Keine eigene Stromzufuhr nötig

Gestensteuerung für Smartphone und Tablet

Uhr | Aktualisiert
von David Klier

Forscher der University of Washington haben eine Gestensteuerung entwickelt, die ohne Akku auskommt und Nutzer ihre Geräte bedienen lässt, ohne dass diese in Sichtweite sind oder berührt werden müssen. Der Prototyp "Allsee" nutzt existierende TV-Funksignale als Energiequelle und zur Gestenerkennung.

Den Zeigefinger in die Luft strecken und das Smartphone in der Tasche pausiert die Musikwiedergabe. Diese Art der Gestensteuerung könnte schon bald eine Alternative zu Touchscreens und Sensor-Technologien werden, die bislang sehr viel Energie verbrauchen und nur funktionieren, wenn Nutzer ihre Endgeräte sehen oder berühren. Das zumindest glaubt ein Entwicklerteam der University of Washington.

Das Team arbeitet seit längerem an einer Gestensteuerung, die mit sehr wenig Energie auskommt. So wenig, dass sie keinen eigenen Akku benötigt, respektive den Akku eines Smartphones oder Tablets nicht zusätzlich belastet und somit immer aktiv sein kann. Einen ersten Prototyp, der WLAN-Signale als Energiequelle nutzte, stellten die Forscher um Shyam Gollakota, Assistenzprofessor für Computerwissenschaft an der University of Washington, bereits im vergangenen Jahr vor.

TV-Signale als Energiequelle

Jetzt haben die Wissenschaftler den Nachfolger vorgestellt. "Allsee" nutzt statt der WLAN-Signale die Funksignale von TV-Übertragungen. Und zwar sowohl als Energiequelle, als auch für das Erkennen von Gesten. Der Sensor, den das Team entwickelte, könne etwa an einem Smartphone angebracht werden. Ein "ultra-low-power" Empfänger erkennt und bestimmt Gesten über die Funksignale, die um uns herum in der Luft umher schwirren.

Das ganze funktioniert denkbar einfach. Funksignale bewegen sich bekanntlich in Wellen fort. Bewegt eine Person eine Hand oder nur schon einen einzelnen Finger, verändert das die Amplitude, also die Form der Wellen der Funksignale in der Luft. Der Sensor nimmt diese Veränderung wahr und übersetzt sie in Steuerungssignale für Smartphone und Co.

Neun verschiedene Gesten getestet

Ganz neu ist die Idee allerdings nicht. Geräte wie etwa das Samsung Galaxy S4 besitzen bereits eine Form der Gestensteuerung. Das Problem hierbei ist aber, dass die Nutzerin erstens die Funktion manuell aktivieren und zweitens das Gerät sehen, respektive die Gesten in unmittelbarer Nähe zum Display ausführen muss. Hinzu kommt, dass dieses Gestensystem den Akku des Smartphones sehr rasch leert - behaupten zumindest die Forscher. "Allsee" kommt hingegen mit Energie im niedrigen zweistelligen Mikrowattbereich aus. Diese Energie bezieht der Sensor, wie beschrieben, aus den Funksignalen in der Umgebung.

Das Forscherteam testete insgesamt neun verschiedene Gesten, die der Sensor in über 90 Prozent der Fälle korrekt identifizieren und umsetzen konnte. Die Wissenschaftler untersuchten den Sensor auch hinsichtlich der Reaktionszeit. Diese lag unter 80 Mikrosekunden, was in etwa 1000 Mal schneller ist, als ein Augenblinzeln.

Forschung von Google mitfinanziert

Mögliche Anwendungsgebiete für einen derartigen Sensor gehen jedoch weit über die Steuerung der Musikwiedergabe von Smartphone und Tablet hinaus. Denkbar wäre es, sämtliche elektronischen Alltagsgegenstände mit der Technologie auszurüsten. Interessant wäre das vor dem Hintergrund des Internets der Dinge. Elektrische Haushaltsgeräte könnten so durch Gesten gesteuert werden.

Die Arbeit an dem Sensor wird unter anderem durch einen Google Faculty Research Award und die Washington Research Foundation finanziert.