Dossier Mobile Computing

Was macht eine mobile Plattform zu einer guten Plattform für Enterprise-Applikationen?

Uhr | Aktualisiert
von Sascha Corti

Obwohl mobile Geräte zurzeit die Plattform der Wahl vieler Entwickler ist und die Anzahl verfügbarer mobiler Applikationen täglich wächst, ist nicht jede dieser Plattformen auch automatisch geeignet für die Entwicklung von Enterprise-Applikationen – vor allem wenn ein Unternehmen dafür eigene Software entwickeln will.

Eigenentwicklungen sind zum Glück nicht immer notwendig. Für viele der verbreiteten Enterprise-Lösungen gibt es heute kommerzielle mobile Clients, die gerade in Kombination mit den cloudbasierten Angeboten der Hersteller ein CRM- oder ERP-System voll zugänglich für mobile Arbeitnehmer machen. Will man aber eine selbst entwickelte Unternehmenslösung entsprechend mobil erweitern, müssen die mobilen Plattformen unter ganz anderen Gesichtspunkten betrachtet werden.

Der wichtigste Aspekt im Fall einer Eigenentwicklung ist, wie einfach und effizient die Softwareumgebung und Entwicklerwerkzeuge zu handhaben und zu erlernen sind und wie gut sie sich in die bestehende Softwarelandschaft des Unternehmens integrieren lassen. Ist es ohne grossen Aufwand möglich, ein bestehendes Back-End-System sicher und asynchron aus der mobilen Applikation anzusprechen? Läuft die Lösung auch unter wechselnden oder schlechten Netzwerkbedingungen? Steht mir als Entwickler für das in diesem Fall unumgängliche Caching von Daten eine sichere, schnelle und auch einfach anzusteuernde, lokale Datenbank auf dem Endgerät zur Verfügung? Kann ich Geschäftsdaten auf dem Gerät verschlüsseln, und bietet mir die Plattform im Fall eines verlorenen Geräts auch die Möglichkeit, alle Firmendaten restlos vom zu Gerät löschen, damit sie nicht in falsche Hände geraten? Und nicht zuletzt die Frage, ob im Optimalfall das bestehende Wissen der Entwickler oder sogar Teile des bestehenden Codes der Lösung für den mobilen Client wiederverwendet werden können.

Der mobile App Store oder Market Place, der mobilen Consumer-Applikationen zum Durchbruch verholfen hat und nun auch auf dem Desktop Einzug hält, ist auch ein interessanter Vertriebskanal für kommerzielle Geschäftslösungen. Man muss nun aber nicht plötzlich professionelle Applikationen für zig hundert Dollar im Online-Applikations-Shop erwarten. Das Lizenzmodell, das sich hier durchsetzt, lässt eine Firma Zugriffsrechte pro Mitarbeiter einkaufen und gibt diesem dann die Freiheit, einen Client seiner Wahl ohne weitere Kosten einzusetzen – sei das ein Fat Client auf dem Desktop, ein webbasiertes Interface oder eben den mobilen Client, der mit diesem Modell kostenlos vom Marktplatz aufs Mobilgerät geladen wird und dort erst mit einem gültigen Log-in für einen bestehenden Account im On-Premise oder cloudbasierten CRM-System benutzbar wird. Eine Eigenentwicklung möchte man aber nicht unbedingt im öffentlichen Software-Marktplatz wiederfinden. Hier ist also auch die Flexibilität der Plattform gefragt.

Für Firmen, die selbst mobile Unternehmenslösungen entwickeln, stellt sich die zentrale Frage, welche mobilen Plattformen denn unterstützt werden sollen. Kaum eine Firma wird für den eigenen Gebrauch eine mobile Enterprise-Lösung für verschiedene mobile Geräte mehrmals komplett neu entwickeln, auch wenn das ganz im Sinne der "Consumerization of IT" wäre.

"Consumerization of IT" eher Risiko als Chance für mobile Enterprise-Lösungen?

Für diesen Fall offerieren sich die neuen Frameworks, die es erlauben, eine mobile Applikation in HTML5 mit entsprechenden gerätespezifischen Erweiterungen zu implementieren und diese dann in eine kleine Runtime verpackt als Rich Client auf verschiedenen Mobilgeräten laufenzulassen. "PhoneGap" oder auch Sencha Touch können hier als Beispiel genannt werden. Obschon von der Idee her sehr bestechend, wirken Applikationen, die so entwickelt wurden, in der Bedienung oft träge und sind optisch nicht auf dem letzten Stand der Möglichkeiten von nativen Lösungen. Gerade aber für datenintensive Geschäftsapplikationen, die nicht interaktionslastig sind, könnten sich solche Frameworks eignen. Ein weiterer Faktor ist der hohe Aufwand der Implementierung einer Geschäftsapplikation in HTML5 – also in Javascript. Je nach Komplexität der Lösung kann dies zum ausschlaggebenden Kostenfaktor werden.

Der Trend zu mobilen Enterprise-Lösungen wurde durch Smartphones ins Rollen gebracht. Tablets oder Slates, die den Consumer-Markt gerade erst erobern, steht die breite Entdeckung als Applikationsplattform für Firmen noch bevor. Ihre Mischung aus Portabilität und grossem Display, das sich ausgezeichnet auch zum Visualisieren von grösseren Datenmengen eignet, wird diesen Geräten in Zukunft Tür und Tor in Unternehmen öffnen.
Wann ihr Einzug in die Geschäftswelt allerdings erfolgen wird, hängt zu einem grossen Teil von der Enterprise-Readiness, der ihnen zugrunde liegenden Entwicklungsplattform, der Sicherheit und Manageability, sowohl der Geräte selbst als auch der darauf installierten Software ab – Funktionalitäten, bei denen die heute im Markt verfügbaren Geräte noch einige Lücken aufweisen.

Neben Tablets, wie wir sie heute kennen, die fast ausschliesslich für den unabhängigen, mobilen Einsatz und die Bedienung einzig über den Touch-Screen konzipiert sind, werden wir bald auch Geräte sehen, die neben dem mobilen Tablet-Modus auch in einer Docking-Station betrieben und mit Tastatur, Bildschirm und anderer USB-Peripherie ausgestattet als vollständiger Desktop-Rechner-Ersatz funktionieren können.