"SleepLoop"-​System

Den Tiefschlaf verstärken

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von Peter Rüegg, ETH Zürich

Forschende haben ein tragbares Gerät entwickelt, das Schlafenden gezielt bestimmte Töne einspielt, um den Tiefschlaf zu verstärken. Die erste klinische Studie damit zeigt nun: Es wirkt, aber nicht bei allen gleich gut.

Das von ETH-​Forschenden entwickelte SleepLoop-​System gibt zum richtigen Zeitpunkt einen Ton ab, um die langsamen Gehirnwellen zu verstärken. (Source: SleepLoop)
Das von ETH-​Forschenden entwickelte SleepLoop-​System gibt zum richtigen Zeitpunkt einen Ton ab, um die langsamen Gehirnwellen zu verstärken. (Source: SleepLoop)

Viele Menschen, besonders die älteren, leiden unter Schlafproblemen. Vor allem die Tiefschlafphasen werden im Alter im kürzer und weniger tief. Tiefschlaf ist jedoch wichtig für die Regeneration des Gehirns und des Gedächtnisses, und er beeinflusst auch das Herz-​Kreislaufsystem positiv.

Schlafmedizinerinnen und Schlafmediziner haben jedoch nachgewiesen, dass sich die Qualität des Tiefschlafs verbessern lässt, wenn man Schlafenden zum richtigen Zeitpunkt bestimmte Tonsignale ins Ohr einspielt. Im Schlaflabor unter kontrollierten Bedingungen funktioniert das gut, allerdings gab es bisher keine alltagstaugliche Lösung, die Betroffene auch über längere Zeit als nur eine Nacht zuhause anwenden können.

SleepLoop soll Abhilfe schaffen

Forschende der ETH Zürich haben deshalb in den vergangenen Jahren im Rahmen des Projekts SleepLoop (siehe Kasten) ein mobiles System entwickelt, welches daheim unter Alltagsbedingungen verwendet werden kann und das gleiche bezweckt: die Förderung des Tiefschlafs durch auditive Hirnstimulation.

Das SleepLoop-​System besteht aus einem Stirnband, welches beim zu Bettgehen aufgesetzt und im Schlaf getragen wird. In diesem Stirnband sitzen Elektroden und ein Mikrochip,  welche permanent die Hirnaktivität der schlafenden Person messen. Die Daten werden auf dem Mikrochip autonom mit eigens entwickelter Software  in Echtzeit ausgewertet. Sobald die schlafende Person Gehirnaktivitäten aufweist, die für den Tiefschlaf charakteristisch sind, sogenannte Tiefschlafwellen, löst das System ein kurzes auditives Signal (ein Klicken) aus. Dadurch synchronisieren sich die Nervenzellen, was  die Tiefschlafwellen verstärkt. Das Besondere daran ist, dass der oder die Schlafende dieses Geräusch während des Tiefschlafs nicht wahrnimmt.

Erste klinische Studie

Mit diesem Gerät haben nun Forschende der ETH Zürich und des Universitätsspitals Zürich unter der Leitung von Caroline Lustenberger, Gruppenleiterin an der Professur für Neuronale Bewegungskontrolle, erstmals eine klinische Studie durchgeführt. Die Ergebnisse wurden soeben in der Fachzeitschrift "Communications Medicine" veröffentlicht.

Für diese Studie wurden Probandinnen und Probanden mit dem SleepLoop-​System ausgerüstet; ihr Alter lag zwischen 60 und 80 Jahren. Die Teilnehmenden bedienten das System selbst. Dieses ist darauf ausgelegt, dass es sich auch von technisch wenig versierten Nutzer:innen selbständig anwenden lässt. "Das klappte sehr gut. Wir hatten erstaunlich wenig Datenverlust und die Studienteilnehmenden haben das Gerät als benutzerfreundlich eingestuft", resümiert Lustenberger.

Haube auf vor dem zu Bettgehen: Das Gerät ist dafür ausgelegt, dass es möglichst leicht bedienbar ist. (Source: SleepLoop)

Die Probanden und Probandinnen trugen das Gerät insgesamt vier Wochen lang; zwei Wochen lang wurde jede Nacht stimuliert, und zwei Wochen lang erhielten sie keine Stimulationen. Weder die Probandinnen noch die Experimentatoren wussten, in welchen zwei Wochen die auditive Signale eingespielt wurden und in welchen nicht.

Auditive Stimulierung ist tatsächlich machbar

Die Resultate von 16 Probandinnen und Probanden zeigen, dass sich der Tiefschlaf bei den meisten durch auditive Signale tatsächlich verstärken liess. Die individuellen Unterschiede waren jedoch gross. Einige der Studienteilnehmenden sprachen sehr gut auf die Stimuli an, andere hingegen wenig oder gar nicht.

Ob eine Person auf einen Stimulus reagierte, hängt laut Lustenberger nicht von der täglichen Verfassung ab. "Einige Leute reagierten generell gut auf die Stimuli und zeigten klar verstärkte Tiefschlafwellen, andere zeigten keine Effekte auf die Stimuli, und zwar unabhängig von ihrer Tagesform."  

Die Forschenden haben diese individuellen Unterschiede dafür genutzt, um die Vorhersagen, wie jemand auf den auditiven Stimulus reagiert, zu verbessern. Dies wiederum hilft ihnen bei der Optimierung und Verbesserung von SleepLoop.

Kommerzialisierung auf gutem Weg

Derzeit ist ein eigens dafür gegründetes Spin-​off, die Firma Tosoo, daran, das Gerät weiterzuentwickeln und es zur Marktreife zu führen. Schon jetzt ist klar, dass es nicht frei erhältlich sein wird, sondern nur über eine ärztliche Verordnung.

"Es handelt sich um ein Medizinaltechnikprodukt, nicht einfach ein Wellness-​Konsumgut, das man sich im Internet kaufen kann, wenn man schlecht schläft", betont Walter Karlen, der die Technik an der ETH Zürich entwickelte. Seit Mai 2021 arbeitet Karlen an der Universität Ulm, wo er zum Direktor des Instituts für Biomedizinische Technik berufen wurde. Die Verwendung des Geräts müsse medizinisch angezeigt sein und von einem Arzt oder einer Ärztin begleitet werden, sagt er. Die Weiterentwicklung der Technologie geht nun auch in Ulm weiter.

Flagship-​Projekt SleepLoop

SleepLoop wurde 2017 durch den Forschungsverbund Hochschulmedizin Zürich lanciert. Initiiert wurde das Projekt von Forschern des Interdisziplinären Zentrums für Schlafmedizin am Kinderspital Zürich und von der Klinik für Neurologie des Universitätsspitals Zürich. Hauptverantwortlich für die Technologieentwicklung war das Labor für Mobile Gesundheitssysteme der ETH Zürich. An SleepLoop beteiligt sind insgesamt 16 Forschungsgruppen der ETH, der Universität Zürich und der Universität Ulm.

Literaturhinweis

Lustenberger C, Ferster ML, Huwiler S. et al. Auditory deep sleep stimulation in older adults at home: a randomized crossover trial. Commun Med 2, 30 (2022). doi: 10.1038/s43856-​022-00096-6call_made

Dieser Beitrag ist zuerst auf ETH News erschienen.

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