Europa-Summit der Cloud Foundry Foundation

Das Who's who von Cloud Foundry trifft sich in Basel

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von Rüdiger Sellin

Der Cloud Foundry Summit ist für Endanwender und Entwickler von Cloud-Systemen die vielleicht wichtigste Veranstaltung in Europa. In Basel gab es etwa 200 Kurzpräsentationen und rund 1000 Besucher. Sie erfuhren an den Ständen der ausstellenden Firmen, welche Apps existieren und wie man sie betreibt – auf einer Plattform oder in Containern auf mehreren Clouds.

Über 50 Prozent der Fortune-500-Unternehmen und etliche Start-ups nutzen Cloud Foundry (CF), um Cloud-Anwendungen während ihres gesamten Lebenszyklus zu automatisieren, zu skalieren und zu verwalten. Abby Kearns, Executive Director von Cloud Foundry, freute sich in ihrer Eröffnungsrede am Cloud Foundry Summit in Basel über die zunehmende Beliebtheit ihrer Non-Profit-Organisation (NPO). Weltweit nutzen 61 Prozent aller Grossunternehmen, 25 Prozent der KMUs und 14 Prozent der Kleinunternehmen deren Plattformen.

Wurden 2017 noch 580 neue Services gelauncht, waren es 2018 bereits 5'600 Services. Ausser der US-Regierung gehörten Huawei, IBM, Pivotal, Suse, SAP, Swisscom und Atos zu den führenden Distributoren und Anwendern, sagte Kearns.

Von Interesse ist auch das Nutzungsverhalten der Firmen im Cloud-Computing, von denen 48 Prozent eine Multi-Cloud-Umgebung bevorzugen. Innerhalb dieser Gruppe verwenden 49 Prozent AWS, 42 Prozent VMware/vSphere, 28 Prozent Openstack, 26 Prozent Microsoft Azure, 23 Prozent Google Cloud und 20 Prozent IBM Cloud. Während 41 Prozent der Unternehmen die Public Cloud nutzen, betreiben 62 Prozent eine hauseigene Private-Cloud am Firmenstandort und 19 Prozent ausserhalb des Firmengeländes.

Hohe Agilität und Flexibilität

Nach Meinung von Kearns sind dabei die Branchen Automobil, Telekommunikation und Versicherungen/Finanzdienstleister die häufigsten Anwender. So hatte zum Beispiel Volkswagen bis vor wenigen Jahren keine eigene Anwendungsentwicklung und schloss sich Cloud Foundry an. Heute sind 250 Entwickler sowie 2400 Instanzen in fünf Regionen mit über einer Million Benutzern vernetzt.

Auch Orange France verzeichnet mehr als eine Million Benutzer und setzt auf Multi-Clouds unter Verwendung von Openstack, Cloudstack und vCloud/vSphere. Und in der "Digital Factory" der Allianz Versicherung entwickeln rund 350 Mitarbeiter sämtliche digitale Produkte in der Cloud, und zwar in Minuten statt wie bisher in mehreren Tagen.

Wie in anderen Bereichen üblich (SAP, Siebel, Cisco, etc.) gibt es neu zertifizierte CF System Integrators, welche die entsprechenden CF-Tools richtig einzusetzen wissen. Schlüsselelemente sind dabei die Funktionen CF Application Runtime, CF Container Runtime und CF BOSH.

Das Toolchain CF BOSH für das Release Engineering dient dem Deployment und Lifecycle Management kleiner und grosser Cloud-Software. BOSH kann Software über Hunderte von Virtual Machines bereitstellen und einsetzen. Zudem beinhaltet es die Überwachung und Fehlerbehebung und ist in der Lage, Software-Updates bei minimalen Ausfallzeiten durchzuführen.

Ein weiteres zentrales Element im Cloud-Umfeld ist Kubernetes, ein Open-Source-System zur automatisierten Bereitstellung, Skalierung und Verwaltung von Container-Anwendungen. Es wurde ursprünglich von Google entworfen und an die Cloud Native Computing Foundation gespendet, einer weiteren NPO im Cloud-Umfeld.

Cloud Foundry im Unternehmen

In neun Keynotes wurde am ersten Kongresstag beschrieben, wie man CF im geschäftlichen Umfeld einsetzen kann. IBMs Cloud-Foundry-Enterprise-Umgebung ermöglicht es Anwendern, isolierte CF-Umgebungen für das Hosting von Anwendungen ausschliesslich für ihre Unternehmen zu erstellen und zu verwalten. Die Lösung bietet On-Demand-Self-Service-Bereitstellung mit vollständigem Zugriff auf administrative Funktionen. Sie nutzt dazu den vollen Umfang von IBMs Cloud-Services und erlaubt es den Entwicklern, komplexe Anwendungen mit einer Vielzahl von Funktionen zu erstellen.

Bei der SAP Cloud Platform steht das Service Broker Management via CF und Kubernetes im Mittelpunkt. Bisher existierten hunderte von Anwendungen mit vermaschten Servern, was den Betrieb der Anwendungen kompliziert und schwerfällig gestaltete. Neu gibt es einen zentralen Service Manager, der die passenden Service Broker kontaktiert, um die gewünschten Services auszuwählen. Die Schnittstellen zu den Anwendungen wurden laut SAP nicht verändert, und auch die Protokolle zur Kommunikation zwischen den Servern blieben erhalten.

Unter dem Motto "Containers on Solid Grounds" berichteten Swisscom und Swiss Re von ihrer Reise zur Enterprise-Container-Adaption. Sie schliesst die Lücke zwischen Cloud Foundry PaaS und den Cloud-Infrastruktur-Diensten. Basierend auf dem Pivotal Container Service und Kubernetes entwickelte Swisscom einen Enterprise Container Service. Mit Swiss Re als ersten Kunden wurde eine kohärente und integrierte Cloud-Lösung geschaffen, die alle bisherigen Angebote abdecken soll. Dabei werden Infrastructure-as-a-Service-, Container-as-a-Service- und Plattform-as-a-Service-Lösungen von Swisscom genutzt, wobei die Anwendungen immer von Swiss Re gemanagt werden.

Christian Bach, Chief Application Architect von Swiss Re (links) und Egon Steinkasserer, Chief Product Officer Enterprise Customers von Swisscom (Bild: Rüdiger Sellin)

Die Hamburger Firma Kaiserwetter nutzt das Internet der Dinge (IoT), um die Folgen des allgegenwärtigen Klimawandels abzuschwächen. Als Anbieter von Data-as-a-Service (DaaS) erfasst Kaiserwetter Energie-, Zustands- und weitere Daten, unter anderem von Solarfarmen, Wasserkraftwerken und Windparks. Das Unternehmen stellt die Daten nicht nur den Betreibern, sondern auch Kapitalinvestoren oder Banken zur Verfügung.

DaaS soll Investmentrisiken reduzieren und mögliche Gewinne transparent darstellen können. Die dazu auf allen fünf Kontinenten eingesetzte IoT-Plattform Aristoteles nutzt die Cloud-Foundry-Architektur. Sie kann Multi-Clouds oder Private-Clouds verwenden. Laut Kaiserwetter lohnen sich die hohen Investitionen nicht nur für die Umwelt.

Neues aus der Cloud Foundry

Zwei der Project Management Committees (PMCs) gaben die Zustimmung zu den neuen Projekten Eirini und CF Containerization bekannt. Sie sollen zur weiteren Integration von Kubernetes mit CF-Technologien führen. Eirini ist ein Incubator-Projekt im PMC Application Runtime und CF Containerization im PMC BOSH. Die bereits im letzten Jahr angekündigte CF Container Runtime aus dem PMC Extensions profitiert ebenfalls von Kubernetes.

Eirini, mit Beiträgen von IBM, Suse und SAP, arbeitet daran, dass Betreiber und Produktanbieter Kubernetes als Container Scheduler für die Cloud Foundry Application Runtime nutzen können. Container Scheduler entwickeln sich zu einem Massenprodukt, so dass Kubernetes für zahlreiche Unternehmen bereits zum Standard geworden ist. So zielt das Projekt Eirini darauf ab, Softwareentwickler mit einem einfachen "CF Push" in die Lage zu versetzen, eine App in die Produktion auf Kubernetes zu überführen.

CF Containerization, ursprünglich von Suse entwickelt und der CF gespendet, wurde konzipiert, um CF BOSH Releases in Container zu packen und diese Container in Kubernetes bereitzustellen. Das Projekt soll es Betreibern ermöglichen, CF Application Runtime in vorhandenen Kubernetes-Clustern zu integrieren.

CFCR, von Google und Pivotal entwickelt und gespendet, möchte der CF Community Kubernetes-Cluster mittels BOSH bereitstellen. Dies vereinfacht und flexibilisiert die Bereitstellung und die Verwaltung von Containern in einer Enterprise-Umgebung.

Der chinesische Anbieter Huawei zählt mit seiner Huawei-Cloud neu zum Kreis der Anbieter von Cloud Foundry-Infrastruktur. Mit Blick auf die Marktgrösse und -bedeutung überrascht das kaum. Das Unternehmen ist seit 2015 CF-Mitglied und engagiert sich in den CF-Communitys BOSH, CPI und Open Service Broker API (OSBAPI). Huawei unterbreitete der OSBAPI-Community bereits eine Reihe von Verbesserungsvorschlägen, um die Richtigkeit und Standardisierung der Community-Konformitätstests zu gewährleisten. Der Provider bezeichnet sich als einziger kommerziell zertifizierter CF-Anbieter in Asien.

Gespräch mit dem CTO von Suse

Im Gespräch mit der Netzwoche berichtete Thomas Di Giacomo, CTO von Suse und Board Member bei CF und CNCF, über die Herausforderungen der noch jungen Cloud-Technologie. Neben technologischen gelte es auch kulturelle Hürden zu nehmen, etwa im Dreieck zwischen IT-Betrieb, Applikationsentwicklern und dem Netz-Engineering. Beim Thema Cloud rücken diese drei Fronten fast zwangsläufig enger zusammen.

Di Giacomo betonte, dass die Skepsis gegenüber Open-Source-Technologien unbegründet sei. Banken, Versicherungen, Börsen, das Gesundheitswesen sowie Regierungen und das Militär nutzen diese Technologien bereits, was auf einen hohen Sicherheitsstandard und Reifegrad schliessen lässt. Andererseits müssen die Applikationsentwickler sicherstellen, dass man zum Beispiel die alte Telekom-Welt in die neue Cloud-Welt in die Entwicklung einbezieht und behutsam überführt.

Thomas Di Giacomo, CTO von Suse und Board Member bei CF und CNCF (Bild: Suse)

Zudem führt die zunehmende Popularität von Cloud-Technologien bei Telkos wie Swisscom, Orange France, T-Systems/Deutsche Telekom, Telefónica und Vodafone dazu, dass sich die Türe zur Standardisierung leichter öffnet. Dies führt dazu, dass Open Source Communitys enger als bisher mit Standardisierungsgremien wie dem ETSI zusammenarbeiten.

Hier werde also eine weitere Brücke zwischen bisher getrennten Welten geschlagen, meinte Di Giacomo. Suse kann dabei auf seine rund 25-jährige Open-Source-Erfahrung zurückgreifen. Der Personalbestand nehme um 30 Prozent p.a. zu und man sei sehr erfolgreich unterwegs, was sich auch in den rund 50 Ländervertretungen zeige.

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