Mit "Sormas" gegen das Corona-Datenchaos

Update: Kantone und Bund einigen sich auf Corona-Software

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Die Behörden von Kantonen und Bund bewirtschaften künftig ihre Daten zu Corona mit einer gemeinsamen Software namens "Sormas". Sie ersetzt eine Vielzahl von bisher genutzten Lösungen und umfasst etwa auch einen vereinheitlichten Fragebogen für das Contact Tracing.

(Source: piranka / iStock)
(Source: piranka / iStock)

Update vom 07.08.2020: Kantone und Bund wollen ihre Daten in Zusammenhang mit dem Corona-Contact-Tracing einheitlich erfassen. Sie setzen dazu auf eine Software namens "Sormas" (kurz für Surveillance, Outbreak Response Management and Analysis System), wie die Behörde an einer Pressekonferenz am Mittwoch (im Video unten) bekanntgab.

Bislang habe man mit kleineren Tools, teilweise auch mit Excel-Listen, gearbeitet. Das neue IT-System biete eine bessere Skalierbarkeit und verbessere den Datenschutz. Zudem ermögliche es eine automatische Auswertung.

Bereits fertig sei ein Datensatz, mit dem die Kantone die Contact-Tracing-Daten einheitlich erfassen, führte Sang-Il Kim, Leiter Abteilung Digitale Transformation des BAG, an der Pressekonferenz aus. Im September sollte der Datenaustausch zwischen kantonalen Contact Tracern und der Bundesbehörde möglich sein.

Wie die Tagesschau des SRF berichtet, beinhaltet der Datensatz einen Fragebogen, den die Contact Tracer der Kantone mit den positiv auf Corona getesteten Personen durchgehen. Das Frageraster enthalte etwa 28 mögliche Ansteckungsorte. Damit sollten künftig genauere Informationen über häufige Ansteckungsquellen möglich sein. Gleichzeitig warnt das Bundesamt vor zu viel Optimismus: Es werde schwierig bleiben, mehr als 60 Prozent der Ansteckungsorte in Erfahrung zu bringen.

Originalmeldung vom 06.08.2020: So will das BAG das Corona-Datenchaos bändigen

Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) will eine nationale Datenbank mit Zahlen zum Corona-Contact-Tracing aufbauen. In dieser Datenbank sollen die von den Kantonen übermittelten Informationen zum Contact Tracing gebündelt werden. Das Ziel: eine bessere Datenlage, um die Ansteckungsketten gründlicher nachverfolgen zu können.

Das Vorhaben wird bekannt, nachdem die Behörde wiederholt fehlerhafte Daten kommuniziert hatte. Zuletzt musste das BAG falsche Zahlen von Ende Juli korrigieren, wonach sich die meisten Personen in Bars und Clubs mit dem Coronavirus ansteckt hatten. In Wahrheit kommt es im Familienumfeld zu den meisten rückverfolgbaren Ansteckungen, wie das "SRF" schreibt. Effektiv wisse das Bundesamt aber nur in jedem fünften Fall, wo sich eine Person angesteckt habe, berichtet der "Blick".

Mangelnde Datenlage, übertriebener Datenschutz

Derweil kritisieren verschiedene Fachpersonen den Umgang des BAG mit Daten. Laut dem Zuger Kantonsarzt Rudolf Hauri würden im Moment etwa nur die Anzahl der Quarantänefälle national zusammengeführt, nicht aber die Angabe zu den Gründen für die Quarantäne, schreibt der "Blick" weiter. Auch Martin Ackermann, der seit August die Corona-Taskforce des Bundes leitet, bemängelt gegenüber dem "Radio SRF", "dass wir in der Datenerhebung noch nicht dort sind, wo wir sein sollten". Um zielgerichtet intervenieren zu können, sei es absolut zentral zu wissen, wer sich wann und wo angesteckt habe.

Auch Taskforce-Mitglied Sebastian Bonhoeffer kritisiert gegenüber den "Tamedia"-Zeitungen die mangelnde Datenlage. Derzeit stünden die Ergebnisse der kantonalen Contact Tracer, "welche ja dazu da sind, die Ansteckungswege im Detail zu ergründen", nicht landesweit zur Verfügung. Die Kantone arbeiteten mit unterschiedlichen Systemen und entsprechend gestalte es sich schwierig, die Daten innert nützlicher Frist auf Bundesebene zu aggregieren. Ausserdem verweigere das BAG den Experten der Taskforce aufgrund datenschutzrechtlicher Bedenken den direkten Zugang zu weiterführenden Daten, heisst es weiter.

Rechtsanwalt und Datenschutzexperte Martin Steiger kritisiert die Haltung des BAG gegenüber "nau.ch". Dank speziellen Bestimmungen im Epidemiengesetz verfüge der Bund über grossen Spielraum bezüglich Datenschutz. "Es erscheint mir offensichtlich, dass das BAG eine verbesserte Daten- und Transparenzkultur benötigt", lässt sich Steiger zitieren.

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