IT-Beschaffungskonferenz 2014

Beschaffen: Schon - aber wie?

Uhr | Aktualisiert

Auf was muss man bei der Erarbeitung von Beschaffungsunterlagen achten? Und welche Möglichkeiten gibt es, um Beschaffungen erfolgreicher zu gestalten? Diese und andere Themen wurden an der IT-Beschaffungskonferenz diskutiert.

An der dritten Ausgabe der Beschaffungskonferenz in Bern trafen sich gestern Mittwoch Vertreter aus Wirtschaft und Verwaltung, um die Unterschiede zwischen privaten und öffentlichen IT-Beschaffungen zu diskutieren. Die Konferenz war mit rund 300 Besuchern etwas besser besucht als letztes Jahr (2013: rund 250 Besucher).

Ein Patentrezept für IT-Beschaffungen konnte die Konferenz zwar nicht liefern (das wäre auch etwas zu viel verlangt gewesen), aber die verschiedenen Referate dürften dem Publikum einen besseren Überblick über das Thema Beschaffungswesen geliefert haben. Oder, um es mit den Worten eines Besuchers auszudrücken: "Wenn sich die Leute hier schon nur miteinander austauschen, kann das schon viel helfen". Normalerweise würden sich die Akteure, also die verschiedenen Unternehmen, ja nicht miteinander zum Thema Beschaffungswesen und mögliche Lösungsansätze austauschen. Vielmehr stehe man miteinander in Konkurrenz um den jeweiligen Zuschlag.

Schlaflose Nächte

Einer der Referenten, Nicholas Niggli, Leiter der Wirtschafts-, Finanz- und Handelsabteilung der Schweizer Botschaft in Grossbritannien, beleuchtete in seinem Referat die langwierigen Verhandlungen zum GPA, die er 2007-2012 als Vorsitzender der WTO-Verhandlungsrunde zum Government Procurement Agreement GPA leitete. Diese Verhandlungen haben ihm, so scheint es, manche schlaflose Nacht bereitet und ihn einiges an Energie gekostet - am Ende arbeitete er nach eigenen Angaben bis zu 20 Stunden pro Tag und benötigte neun Monate, um sich von der schwierigen Zeit zu erholen.

Das GPA ist ein internationales Übereinkommen über das öffentliche Beschaffungswesen und damit eine vertragliche Grundlage für öffentliche Ausschreibungen. Allerdings muss die Schweiz das GPA noch ratifizieren - nebst Ländern wie Armenien, Südkorea und den Niederlanden. Niggli hofft, dass dies in der ersten Jahreshälfte 2016 der Fall sein wird.

Auf die Frage aus dem Publikum, wie gross die Chance ist, dass IT-Projekte in der Schweiz in Zukunft einen eigenen Schwellenwert erhalten, der über den oft diskutierten 230'000 Franken liegt, versuchte Niggli nicht, irgendwelche Illusionen entstehen zu lassen. Die Chance, das dies passiere, liege nahe bei Null, sagte er. Oder, um es diplomatisch auszudrücken: "Ich bin mässig optimistisch, was diese Chance betrifft". Worauf der ganze Saal lachte.

Drive in das Beschaffungswesen reinbringen

Auf Niggli folgte Axel Butterweck, Leiter Konzerneinkauf bei der Schweizerischen Post. Seine Art zu referieren erinnerte ein wenig an einen Tiger, der zu lange eingesperrt war und nun freigelassen wurde. Er sprach Klartext, ohne unnötige Ausschweifungen und plädierte dafür, Drive in das ganze Beschaffungswesen reinzubringen.

Einkäufer müssten proaktiv mit den Bedürfnisträgern sprechen, deren Bedürfnisse abklären und dabei nachhaltig und unternehmerisch denken und handeln. Dass ihm das ganze Beschaffungswesen zu träge ist, wurde ebenfalls klar: "Hätte Steve Jobs seine iPods und iPads mit WTO beschaffen müssen, würden wir vermutlich noch heute versuchen, SMS über unser Festnetztelefon zu schreiben."

Bau ist nicht gleich IT

Ganz anders war das Referat von Peter Fischer, Delegierter für die Informatiksteuerung des Bundes ISB, der in seiner ruhigen und besonnenen Art daran erinnerte, dass IT-Beschaffungsprojekte nun mal komplexer sind als beispielsweise ein Bauprojekt.

Fischer vermag es immer wieder, seinen Humor kurz aufblitzen zu lassen. Im Bau arbeite man aber eher längerfristig und tendenziell mit bewährten Vorgehensweisen - in der IT hingegen setze man neue Technologien ein, die man zu diesem Zeitpunkt teilweise noch nicht einmal richtig kenne, sagte er mit einem leichten Schmunzeln.

Nachdem er über die bekannten Probleme im Beschaffungswesen gesprochen hatte (schlechte Planung, fehlendes Wissen, schlechte Integration der Beschaffungsabläufe, ...) und die möglichen Massnahmen (bessere Ausbildung, Beschaffungskoordinatoren einsetzen, ...), zeigte er sein übliches Schlussbild, das er bei Beschaffungsthemen üblicherweise zeigt: Ein Eisbär, der trotz Warnsignal auf dem Eis ausrutscht.

Das lange Warten vor dem Zmittag

Die beiden letzten Referate vor dem Mittagessen dürften den Besuchern nicht sonderlich gut in Erinnerung geblieben sein. "Beschaffung von Open Source Software" und "Leitfaden für die Beschaffung von agilen IT- Projekten" wären zwar an und für sich interessante Themen, nur leider war das Publikum vermutlich nicht das richtige dafür. Der knurrende Magen, die Hitze im Saal und die Luft, die so dick war, dass man sie hätte abschneiden können, unterstützten das Interesse wohl auch nicht gerade.

Der Nachmittag war dann etwas lockerer, da man sich in kleineren Gruppen verschiedenen Fachsessions widmen konnte. Beispielsweise zum Thema kantonale und kommunale IT-Beschaffungen oder Dialogverfahren und Rahmenverträge. In der Fachsession "Lessons Learned von IT-Ausschreibungen" sprach unter anderem Rechtsanwältin Corinne Weyermann darüber, auf was man bei der Erarbeitung von Ausschreibungsunterlagen achten muss.

In der anschliessenden Diskussion konnten sich die Anwesenden über ihre Erfahrungen bei Beschaffungsprojekten austauschen - auf Wunsch auch anonym.

Veranstalter der Konferenz waren das Institut für Wirtschaftsinformatik der Universität Bern, das Informatiksteuerungsorgan des Bundes, die Schweizerische Informatikkonferenz, SwissICT und die Swiss Open Systems User Group /ch/open.

Tags