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Trends und Innovationen in der IT

Uhr | Aktualisiert
von Susanne Oettli und Bruno Messmer

Drei grosse Trends kennzeichnen die aktuelle Dekade: die Virtualisierung, die Weiterentwicklung des elektronischen Arbeitsplatzes und der Durchbruch der Wissensgesellschaft. Jeder dieser Trends wird das Business auf seine Weise verändern.

Innovation bedeutet, Neues zu wagen, um etwas Besseres als das Bekannte zu erreichen. Unternehmen, die dem Wettbewerb ausgesetzt sind, müssen sich und ihre Dienstleistungen ständig verbessern und sich Innovationen öffnen oder sie sogar selbst hervorbringen. Nicht in allen Branchen dreht sich das Innovationsrad gleich schnell, aber gerade die IT Branche zeichnet sich seit Jahren durch einen hohen Innovationsgrad aus. Dieser hohe Innovationsgrad in der IT ist nicht nur für IT konsumierende und IT produzierende Unternehmen von Bedeutung, sondern hat immer mehr eine gesellschaftspolitische Dimension: So werden zwei der grossen Herausforderungen unseres Jahrhunderts – die demografische Entwicklung einerseits und der steigende Energiebedarf der Menschheit andererseits – nur mit innovativen Ansätzen aus der Informationstechnologie zu lösen sein. Der hohe Innovationsgrad in der IT führt aber auch dazu, dass nicht alle Neuerungen und Entwicklungen am Ende wirklich von Unternehmen aufgenommen werden. Deshalb sind es vor allem diejenigen Innovationen, die durch genügend breite Aufnahme in der Wirtschaft zu einem Trend werden, mit denen sich Unternehmen beschäftigen sollten. Die drei wichtigsten Megatrends in der IT sind die vollständige Virtualisierung, darauf aufbauend die verschiedenen Entwicklungen rund um den elektronischen Arbeitsplatz und letztlich, aber möglicherweise am bedeutsamsten, der Durchbruch der digitalen Wissensgesellschaft. Im Folgenden werden die drei Megatrends und ihre Auswirkungen kurz analysiert.

Trend 1: Die komplette Virtualisierung der IT-Landschaft 

Die komplette Virtualisierung der IT-Landschaft wird einer der Megatrends in den nächsten Jahren bleiben und dazu führen, dass die Entkopplung von Hardware, Betriebssystem und Applikation weiter fortschreitet. So können Leistungsbezug und Kosten besser variabilisiert und Ressourcen besser ausgenutzt werden. Damit erhalten Sourcing-Strategen in der Form von X-as&Service, Applikations-, Client- und Server-Virtualisierung sowie Cloud Computing neue Gestaltungsmöglichkeiten. Dies führt zu einer wesentlich flexibleren und gleichzeitig leistungsfähigeren IT, deren Zukunft so aussehen könnte: Deutlich gesteigerte Industrialisierung im IT-Betrieb: Standardisierung von IT-Leistungen, Automatisierung wiederkehrender Aufgaben sowie Virtualisierung von Ressourcen, merklich optimiert auf der Ebene Infrastruktur und Applikationen. Enterprise-Class Cloud Services von ITProvidern, die auch höheren Anforderungen von Unternehmen in Bezug auf Sicherheit und Verfügbarkeit genügen (sogenannte Enterprise Clouds). Im Vergleich zu unternehmensinternen Rechenzentren erzielen IT-Provider deutlichere Skaleneffekte als heute. Verstärkter Zukauf von Leistungen über externe Cloud-Services für Belastungsspitzen und nichtgeschäftskritische Anforderungen (zum Beispiel Testing), aber auch für Systeme im regulären Produktivbetrieb. Die Grundlast wird langfristig und günstig eingekauft, Spitzenlasten dagegen flexibel, aber teurer zugekauft (beispielsweise mit Pay-perUse als Abrechnungsmodell). Flexibilisierung der Vertragslaufzeiten in Sourcing-Verträgen und damit Reduktion der kommerziellen Abhängigkeiten. Dies erleichtert einen Wechsel zwischen Serviceanbietern und auch den Wechsel zwischen Cloud-Diensten und traditionellen, dedizierten Hosting-Angeboten. Dies geschieht natürlich im Rahmen der technischen Möglichkeiten (zum Beispiel Nutzung eines zentralen Active Directories oder Abhängigkeiten innerhalb eines Applikationsverbundes).

Trend 2: Neues Arbeitsplatzkonzept 

Aufbauend auf der Client- und DesktopVirtualisierung wird auch der Bereich des elektronischen Arbeitsplatzes um eine Sourcing-Dimension erweitert. Nimmt man noch die verschiedenen Hardwareentwicklungen hinzu, mit denen in den nächsten Jahren gerechnet werden darf, dann eröffnet sich eine Vielzahl von Kombinationsmöglichkeiten, um Mitarbeiter gemäss ihren Rollen und Bedürfnissen mit elektronischen Arbeitsplätzen auszurüsten. Die Vielfalt an unterschiedlichen und divergierenden Anforderungen zu managen, bedeutet für die Unternehmen, die Arbeitsplätze den Anforderungen der jeweiligen «Rollen» anzupassen. Obwohl heute noch in vielen Unternehmen den Mitarbeitern lediglich ein oder zwei Arbeitsplatzmodelle (z.B. ein Notebook- und ein Desktopmodell mit jeweils einem Servicepaket) angeboten werden, setzt sich zunehmend die Erkenntnis durch, dass damit, je nach Rolle des Mitarbeiters, zu viele Services (also zu viele direkte Kosten) oder aber zu wenig Services (also zu viele indirekte Kosten) verursacht werden. Mit dem fortschreitenden Trend zur Mobilisierung und den steigenden Ansprüchen der Millennials wird dieses «One-Size-fits-all»Modell insgesamt zunehmend ineffizient und führt für die Unternehmen zu höheren Kosten, verglichen mit einem rollenbasierten Arbeitsplatzkonzept. Das Marktforschungsunternehmen Gartner hat beispielsweise 17 verschiedene Informationsarbeiter-Rollen definiert, die in einem Unternehmen vorkommen können. Mittels einer Arbeitsplatz- und Rollenanalyse lassen sich die Rollen im eigenen Unternehmen identifizieren, um anschliessend die optimale Mischung konzipieren zu können. Diese Rollenmodelle stellen auch an ITService-Provider hohe Anforderungen. Nurwenige Anbieter haben heute neben traditioneller Fat-Client-Methodik auch die notwendige Virtualisierungspalette technologisch im Griff und sind auch in der Lage, diese effizient zu betreiben. Dabei reicht die Palette virtueller Technologien vom Einsatz von ganzen virtuellen Clients über Applikationsvirtualisierung bis hin zum Einsatz zentralisierter Hardware als Blade-PCs in den Rechenzentren des Providers. Die Herausforderung dabei ist es, den richtigen Mix der Technologien für die Online- und Offlinenutzung zu finden, um insbesondere mobil Arbeitende optimal zu unterstützen.

Trend 3: Die Entwicklung zur digitalen Wissensgesellschaft

Der dritte Megatrend in diesem Jahrzehnt ist die Entwicklung hin zu einer digitalen Wissensgesellschaft. Bestenfalls haben wir es bisher zur Informationsgesellschaft gebracht, denn die Menge der weltweit produzierten Daten wächst noch immer exponentiell. Mit dem Jahr 2010 sind wir nun erstmals in das Zettabyte-Zeitalter eingestiegen: 1,2 Zettabyte umfasst zurzeit nach Schätzungen von IDC und EMC das digitale Universum, wobei das noch nicht häufig verwendete Mass «Zettabyte» einer Milliarde Terabyte entspricht. Anschaulich – wenn auch etwas beunruhigend – dargestellt, entspricht dies etwa der Datenmenge, die entstünde, wenn die gesamte Menschheit ein Jahrhundert lang pausenlos Twitter-Messages absetzen würde. Bis im Jahr 2016 wird die Menschheit wohl die 10-Zettabyte-Grenze überschreiten, mit dem Effekt, dass vermutlich nur die Hälfte davon mangels physischer Speicherkapazität überhaupt wird aufbewahrt werden können. Da ein vergleichbarer Wachstumstrend auch innerhalb von Unternehmen stattfinden wird, wird nicht nur die Frage nach der sinnvollsten Speicherstrategie die IT-Verantwortlichen beschäftigen, sondern eben auch die Frage, wie Informationen und Wissen grundsätzlich besser bewirtschaftet und genutzt werden könnte.In vielen, vor allem grösseren Unternehmen wird das Wissen der Mitarbeiter noch immer wenig genutzt. Mittels sozialer Netzwerke innerhalb von Firmen oder im Austausch mit Kunden, Lieferanten und Partnern lässt sich in Zukunft das Wissen der einzelnen Mitarbeitenden besser ausschöpfen. Diese kollektive Intelligenz hat das Potenzial, die Kreativität zu fördern, die Produktivität zu steigern und so durch besseren Umgang mit Wissen die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen zu verbessern.Sicher ist die heutige Nutzung öffentlicher Sites aus Sicherheitsgründen und speziell auch wegen des fehlenden Bewusstseins für die Wichtigkeit der digitalen Privatsphäre durch Mitarbeiter problematisch. Aber wer sich einmal vorurteilsfrei auf Facebook umsieht, mag erahnen, welches Potenzial in einem «Company Facebook» schlummert: Soziales Wissensmanagement wird zu einem wichtigen Erfolgsfaktor in Unternehmen werden.Wenn in Zukunft diese Art des sozialen Wissensmanagements auch noch mit Technologieentwicklungen wie dem semantischen Web verbunden wird, dann wird die Vision einer nutzbringenden digitalen Wissensgesellschaft immer realer. Als ein Beispiel einer semantischen Suchmaschine kann die Site Wolframalpha.com dienen: Wer einen Vergleich des Bruttosozialprodukts der Schweiz und Österreichs sucht, wird bei herkömmlichen Suchmaschinen nur mit einer Trefferliste bedient und muss sich die gewünschten Informationen aus den Treffern zusammensuchen. Die Suchmaschine Wolframalpha.com dagegen liefert sofort das Ergebnis und zwar in Form von Diagrammen und Tabellen. Dieses Beispiel einer Web-3.0-Anwendung – oder eben einer semantischen Webanwendung – zeigt auf, wie bereits Bedeutungsunterschiede erkannt werden und die Bedeutung einer Anfrage (und nicht nur ihre Bestandteile) verstanden wird. Das bedeutet, dass wir mit dem Web 3.0 näher an eine Art schöpferisches Webherankommen, in dem Informationsinhalte zu Wissen kombiniert werden.

Neue Wege bei der Führung und Betreuung von Mitarbeitern 

Die Megatrends in der IT wirken sich nicht nur auf die IT-Strategie und auf das IT-Sourcing aus, sondern auch auf die Geschäftsvision und -strategie. Die Frage ist: Welchen Beitrag kann die IT, kann das IT-Sourcing zur Geschäftsvision und zur Weiterentwicklung des Kerngeschäftes leisten? Die Vorteile, die auf der Basis der Trends realisiert werden können, sind offensichtlich: Unternehmen gewinnen an Beweglichkeit und Effizienz und stellen so die Basis für ihr Wachstum sicher. Damit aber auch Kosten variabilisiert und kontrolliert und die wachsende technische Komplexität und auch das steigende Risiko (z. B. von Datenverlust oder -diebstahl) gemeistert werden können, wird aus dem Handwerk des IT-Sourcings schon beinahe die «Kunst des Sourcings». Denn wie in jeder anderen Kunst bedarf es nicht nur handwerklicher Expertise, sondern eben auch der Kreativität und – gerade bei neuen Themen – der Bereitschaft, mit Partnern auch innovative Wege zu beschreiten.Es gilt ausserdem zu bedenken, dass gerade der Trend hin zur Wissensgesellschaft bereits heute im Privatleben Einzug hält und dazu führt, dass erstens: Kunden durch omnipräsente Webdienste auf ihren Smartphones jederzeit über Konkurrenzpreise informiert sind und sich gute wie schlechte Nachrichten über eine Firma in Twitter-Geschwindigkeit durch die Gesellschaft verbreiten. Und zweitens Bürger der jüngeren Generation ein Leben ohne digitales Netz nicht kennen und einen anderen Umgang mit der eigenen und fremden Privatsphäre pflegen.Diese Trends werden vor den Mauern der Unternehmen nicht haltmachen, sodass auch bei der Führung und der Betreuung von Mitarbeitern neue Wege beschritten werden müssen. In der Dienstleistungsgesellschaft der Zukunft, die noch stärker von digitalen Elementen geprägt sein wird, wird der Mitarbeiter mit seinen Kenntnissen, Fähigkeiten und sozialen Kompetenzen der entscheidende Erfolgsfaktor bleiben.