Swiss Payment Forum 2019

Warum sollten wir abwarten, bis andere uns zuvorkommen?

Uhr
von Nicole von Mulert, Event Director Payment & Banking, Projektleiterin des Swiss Payment Forum

Diese Frage stellte Ren Zhengfei, Gründer von Huawei, als Reaktion auf die Ankündigung der Einführung von Libra. Heute beschäftigen sich die Nationalbanken zahlreicher Länder mit der Einführung einer nationalen Kryptowährung. Während man mancherorts bereits mitten in Pilotprojekten steckt, haben andere bereits Kryptowährungen eingeführt und teilweise sogar schon wieder eingestellt. Wiederum andere befinden sich noch in der Evaluierungsphase.

Nicole von Mulert, Event Director Payment & Banking, Projektleiterin des Swiss Payment Forum. (Source: Swiss Payment Forum)
Nicole von Mulert, Event Director Payment & Banking, Projektleiterin des Swiss Payment Forum. (Source: Swiss Payment Forum)

Die Ankündigung von Facebook im Juni diesen Jahres, mit Libra im Jahr 2020 eine globale Kryptowährung einführen zu wollen, hat der Diskussion neuen Schwung verliehen und in den weltweiten Finanzmärkten für grosse Aufmerksamkeit gesorgt. Die Idee einer globalen Kryptowährung, die sich mit Bargeld und Staatsanleihen verschiedener Währungen absichert, ist sowohl bei Regierungs- und Notenbankchefs als auch bei Finanzmarktexperten auf wenig positive Resonanz gestossen.

Bedrohung der Finanzstabilität und Entwarnung

So äusserte etwa Benoît Coeuré, Mitglied des EZB-Direktoriums, dass er die Finanzstabilität bedroht sehe und fordert: "Wir müssen unsere Währungssysteme schneller und sicherer machen." Und der Direktor der EZB lässt verlauten, dass bei hoher Akzeptanz von Libra die Kon­trolle der EZB über den Euro sinken könne. Ebenso warnen auch Datenschützer und Finanzexperten vor der Dominanz des Internetkonzerns auf dem Finanzmarkt. Da lässt die Meldung vom 2. Oktober 2019 sicherlich so manchen aufatmen: Bislang hiess es, dass für die Gestaltung von Libra die Libra Association mit Sitz in Genf verantwortlich sei. Unter ihren Mitgliedern finden sich beispielsweise Unternehmen wie Facebook, Mastercard, Visa, Paypal und Uber. Nun distanzieren sich die beiden gros­sen Kreditkartenkonzerne vom Projekt. So äussert Alfred Kelly, CEO von Visa, es sei lediglich eine nicht-bindende Absichtserklärung unterzeichnet worden und Visa sei "kein Mitglied von irgendetwas". Für Facebook wäre ein Ausstieg von Visa und Mastercard ein grosser Verlust, da der Erfolg von Libra von einem guten Netzwerk der Finanzpartner abhängt.

Und was kommt als Nächstes?

Erleichtert können jetzt die Gegner von Libra aufatmen, die schon im Juni vor dessen systemischer Gefahr auf dem Finanzmarkt gewarnt haben. Die Finanzwissenschaftlerin Michaela Hönig (Frankfurt University of Applied Sciences) sieht eine Gefahr in der möglichen Manipulation durch Facebook und darin, dass sich Facebook & Co. zu einem grossen Vermögensverwalter entwickeln könnte. Allerdings ist sie auch der Ansicht, dass ein Verbot der Währung nicht viel bringe, da sonst eben ein anderes Unternehmen mit einer vergleichbaren Lösung auf den Markt käme. Dies führt wieder auf das Eingangszitat zurück: "Warum sollen wir abwarten, bis andere uns zuvorkommen?" Es ist davon auszugehen, dass zum Beispiel China trotz – oder gerade wegen – dieses Rückschlags für Libra an der Entwicklung einer eigenen Digitalwährung festhält.

Die Haltung der Schweiz

Und wie ist die Haltung der Schweiz? Die Schweiz gilt als Europas Blockchain- und Krypto-freundlichstes Land. Das Crypto Valley boomt, und die 50 grössten Blockchain-Unternehmen der Schweiz weisen einen Marktwert von über 40 Milliarden Dollar auf. Auch die Gründung der Libra Association als Schweizer Verein hat die internationale Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Die SNB hat mit der BIZ (Bank für Internationalen Zahlungsausgleich) die Eröffnung eines der ersten drei BIZ-Innovation-Hub-Zentren in der Schweiz vereinbart. Eines der ersten Forschungsprojekte wird die Prüfung der Integration von digitalen Zen­tralbankgeld in die DLT-Infrastruktur sein. Mit Spannung werden wir den Ergebnissen der Studie entgegensehen.

Webcode
DPF8_155171