Erster Prototyp innert weniger Tage

Genfer Professoren entwickeln Notfall-Beatmungsgerät

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Innerhalb weniger Tage haben Professoren und Assistenten der Genfer HEPIA einen Prototypen für eine Not-Beatmungsmaschine für das Universitätsspital entwickelt. Es ist quasi die automatisierte Version eines bislang manuellen Beatmungsgerätes. Ein verbundener Arduino-Mikrocontroller ermöglicht die Echtzeitüberwachung per Software.

Es war eine grosse Herausforderung, die Dr. Georg Ehret vom Genfer Universitätsspital (HUG) an die Professoren und Assistenten der Haute école du paysage, d’ingénierie et d’architecture (HEPIA) stellte. Innerhalb kurzer Zeit sollte der Prototyp eines Notfall-Beatmungsgeräts entstehen. 50 Stück davon sollten in den folgenden zwei bis drei Wochen für die Kliniken hergestellt werden können. Ein Multidisziplinäres Team der HEPIA sowie Mitarbeiter von Angara Technology, einem Start-up aus dem Inkubator Pulse der HES-SO Genf, nahmen sich der Anfrage an. "Ich war zunächst nicht davon überzeugt, dass es möglich sein sollte, diesen Prototypen in so kurzer Zeit zu entwickeln. Dann entdeckte ich ein ähnliches Projekt am MIT, das uns zum Teil inspiriert hat", sagt Nicola Giandomenico, ausserordentlicher Professor an der HEPIA und Leiter des Projekts, auf Anfrage.

Nach einigen Brainstorming-Sitzungen, die aufgrund der Social-Distancing-Massnahmen per Videokonferenz durchgeführt wurden, beschloss das Team, ein Modell eines manuellen Beatmungsgeräts, wie es Sanitäter verwenden, zu automatisieren. Jedes Teammitglied arbeitete dann an der Modellierung und Programmierung des Systems entsprechend seinen eigenen Fähigkeiten in Mechanik, Automatisierung und Elektronik. Angara Technology kümmerte sich in erster Linie um die IT-Komponenten des Projekts.

3-D-Druck und Arduino-Mikrocontroller

Innerhalb weniger Tage entwickelten die Projektmitarbeiter die elektronischen und mechanischen Bauteile. Die anschliessende Herstellung des Prototyps auf dem HEPIA-Gelände übernahmen kleine, sich abwechselnde Teams.

Der Mechanismus, der den Zylinder des Beatmungsgeräts betätigt, basiert auf einem einfachen Linearmotor. Die Presselemente seien teilweise mittels 3-D-Druck entstanden, erklärt Nicola Giandomenico. Die Aktivität des Beatmungsgeräts kann durch Druckmessung in Echtzeit kontrolliert werden. Ein Arduino-Mikrocontroller überwacht zudem die Anzahl der Atemzüge pro Minute, das Luftvolumen in Litern und das inspiratorische/exspiratorische Verhältnis.

Technische Dokumentation auf Github

"Bevor wir dieses Beatmungsgerät produzierten, stellten wir sicher, dass alle elektronischen Komponenten bei unseren üblichen Lieferanten erhältlich waren. Für die mechanischen Teile konnten wir auf die Zusammenarbeit mit der Schweizer Firma SMC zählen", sagt der Projektleiter. Die gesamte technische Dokumentation und der Code, der für die Herstellung dieses Notfall-Beatmungsgeräts verwendet wird, stehe jedem auf Github zur Verfügung, unterstreicht er. Zu beachten sei, dass die Geräte nicht behördlich geprüft wurden und dass nur Fachleute sie zusammenbauen und verwenden sollten.

Am HUG ist es derweil nicht zum Ausrüstungsengpass gekommen, auf den man mit der Neuentwicklung reagieren wollte. Da das Spital derzeit über genügend eigene Beatmungsgeräte verfügt, wurden noch keine grösseren Stückzahlen des Prototyps hergestellt.

Viele Institutionen entschieden sich kurzfristig, etwas gegen den sich abzeichnenden Engpass bei medizinischen Geräten zu unternehmen. So stellt der Tech-Konzern Apple etwa Gesichtsmasken her und Dyson produziert Beatmungsgeräte.

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