Partner Executive Forum

Netapp: Uns geht es gut

Uhr | Aktualisiert
von David Klier

Der Storage-Anbieter Netapp ist in Schieflage geraten. Die Umsätze schrumpfen seit zwei Jahren und der CEO streicht die Segel. Aber es sei alles in Ordnung, hiess es in Warschau.

Was ist los mit Netapp? Im vierten Quartal seines Geschäftsjahres 2015 setzte der Storage-Anbieter fast 7 Prozent weniger um als im Vorjahr. Der Reingewinn sank um 32 Prozent auf 135 Millionen US-Dollar. Die Zahlen für das Gesamtjahr erzählen die gleiche Geschichte. Der Jahresumsatz sank um 3,2 Prozent auf rund 6 Milliarden Dollar.

Noch vor Veröffentlichung dieser Geschäftszahlen im Mai wurde bekannt, dass sich Netapp bis 2016 von bis zu 512 Mitarbeitern trennen werde. Netapp bestätigte das an seinem diesjährigen Partner Executive Forum in Warschau am 9. Juni.

Berichte zu weiteren Kürzungen würden jedoch unter "journalistische Freiheit" fallen. Derartige Meldungen seien nicht von Netapp ausgegangen, sagte Alexander Wallner, Area Vice President CEMA im Gespräch abseits der Keynotes.

Neuer CEO zeigte sich nicht

Doch damit nicht genug. Zum 1. Juni verliess der langjährige CEO Tom Georgens überraschend das Unternehmen. Konkrete Gründe nannten weder Georgens noch Netapp. Angesichts der Geschäftszahlen liegt jedoch die Vermutung nahe, dass Investoren und Board nicht mit Georgens Leistungen zufrieden waren.

An Georgens Stelle als CEO trat - zunächst interimistisch - George Kurian. Vergangene Woche ernannte Netapp Kurian offiziell zum neuen CEO. Er ist seit 2011 für Netapp tätig.

In Warschau trat Kurian jedoch nicht auf. Nicht mal eine Videobotschaft an die Partner gab es. Und das, obwohl die Partner Netapps wichtigstes Standbein sind, wie EMEA-Marketing-Chef Ashley Robinson betonte. "Wir brauchen euch", sagte er zu den Partnern.

Wenig Neues

Knapp 300 Partner aus 49 Ländern der EMEA-Region reisten nach Warschau. Viel neues hörten Sie dort aber nicht. Die brennendsten Fragen, wie die nach der Botschaft des neuen CEOs oder dem Grund für die ernüchternden Geschäftszahlen umschifften die Sprecher geschickt.

Stattdessen hiess es: Netapp hat das beste Portfolio, Netapp ist auf der Poleposition, Netapp will die Nummer eins im Markt werden. All das natürlich gemeinsam mit den Partnern. "Wir sind zu 100 Prozent dem Channel verpflichtet", sagte Manfred Reitner, Senior Vice President and General Manager EMEA. Netapp würde entweder mit den Partnern prosperieren oder mit ihnen untergehen, sagte Reitner weiter.

Vice President Partners & Pathways EMEA Thomas Ehrlich hielt im Geiste dieser Phrase eine Lobrede auf die Partner. Die Leistungen des Channels im Geschäftsjahr 2015 seien insbesondere im Süden und im hohen Norden Europas gut verlaufen. Spanien legte 21 Prozent zu, die nordischen Staaten 15 Prozent, Deutschland knapp 6 Prozent und Grossbritannien 3 Prozent.

Starker Dollar als Grund für schlechte Bilanz

Im persönlichen Gespräch äusserte sich Ehrlich zur Leistung des Schweizer Channels. Konkrete Zahlen nannte er zwar keine. Grundsätzlich sei er aber zufrieden mit den Schweizer Partnern. Mit Ausnahme einiger weniger Kunden im öffentlichen Sektor würden fast alle Geschäfte über den indirekten Kanal laufen.

Wenn alles so gut läuft, warum zeugen die Geschäftszahlen dann vom Gegenteil? Während Ehrlich in seiner Keynote nichts dazu sagte, nannte er im Gespräch den erstarkten Dollar als Grund. Wechselkursschwankungen von 20 Prozent könne ein Unternehmen wie Netapp nicht einfach so wegstecken.

Ehrlich ist dennoch optimistisch. Mit Blick auf die Zukunft rechnet er mit grossen Wachstumsmöglichkeiten. Die Nachfrage im Markt würde anziehen. 6,6 Milliarden US-Dollar Umsatzpotenzial vermutet Ehrlich. Dabei meinte er aber nicht nur Speicher im klassischen Sinne.

Object Storage als Wachstumstreiber

Netapp sei keine "Ein-Trick-Pony-Firma" mehr, wie sich Ehrlich ausdrückte. Cloud, Flash, Object Storage und Converged Stacks seien die Zugpferde. Allen voran Object Storage. Hier gebe es viel zu holen, das müssten die Partner verstehen, sagte Ehrlich.

Doch was ist Object Storage genau? Bei Object Storage geht es laut Ehrlich um das Speichern und Auslesen von Metadaten. Wer hat ein File zu welcher Zeit an welchem Ort auf welchem Gerät bearbeitet? Als Beispiel nannte Ehrlich die Office 365 Suite.

Ehrlich nutze persönlich auf seinem iPhone häufig Powerpoint. Auf dem Flug zum nächsten Anlass nehme er dann beispielweise letzte Änderungen an einer Präsentation vor. Da es im Flugzeug keine Internet gibt, speichert Powerpoint die geänderte Präsentation zunächst nur lokal auf dem iPhone.

Sicherheitsregeln in Metadaten verankern

Nach der Landung, wenn die Internetverbindung wieder steht, gibt es dann zwei Versionen der Präsentation. Welche ist die richtige? In dem Fall ist es eigentlich klar. Mithilfe der Metadaten liesse sich aber in jedem Fall erkennen, welche Version auf welchem Gerät wann und von wem geändert wurde. Die tatsächliche Information, also der Inhalt der Datei, spiele dabei keine Rolle.

Mit den Metadaten könnte auch die Suche nach bestimmten Dateien vereinfacht werden. Oder es könnten Sicherheitsregeln festgelegt werden. Beispielsweise, dass Ehrlich die Präsentation gar nicht von seinem iPhone aus bearbeiten darf.

Cloud On-tap bald nicht mehr nur bei Amazon und Microsoft

Zu guter Letzt gab Ehrlich einen kleinen Ausblick auf die Entwicklungen rund um Cloud On-tap - Netapps virtueller Filemanager, der das Verschieben ganzer Entwicklungsumgebungen ermöglichen soll. Bislang bietet Netapp Cloud On-tap nämlich nur über Amazon Web Services und Microsoft Azure an. Das soll sich ändern.

In den nächsten sechs Monaten - konkreter wollte Ehrlich nicht werden - würden europaweit zehn bis zwölf Provider Cloud On-tap anbieten. Zumindest sei das der Plan. Beim Namen dürfe er keinen dieser Anbieter nennen, sagte Ehrlich. Einer darunter würde aber aus Frankreich kommen und habe ein orangefarbenes Logo.

Bleibt die Frage, für wen sich Cloud On-tap überhaupt rentiert. Gemäss Ehrlich ist Cloud On-tap nur dann billiger als eine On-premise-Lösung, wenn Kunden den Dienst nicht länger als zehn bis zwölf Tage nutzen. Deshalb sei Cloud On-tap für kleine und mittelständische Unternehmen interessant. Diese würden vielleicht alle zwei, drei Jahre etwas entwickeln.

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