Best of Swiss Apps

«IoT bildet die Grundlage für die vierte industrielle Revolution»

Uhr

Ralf Günthner ist Head of Industrial IoT & Industrie 4.0 bei Swisscom. Am Best of Swiss Apps Award leitete er als ­Jurypräsident die Auswahl der Master-Kandidaten in der Kategorie ­Internet of Things – das Jahresthema des diesjährigen Best of Swiss App Awards.

Ralf Günthner, Head of Industrial IoT & Industrie 4.0 Digital Enterprise Solutions, Swisscom
Ralf Günthner, Head of Industrial IoT & Industrie 4.0 Digital Enterprise Solutions, Swisscom

Das Jahresthema von Best of Swiss Apps 2016 ist «Internet of Things», kurz IoT. Was macht die Kategorie so spannend?

Ralf Günthner: Das Spannende an dieser Kategorie ist, dass IoT die technologische Grundlage für die vierte industrielle Revolution darstellt. IoT wird die Art und Weise revolutionieren, wie Unternehmen in Zukunft Wertschöpfung erbringen und wie sie mit Kunden sowie Partnern interagieren. Dabei sind noch viele Fragen rund um die vierte industrielle Revolution unbeantwortet. Unternehmen, die den Mut haben, sich vor ihren Wettbewerbern mit IoT auseinanderzusetzen, werden in den nächsten Jahren viel Neues lernen und dadurch einen klaren Wettbewerbsvorteil für sich erarbeiten können. Und genau das fasziniert mich.

Was hat Sie besonders überrascht?

Überrascht hat mich, dass nur acht Projekte in dieser Kategorie eingereicht wurden, obwohl das Thema IoT bereits seit zwei bis drei Jahren in unzähligen Medienberichten und auf vielen Veranstaltungen diskutiert wird. Es wurden Initiativen gelauncht – wie etwa «Industrie2025» – mit dem Ziel, Schweizer Unternehmen aufzuklären und zu ermutigen, sich mit den Themen auseinanderzusetzen. Deshalb hat mich auch besonders überrascht, dass nur ein IoT-Projekt aus der Industrie eingereicht wurde.

Eine Mehrheit der eingereichten IoT-Projekte stammt aus den Bereichen Healthcare und Versicherungen. Wie erklären Sie sich das?

Ein Erklärungsversuch ist, dass IoT zunächst Einzug im Konsumentenbereich hält, weil die Komplexität dort überschaubarer ist. Jeder kann sich vorstellen, wie Sensorwerte von Fitness-Trackern (Schritte, Herzfrequenz, Puls etc.) an eine mobile App auf dem Smartphone übermittelt werden. Weil die Komplexität geringer ist, haben Unternehmen eher den Mut, sich auf neues Terrain zu begeben. Etwa die Krankenversicherung, die ihren Kunden ermässigte Tarife verspricht, wenn sie jeden Tag mindestens 10 000 Schritte gehen. Ein zweiter Erklärungsversuch ist, dass im Bereich Healthcare und Versicherungen der Druck des Marktes, sich neu zu erfinden, grösser ist als in der Industrie.

Welche Trends gab es an der Technologiefront?

Im Bereich UI/UX haben wir gesehen, dass das User Interface einiger Apps sehr modern im Conversational-Stil aufgebaut ist, was gerade die erste Bedienung der App für neue User sehr einfach gestaltet. Leider gab es kein IoT-Projekt, bei dem Wearables mit AR- oder VR-Applikationen zum Einsatz kommen, obwohl es dafür vor allem im Service von komplexen Maschinen und Anlagen sehr viele Anwendungsmöglichkeiten gibt. Wir haben auch beobachtet, dass es im Bereich IoT in Zukunft nicht mehr ausreicht, nur ein ansprechendes UI zu bieten. IoT-Apps müssen in der Lage sein, schnell und einfach auf viele verschiedene Datenquellen und Inhalte zuzugreifen und diese auf einer Metaebene aggregiert darzustellen. IoT-Apps müssen zudem über Unternehmensgrenzen hinweg nutzbar gemacht werden, was neue Architekturen und Berechtigungskonzepte bedingen. Zu guter Letzt hatten wir auch die erste IoT-App, die sich der neuen Übertragungstechnologie des Low Power WAN, kurz Lora-WAN, bedient.

Sie werden an der Award-Nacht einen Vortrag zu den unternehmerischen Dimensionen des Internet of Things halten. Mit ­welchen IoT-Trends sollten sich Unternehmen in den nächsten Monaten auseinandersetzen?

Unternehmen sollten sich generell überhaupt mit den Themen IoT und Industrie 4.0 auseinandersetzen. Es reicht nicht mehr, nur darüber zu diskutieren, es müssen Initiativen und Projekte gestartet werden. Die Unternehmen, die das tun, werden einen grossen Vorsprung haben, da sie schneller verstehen, wie mithilfe von IoT Nutzen für sich sowie für Kunden und Partner realisiert werden kann. Produkthersteller werden mithilfe von IoT in der Lage sein, den Gesundheitszustand ihres Produkts in Echtzeit zu kennen und präventive Massnahmen einzuleiten, falls ein bestimmter Schwellwert über- oder unterschritten ist. Wir sehen auch die ersten Kunden, die mathematische Modelle ihrer Produkte bauen. Maschinen-Lern-Algorithmen werden dafür genutzt, Vorhersagen zu treffen, wann welche Komponente eines Produkts kaputtgeht. Für mich ist dies der erste Schritt in Richtung künstlicher Intelligenz.

Tags
Webcode
NW171630