Neuer Termin 2023

Update: Google duldet Drittanbieter-Cookies in Chrome länger als geplant

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von Rodolphe Koller und Ludovic de Werra und Übersetzung Eric Belot, kfi

Google verschiebt die Abschaffung von Drittanbieter-Cookies im Chrome Browser bis 2023. Gemäss dem Konzern benötigt es mehr Zeit für das Entwickeln und Testen von datenschutzwahrenden Alternativen.

(Source: Hanna Ferentc / iStock)
(Source: Hanna Ferentc / iStock)

Update vom 25.06.2021: Google hat die Blockierung von Drittanbieter-Cookies in Chrome um zwei Jahre verschoben. Der Tech-Gigant möchte sich gemäss Meldung von Cnet mehr Zeit nehmen, datenschutzwahrende Alternativen zu Cookies von Drittanbietern zu entwickeln und zu testen. Das Unternehmen argumentiert, es habe die Änderung verschoben, um einen besseren Kurs für Werbetreibende und alle anderen im Web festzulegen. Der Rauswurf der Cookies ist Teil einer Reihe von Anpassungen an der von Google sogenannten Privacy Sandbox.

Das US-amerikanische Technikportal The Verge beschreibt Googles Dilemma folgendermassen: Je mehr der Konzern das Tracking von Drittanbietern unterbindet, umso mehr bringt er andere Werbefirmen in die Bredouille und zwingt sie, auf alternative Tracking-Methoden umzusteigen. Somit steigt Googles eigene Dominanz im Werbebereich. Je weniger Google jedoch das Tracking einschränkt, desto eher gerät es in die Kritik, die Privatsphäre der Nutzerinnen und Nutzer nicht zu schützen.

"Wir müssen in einem verantwortungsvollen Tempo vorgehen, das genügend Zeit für öffentliche Diskussionen über die richtigen Lösungen für die Migration unserer Dienste zulässt", sagt Chrome Engineering Director Vinay Goel in einem Blogpost. "Dies ist wichtig, um die Geschäftsmodelle vieler Web-Publisher, die frei verfügbare Inhalte unterstützen, nicht zu gefährden."

Originalmeldung vom 12.03.2021:

Google will künftig "Herden" statt Individuen tracken

Im Januar 2020 hat Google angekündigt, bis 2022 alle Drittanbieter-Cookies aus seinem Chrome-Brower entfernen zu wollen. Die vergangenen Wochen lassen Schlussfolgerungen darüber zu, wie in Zukunft Google-Dienste ohne Cookies aussehen könnten. Erstens wird Google wohl nicht damit aufhören, Daten über Nutzerinnen und Nutzer der eigenen Dienste wie Youtube zu sammeln, um gezielte Werbung zu schalten. Zweitens entwickelt Google seit mehreren Jahren Tools, um Werbetreibenden Alternativen zu Cookies anzubieten, welche die Privatsphäre besser respektieren sollen. Einige dieser Werkzeuge könnten bald auf den Markt kommen.

Zwei Alternativen in der Entwicklung

Eine erste Alternative zu Cookies ist die Fledge-Technologie. Diese ermögliche einer Website, ihren ehemaligen Besuchern Werbung anzuzeigen, während diese auf anderen Websites surfen (Retargeting). Dabei werde die Werbung den Nutzern und Nutzerinnen als Gruppe ausgespielt anstatt als Individuen. Eine zweite Alternative zu Cookies ist die Floc-Technologie (Federated Learning of Cohorts). Diese spreche alle Personen mit ähnlichen Interessen als Gruppe an. Dabei sei die Privatsphäre der Nutzerinnen und Nutzer nicht in Gefahr, denn der Einzelne gehe "in der Menge unter" und die Daten würden lokal auf dem Gerät verarbeitet. Es gäbe also keine zentralisierte Speicher mit Nutzerdaten.

Google verspricht basierend auf eigenen Simulationen, dass die Floc-Technologie fast genauso gut funktioniere wie Cookies von Drittanbietern. Werbetreibende könnten im Vergleich zu Cookie-basierter Werbung mindestens 95 Prozent Konversionen pro ausgegebenem Dollar erwarten, sagt Chetna Bindra, Produktmanager für Vertrauen und Datenschutz bei Google. Die Funktion werde in der nächsten Version von Chrome zur Verfügung stehen. Werbetreibende könnten die Funktion ab dem zweiten Quartal nutzen.

Verhaltensbasiertes Targeting

Bei Floc handelt es sich um eine Schnittstelle zur Programmierung von Anwendungen (Application Programming Interface API). Diese basiert auf einem Zuweisungsalgorithmus. Sie läuft auf dem Gerät und weist den Benutzern jede Woche basierend auf deren Web-Browsing-Aktivitäten eine Gruppe zu. Werbetreibende können dann Gruppen von Nutzern, die basierend auf ihrem Web-Browsing ähnliche Interessen äussern, gebündelt ansprechen. Um dabei die Privatsphäre zu wahren, stelle Chrome sicher, dass jede Gruppe aus genügend Personen besteht.

Die Electronic Frontier Foundation (EFF), welche den Ruf hat, sich für Online-Freiheit stark zu machen, positioniert sich als Floc-Gegner. Die EFF glaubt, dass die Technologie Cookies und deren Eingriff in die Privatsphäre durch die Belästigung verhaltensbasierter Werbung ersetzen werde. Die Gruppierung sieht den Einsatz der Floc-Technologie entsprechend kritisch: "Das Verhalten eines jeden Benutzers folgt ihm von einer Seite zur anderen wie ein Aufkleber, auf den ersten Blick unscheinbar, aber bedeutungsvoll für diejenigen, die sich auskennen. Seine jüngste Geschichte, reduziert auf ein paar Bits, wird 'demokratisiert' und mit den Dutzenden von anonymen Akteuren geteilt, die an der Bedienung einer Webseite teilnehmen. Benutzer beginnen jede Interaktion mit einem Geständnis: 'Hier ist, was ich diese Woche getan habe, bitte behandelt mich entsprechend.'"

Die Organisation weist ausserdem darauf hin, dass Websites, die ihre Benutzerinnen und Benutzer kennen (beispielsweise weil diese ein Login haben), auch in der Lage sind, zu wissen, zu welcher Gruppe sie gehören und somit ihre Interessen kennen. Sie könnten darauf aufbauend auch Vermutungen anstellen, zu welchen demografischen Gruppen diese Benutzer gehören, oder durch Reverse Engineering ableiten, welche Websites sie besucht haben.

Seit der neuen EU-DSGVO sind Cookie-Banner auf fast jeder Website im EU-Raum zu finden. Diese sind wichtig, weil Nutzerinnen und Nutzer seit den neuen Datenschutzregelungen ihr Einverständnis für den Einsatz von Cookies geben müssen. Es gibt aber Tools, mit denen man seinen Browser gewissermassen auf Diät setzen kann. Welche das sind, können Sie hier nachlesen.

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