Metadaten. 40 Jahre später hat er diese nun selbst entwickelt und möchte damit Excel als Analysewerkzeug ersetzen.

Reinhold Thurner, CEO Metasafe. (Quelle: Netzmedien)
Reinhold Thurner, CEO Metasafe. (Quelle: Netzmedien)

Es gibt Projekte, die einen eine lange Zeit begleiten, ehe sie realisiert werden können. Manchmal fehlt die Zeit, manchmal das Geld, und manchmal müssen sich die technologischen Rahmenbedingungen ändern, damit eine Idee Wirklichkeit wird. Für den Informatiker Reinhold Thurner war ein solches Projekt eine Datenplattform, die Einsicht in die Zusammenhänge zwischen einer grossen Zahl von verschiedenen Komponenten bietet.

Das Bedürfnis nach einer präzisen und aufschlussreichen Methode zur Darstellung von komplexen Systemen verspürte Thurner bereits während seines Studiums der Volkswirtschaft in den 60er-Jahren. Die Volkswirtschaftslehre machte damals erst zaghaft Gebrauch von der mathematischen Methode, um die Wechselwirkungen zwischen den unterschiedlichen Grössen darzustellen. Verbreiteter war eine deskriptive Herangehensweise, die Thurner als "Geschwätz" und "Wortstapelei" empfand. Er entschied sich daher für ein Zweitstudium in Informatik und Operations Research an der Universität Zürich. Anfang der 70er-Jahre entwickelte er sein erstes Produkt, einen Generator zur Programmierung von Entscheidungstabellen – eine Methode, komplexe Regelwerke in übersichtlicher Weise darzustellen.

1975 gründete Thurner seine erste Firma, das Software-Tool-Unternehmen Delta Software Technologie. Zur Verwaltung der verschiedenen Komponenten seiner IT-Tools nutzte Thurner Dateien und relationale Datenbanken. Als die Zahl der Nutzer stieg und die Systeme grösser wurden, änderte sich die Situation: "Wir erkannten die Notwendigkeit einer leistungsstarken Dateninfrastruktur, die viele Komponenten und die komplexe Beziehung zwischen ihnen verwalten konnte", erinnert sich Thurner. Da eine solche Infrastruktur nicht existierte, beschloss er, sie selbst zu entwickeln. Das Unterfangen stellte Thurner vor etliche Probleme. "Die Datenspeicher waren zu klein, die Computer zu teuer und die Entwicklung von benutzerfreundlichen Systemen ein Albtraum", erklärt Thurner. Schliesslich gelang es Thurner und seinem Team, eine Plattform für Metadaten zu entwickeln, die einigermassen funktionierte. Doch die Architektur litt unter den Einschränkungen.

Neue Aufgaben, altes Bedürfnis

1989 verkaufte Reinhold Thurner seine Firma Delta Software, die zwischenzeitlich zu einem 120-Mitarbeiter-Unternehmen mit Niederlassungen in Frankreich, Deutschland und England angewachsen war. In seiner neuen Funktion als Architekt der IT-Operations bei der UBS und bei der Erneuerung eines Bankensystems bei der CS verspürte Thurner erneut das Bedürfnis nach einer Metadaten-Plattform. Thurner setzte seine alte Methode ein, doch das Ergebnis befriedigte ihn nicht. Die Wende kam 2003, als der Informatiker feststellte, dass sich operative Systeme auch mit Java bauen lassen: "Da habe ich mir gesagt, jetzt kann ich auch unsere Plattform bauen mit Java, Eclipse und all dem, was heute so verwendet wird."

Keine grüne Banane

IT-Unternehmen lassen ihre neuen Produkte gerne wie Bananen beim Kunden reifen. Nicht so Thurner, der sich vor sechs Jahren daran machte, seinen lang gehegten Wunsch nach einer "intelligenten" Datenplattform für Metadaten zu realisieren: "Ich beschloss mit dem Geld, das ich von der ersten Firma eingesackt hatte, ein fixfertiges Produkt zu entwickeln und nicht wie sonst üblich nur so weit fertigzustellen, dass es auf einem Bein läuft." Rückblickend ist für Thurner klar, dass die Entwicklung des Produkts in Eigenregie der einzig gangbare Weg war: "Probieren Sie mal, irgendeiner Firma beizubringen, dass Sie an einem einzigen Projekt mehrere Jahre arbeiten wollen", sagt Thurner augenzwinkernd.

Excel ist "eh da"

Thurner ist überzeugt, dass seine Datenplattform eine nicht unerhebliche Marktlücke stopfen wird. Ein befreundeter Informatikprofessor bestätigte ihm unlängst, dass alle immer über eine solche Plattform gesprochen hätten, doch keiner habe sie entwickelt. Thurner erklärt sich die Marktlücke damit, dass zur Entwicklung einer solchen Plattform zu wenig Druck bestanden habe, da die meisten Leute für Planungszwecke eine Art Schatten-IT auf Excel aufbauen würden. Excel sei eine klassische "eh-da-Investition", denn es sei wie Word und Powerpoint sowieso vorhanden. Gemäss Thurner reicht Excel jedoch nicht aus, um die Komplexität der Zusammenhänge zwischen verschiedenen Planungsdaten wiederzugeben: "Haben Sie einmal versucht, eine Geschichte in Excel darzustellen? Das ist wie eine Geschichte ohne Verben. Die wirklichen Aussagen fehlen."

Über Metasafe

Reinhold Thurners Metasafe Repository basiert auf dem Entity-Relationship-Modell des taiwanesischen Informatikers Peter Chen, das, so Chen "wichtige semantische Informationen über die reale Welt direkt abbildet". Das ER-Repository überwindet den Strukturbruch, der entsteht, wenn Modellobjekte in einer relationalen Datenbank gespeichert werden. Metasafe verspricht eine nahtlose Integration von konzeptuellen Modellen und Instanzdaten in einem System. Damit sollen Änderungen und Erweiterungen des Datenmodells einfacher zu handhaben sein und sich auch direkt in den Instanzdaten niederschlagen. Metasafe eignet sich für die Analyse von Metadaten-Beständen bis in den zweistelligen Gigabyte-Bereich.