E-Accessibility

Barrierefreie Dienstleistungen als Grundlage für Inklusion

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von Markus Riesch, Leiter Geschäftsstelle E-Accessibility, Eidgenössisches Büro für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen EBGB

Für die öffentlichen Verwaltungen in der Schweiz gelten klare Regeln für den barrierefreien Zugang zu Webangeboten. Dennoch besteht Handlungsbedarf – vor allem die Gemeinden sind gefordert, Accessibility trotz knapper Ressourcen umzusetzen. Doch damit ist es nicht getan. Barrieren abzubauen und keine neuen zu errichten, ist eine Aufgabe für die gesamte Gesellschaft.

Die digitale Zugänglichkeit ist für eine selbstbestimmte Lebensführung zentral. Behörden sollen für alle da sein, dieser Grundsatz gilt schon lange. Der barrierefreie Zugang von Menschen mit Behinderungen zu digitalen Behördendienstleistungen wurde 2004 im Behindertengleichstellungsgesetz BehiG verankert. Zudem ist die Schweiz 2014 der UNO-Behindertenrechtskonvention beigetreten.

Die gesetzlichen Rahmenbedingungen, die konkreten Vorgaben und Massnahmen in den Behörden haben dazu geführt, dass der Zugang zu digitalen Dienstleistungen bei Bund und Kantonen auf einem guten Level sind, wobei nach wie vor Handlungsbedarf besteht. Vor grösseren Herausforderungen stehen die Gemeinden, wo aufgrund knapper Ressourcen, fehlendem Know-how oder Bewusstsein noch keine flächendeckende Barrierefreiheit erreicht werden konnte.

Erfolgsfaktoren

Folgende Punkte sind wichtig für eine Annäherung an eine inklusive Informationsgesellschaft:

  • Menschen mit Behinderungen ins Zentrum stellen: Der Einbezug von Menschen mit Behinderungen in der Gestaltung des digitalen Raums ist entscheidend.

  • Barrierefreiheit als lohnende Investition betrachten: Mehr Nutzende werden erreicht - Inhalte sind besser maschinenlesbar.

  • Barrierefreiheit ist kein Kostentreiber: Je früher die Barrierefreiheit in Projekten berücksichtigt wird, desto mehr Kosten können eingespart werden.

  • Einbezug in bestehende Strukturen und Prozesse: Barrierefreiheit muss noch weiter in allen Strukturen und Prozessen der Entwicklung digitaler Dienstleistungen integriert werden.

  • Barrierefreiheit in Aus- und Weiterbildung: Das Thema Barrierefreiheit sollte in vielen Berufs- und Hochschulausbildungen fester Bestandteil sein. Zudem braucht es spezialisierte Ausbildungen.

  • Konsequente Umsetzung: Digitale Dienstleistungen sind nur barrierefrei nutzbar, wenn der gesamte Prozess barrierefrei ist. Beispielsweise muss eine barrierefreie Online-Steuererklärung am Schluss auch barrierefrei elektronisch unterzeichnet und eingereicht werden können.

  • Standards stärken: Der Standard eCH-0059 ist für den Bund verbindlich. Kantone und weitere Behörden und Stellen können diesen auch als verbindlich übernehmen, sonst bleibt der Standard eine Empfehlung.

  • Barrierefreie digitale Kommunikation: Digitale Barrierefreiheit hat nicht nur eine technische, semantische oder visuelle Dimension, sondern auch eine inhaltliche. Inhalte in leichter Sprache oder in Form für von Gebärdensprachvideos sind ein wichtiger Aspekt einer barrierefreien digitalen Kommunikation.

  • Vernetzung und Sensibilisierung: In der Schweiz gibt es grossartige Projekte, Initiativen, Veranstaltungen oder Hilfsmittel zur Förderung der Barrierefreiheit. Diese sind aber kaum abgestimmt und gemeinsam vernetzt. Die Vernetzung der unterschiedlichen Akteure und die Vertretung gemeinsamer Interessen muss dringend gefördert und gestärkt werden.

Inklusion von allen für alle

Bund, Kantone und Gemeinden, aber auch konzessionierte Unternehmen und bundesnahe Betriebe sind gesetzlich verpflichtet, barrierefreie Dienstleistungen anzubieten. Für eine inklusive Informationsgesellschaft reicht das aber noch nicht. Für eine barrierefreie Gestaltung der digitalen Welt müssen wir als gesamte Gesellschaft Barrieren abbauen. Barrierefreiheit muss zur Selbstverständlichkeit werden, zum guten Ton gehören und von Grund auf immer gemeinsam mit Menschen mit Behinderungen angegangen werden.

Das Thema wird auch in der nächsten Phase der Behindertenpolitik des Bundes zentral sein, die zurzeit vom EBGB mit Partnern von Behörden, Zivilgesellschaft und Privatwirtschaft erarbeitet wird.

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