Swiss Smart City Survey der ZHAW

Smart-City-Aktivitäten nehmen in Schweizer Städten zu

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von Vicente Carabias-Hütter, Bernadette Sütterlin, Marisa Kappeler-Schudel und Leticia Müller, Institut für Nachhaltige Entwicklung, ZHAW School of Engineering

In der Schweiz steigt seit 2016 die Anzahl Städte, die sich aktiv mit dem Konzept "Smart City" beschäftigen und hierzu eine übergeordnete Strategie verfolgen. Dies zeigt der Swiss Smart City Survey der ZHAW, der zusammen mit einem grossen Partnernetzwerk erstmals durchgeführt wurde.

(Source: cofficevit / AdobeStock)
(Source: cofficevit / AdobeStock)

Was zeichnet eine Smart City aus? Dank Partizipation, Digitalisierung, Vernetzung und Effizienz kann sie zu mehr Lebensqualität sowie Nachhaltigkeit beitragen und den Ressourcenverbrauch reduzieren. Laut dem erstmals durchgeführten Swiss Smart City Survey ist in der Schweiz die organisationale Ausgestaltung von "intelligenten" Städten innerhalb der Stadtverwaltung aber noch eher gering. Zwar schätzt über die Hälfte der 84 teilnehmenden Städte das Thema Smart City als "wichtig" oder "sehr wichtig" ein, zum Zeitpunkt der Erhebung im Frühjahr 2020 verfügten aber erst 15 Städte (18 Prozent) über eine ausgearbeitete Smart-City-Strategie. Diese Zahl wird jedoch in den nächsten Jahren zunehmen: Bei 16 Städten (19 Prozent) ist eine Strategie derzeit in Erarbeitung.

Unterschiedliche Ausprägungen einer Smart City

Was den Smart-City-Entwicklungsstand von Schweizer Städten anbelangt, ist noch einige Luft nach oben. Auf dem Swiss Smart City Index erreichen Schweizer Städte im Durchschnitt einen Wert von 31 von möglichen 100 Punkten. Ein detaillierterer Blick auf die einzelnen dem Index zugrundeliegenden Themenbereiche zeigt, dass die Städte in den Bereichen Smart Environment, Smart Living und Smart People am weitesten entwickelt sind, wenn auch noch auf eher tiefem Niveau. Der Swiss Smart City Index berücksichtigt unter anderem die sechs Dimensionen des Smart City Wheels (Grafik). Die sechs Dimensionen wurden von den teilnehmenden Städten als ähnlich wichtig eingestuft, jedoch gibt es deutliche Unterschiede bezüglich der Anzahl an Projektvorhaben pro Dimension. Insgesamt wurden von den Städten 329 Projekte aufgezählt, die ihre konkreten Smart-City-Bemühungen hervorheben.

Mit 98 Projekten fallen bei den teilnehmenden Städten die meisten genannten Projekte in den Bereich "Smart Governance". Bei Smart Governance wurden Projekte zum Thema "Verwaltungsreform durch Digitalisierung" sehr häufig genannt. Das Konzept "E-Governance" wird beispielsweise von mehreren Städten eingesetzt und viele Städte engagieren sich bei der Bereitstellung von digitalen Dienstleistungen. Die Bereitstellung digitaler Dienste kann durch verschiedene Angebote geschaffen werden, wie Onlineschalter, Stadtmelder, Chatbots, "eBau" für digitale Baubewilligungen oder "eUmzug", um Umzugsmeldungen schalterfrei durchzuführen. Zum Thema Open Governance gibt es Initiativen, die Open-Data-Plattformen schaffen, sowie verschiedene Partizipationsmöglichkeiten, die eine Schnittstelle zum Bereich Smart People bieten.

In den Bereich Smart Environment fallen 76 der aufgezählten Projekte. Ein oft genanntes Projekt ist die Zertifizierung für ein Energiestadtlabel. Die meisten Projekte, die erneuerbare Energien fördern, finden sich im Bereich der Photovoltaik mit Projekten wie etwa der Solar Community. Weitere Projekte, die Ressourcenschonung als Ziel haben, finden sich in den Bereichen Smart Grids, Smart Metering, Smart Lighting und Wärmeverbünde. Im Bereich der Stadtplanung gibt es diverse Projekte, die den Standort durch digitale Stadtmodelle visualisieren. Zudem gibt es auch Projekte, die Grünräume planen und Stadtzentren weiterentwickeln. Waste Management ist bei vielen Projekten ein wichtiges Thema, das durch neue Abfallmanagementsysteme, Elektro-Kehrichtsammelfahrzeuge und die Digitalisierung der Abfallbewirtschaftung gefördert wird.

Smart Mobility zählt mit 68 aufgeführten Projekten zu den (zukünftig) mehr beachteten Themen. Durch die offene Aufzählung wurde klar, dass viele Städte an einer neuen Mobilitätsstrategie arbeiten, wobei Nachhaltigkeit durch effizientere Mobilitätssysteme gefördert werden soll. Viele Projekte sprechen von intermodalem Verkehr. Auf der einen Seite bedeutet dies, existierende Infrastrukturen des öffentlichen Verkehrs zu erweitern, wie etwa Echtzeitanzeigen oder Verlängerungen von Buslinien, Ausbau von Fahrradwegen und Integration von Bike-Sharing-Systemen.

Im Bereich Smart People, zu dem 40 Projekte aufgezählt wurden, ging es bei den meisten Projekten um verschiedene Mitwirkungsmöglichkeiten durch E-Partizipationsplattformen, Bevölkerungsbefragungen und Workshops. Andere Partizipationsinitiativen sind auf lokales Engagement durch Freiwilligenarbeit und Vernetzungsplattformen (z. B. Urdorfer helfen Urdorfern) aufgebaut. Zudem wurden auch Projekte zum Thema Bildung aufgezählt, wie ICT und Wi-Fi an Primarschulen und Weiterbildungsangebote wie etwa der ZHAW zu "Sustainable Smart Cities & Regions", die sowohl konzeptionelle Grundlagen als auch Themen wie Daten, Energie und Mobilität vertieft.

Bei Smart Living (33 Projekte) ist das Hauptthema die Steigerung der Lebensqualität. Verschiedene Projekte fördern smarte und integrierte Quartierentwicklung. Im Bereich Altersversorgung gibt es Projekte, die Robotik in der Altenpflege testen oder die Vernetzung von älteren Menschen fördern.

Im Bereich Smart Economy gibt es mit 14 Projekten im Vergleich zu anderen Bereichen nur wenige Initiativen. Bemerkenswerte Projekte arbeiten an der Einrichtung von Co-Working Spaces und Innovationslabs, wie etwa das Win.Lab-Reallabor in Winterthur.

Vorreiter zur Orientierung notwendig

Smart-City-Projekte werden überwiegend innerhalb der Verwaltung, von den Energieversorgern oder der Politik angestossen und orientieren sich vor allem an anderen Städten im In- und Ausland wie Winterthur oder Wien sowie an Zertifizierungen wie dem Energiestadt-Label. Zwei Drittel der Städte bestätigen, sich bei der Definition von Entwicklungs- oder Strategiezielen an anderen Gemeinden zu orientieren. Als Inspirationsquelle für weitere Städte werden auf dem interaktiven Dashboard zum Swiss Smart City Survey die Factsheets derjenigen Städte offengelegt, die dies erlauben. Bei vielen Smart-City-Themen arbeiten Behörden, Wirtschaft und Wissenschaft zusammen. Weitere Unterstützung wünschen sich die Städte vor allem vom Bund und von den Kantonen.

Swiss Smart City Survey

Der Swiss Smart City Survey wurde von Forschenden der ZHAW School of Engineering entwickelt, um den aktuellen Stand und die wachsenden Aktivitäten sowie Bedürfnisse rund um das Thema Smart City in der Schweiz zu erfassen. An der ersten Erhebung von Januar bis April 2020 beteiligten sich insgesamt 84 von 171 angefragten Städten und Gemeinden. Bei der Erarbeitung und Durchführung des Swiss Smart City Survey 2020 wurde die ZHAW von folgenden Partnern unterstützt: BFE Energie Schweiz, Swisscom, Akenza, SATW, SBB, Schweizerischer Städteverband, Smart City Hub Switzerland, EKZ und Smart City Alliance. Um die Veränderungen in der Smart-City-Landschaft der Schweiz festzustellen, soll der Survey regelmäs­sig durchgeführt werden. Die nächste Durchführung ist für 2022 geplant, denn innerhalb von zwei Jahren werden eine allgemeine Zunahme von Aktivitäten im Bereich Smart City und ein Fortschritt im Transformationsprozess erwartet. Zudem sollen weitere Städte zur Teilnahme ermutigt werden. Für die Durchführung des Vorhabens sind weitere Partner willkommen.

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