Studie von HSLU und e.foresight

Das sind die digitalsten Schweizer Retailbanken

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von Andreas Dietrich & Anja Leutenegger, ml

Anhand von 87 Faktoren hat das Institut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ in Zusammenarbeit mit e.foresight untersucht, wie hoch der Digitalisierungsgrad von 35 Retailbanken in der Schweiz ist. Analysiert wurden digitale Funktionalitäten, Dienstleistungen und Produkte. Die Resultate wurden anlässlich der IFZ-Konferenz "Innovationen im Banking" vorgestellt.

DIe UBS ist die digitalste Bank der Schweiz. (Source: AxxLC/ Pixabay.com)
DIe UBS ist die digitalste Bank der Schweiz. (Source: AxxLC/ Pixabay.com)

In den Medien gibt es immer wieder - teilweise schwierig nachvollziehbare - Bewertungen zu digitalen oder eben nicht digitalen Schweizer Retailbanken, wie Andreas Dietrich und Anja Leutenegger in einem Blogbeitrag der HSLU berichten. Im Rahmen einer Untersuchung des Instituts für Finanzdienstleistungen IFZ und des Digital Banking Think Tanks e.foresight der Swisscom sollte anhand von objektiv nachvollziehbaren Kriterien aufgezeigt werden, welche Banken tatsächlich einen höheren oder eben tieferen Digitalisierungsgrad aufweisen.

Vorgehen

Hierfür führten IFZ und e.foresight im April und Mai 2021 bei 35 Banken eine Untersuchung durch. Es wurde analysiert, welche (digitalen) Funktionalitäten, Produkte und Dienstleistungen für Privatkunden angeboten werden - digitale Angebote für Firmenkunden wurden explizit nicht berücksichtigt. Dadurch soll eine objektiv nachvollziehbare Grundlage für einen Vergleich zwischen den Banken geschaffen werden.

Die entsprechende systematische Erfassung von Funktionalitäten, Produkten und Dienstleistungen wurde in zwölf Themenblöcke "Funktionalitäten auf Website & generelle Serviceangebote", "E-Banking", "Mobile Banking", "Touchpoints und Kundeninteraktion", "Finanzieren", "Anlegen und Vorsorgen", "Zahlen", dem "Digitalisierungsgrad in der Filiale", "Bank-nahe Dienstleistungen", dem Einsatz von "Data Science/Analytics und Machine Learning", der "Automatisierung und Prozesseffizienz", und dem Einsatz von verschiedenen "Technologien" eingeteilt.

In Abbildung 1 sind die zwölf Themenblöcke ersichtlich. Die Anzahl der abgefragten Funktionalitäten pro Block ist jeweils in den Boxen unten rechts ersichtlich.

Abbildung 1: Messkonzept und Anzahl Fragen pro Block. (Source: HSLU)

Der Fokus der Analysen lag ausschliesslich auf den momentanen Verfügbarkeiten von Funktionalitäten. Auf eine Bewertung der Qualität der entsprechenden Angebote wurde verzichtet. Auch eine Bewertung des Nutzererlebnisses ("User Experience" UX) wurde in den Analysen der Studie nicht vorgenommen.

Um den Digitalisierungsgrad im Privatkunden-Geschäft der einzelnen Banken miteinander zu vergleichen, wurden zwei Werte berechnet. Bei Variante 1 wurden die Anzahl angebotener digitaler Funktionalitäten, Produkte und Dienstleistungen addiert. Bei Variante 2 wurden die einzelnen Themenblöcke basierend auf der Einschätzung der Studienverfasser unterschiedlich gewichtet. Die Gewichtung hat den Vorteil, dass gewisse Funktionalitäten eine höhere Bedeutung erlangen als andere an sich weniger wichtige Funktionalitäten (z.B. die Möglichkeit der Verlängerung einer Online Hypothek hat dadurch mehr "Wert" als die Möglichkeit, Fremdwährungen online bestellen zu können). Auf der anderen Seite ist die "Wichtigkeit" natürlich immer mit der subjektiven Einschätzung der Studienverfasser verbunden. Daher gibt es nachfolgend beide Ranglisten.

Der Maximalwert beträgt 87 Punkte (ungewichtete Variante) respektive 9.37 Punkte (gewichtete Variante) und wäre erreicht, wenn alle in dieser Studie untersuchten Funktionalitäten, Produkte und Dienstleistungen von einer Bank angeboten würden. Wie weiter unten schnell ersichtlich wird, ist der überwiegende Teil der Schweizer Banken derzeit noch weit davon entfernt, den Maximalwert zu erreichen.

Welches ist die digitalste Schweizer Retailbank? Die Ranglisten

Gemäss den Analysen der Studienautoren ergibt sich ein relativ klares Bild an der Spitze. Die UBS liegt unabhängig vom gewählten Ansatz ziemlich deutlich in Führung. Die Credit Suisse ist mit einem klaren Abstand auf UBS aber auch mit einem ziemlich deutlichen Vorsprung auf die drittklassierte PostFinance auf Rang 2. PostFinance, Raiffeisen und die Zürcher Kantonalbank liegen auf den Rängen 3 bis 5 ziemlich eng beieinander. Auf den Rängen 6 bis 13 liegen die Kantonalbanken aus Luzern, Waadt, Thurgau, St. Gallen, Baselland, Bern, Aargau und Zug. Mit der Valiant Bank und der Hypothekarbank Lenzburg haben es auch zwei Regionalbanken in die Top 15 geschafft. Die einzelnen Ränge variieren leicht zwischen den beiden Messmethoden. Die grundsätzliche Aussagekraft wird durch die Gewichtung der einzelnen Themenblöcke aber nicht bedeutend verändert.

Abbildung 2: Rangliste der digitalsten Retailbanken der Schweiz (linke Tabelle: Variante 1 - Ansatz mit Gewichtung, rechts: Variante 2 - ungewichtete Rangliste). (Source: HSLU)

Insgesamt kann man erkennen, dass grössere Banken (gemessen an der Bilanzsumme) auch ein grösseres digitales Angebot für ihre Privatkunden anbieten (vgl. Abbildung 3).

Abbildung 3: Digitalisierungsgrad nach Grösse (gemessen mit der Bilanzsumme). (Source: HSLU)

Sub-Rankings

Die Studienverfasser haben auch verschiedene Sub-Rankings für die oben vorgestellten zwölf Teilbereiche erstellt. Das sind einige ausgewählte Erkenntnisse daraus:

In Bezug auf das E-Banking schneiden die UBS (Nummer 1) und Raiffeisen (Nummer 2) am besten ab. Die Kantonalbanken aus Luzern, Thurgau und Aargau sowie PostFinance teilen sich den dritten Rang.

Im Mobile Banking teilen sich UBS und Raiffeisen den ersten Rang.

Im Bereich Anlegen und Vorsorgen sind PostFinance und UBS an der Spitze, gefolgt von der Credit Suisse und der Zürcher Kantonalbank.

Im Bereich Finanzieren ist die Credit Suisse mit deutlichem Abstand die Nummer 1 in der Schweiz.

Kombiniert man in einem Sub-Ranking die Touchpoints mit dem Digitalisierungsgrad der Filiale steht die Zuger Kantonalbank an der Spitze, gefolgt von UBS und PostFinance.

Fazit

Vor dem Hintergrund der aufgezeigten Resultate können folgende Konklusionen gezogen werden: Grössere Banken haben einen im Durchschnitt höheren Digitalisierungsgrad als kleinere Banken. Dieser Zusammenhang ist auch statistisch klar signifikant.

Ganz generell haben Schweizer Banken beträchtliche Luft nach oben. Im Durchschnitt bieten sie nur 31 von 87 untersuchten Funktionalitäten, Produkten oder Dienstleistungen an. Die digitalste Bank (UBS) erreicht aber immerhin 65 Punkte.

Die Kundenzufriedenheit muss nicht zwangsläufig mit den angebotenen digitalen Funktionalitäten korrelieren. Ein Blick in die Bewertung einzelner Mobile Banking Apps zeigt beispielsweise, dass die (temporäre) Zufriedenheit nicht unbedingt mit dem Funktionsumfang des Mobile Bankings in Zusammenhang stehen muss.

Auf die Frage eines Kommentarschreiber im HSLU-Blog, wo denn in diesem Ranking die Neo-Banken wie Neon, Yapeal und Zak abgeblieben seien, antwortet Andreas Dietrich: "Die haben wir in dieser Untersuchung noch nicht (oder nur am Rande) berücksichtigt. Kommt vermutlich in Zukunft noch."

Übrigens: Nicht nur die Retailbanken haben Nachholbedarf bei der Digitalisierung. Auch Schweizer Privatbanken hinken bei der Digitalisierung hinterher, wie eine kürzlich veröffentlichte Studie der Beratungsgesellschaft Columbus Consulting herausfand.

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