Luftraum-Überwachungssystem Skyview

IT-Projekt der Armee wird doppelt so teuer wie gedacht

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von Maximilian Schenner und jor

Das Luftraum-Überwachungssystem Skyview für die Schweizer Armee wird deutlich teurer als geplant. Statt der ursprünglich bewilligten 155 Millionen Franken soll das Projekt nun 314 Millionen Franken kosten, also mehr als doppelt so viel. Das VBS hat eine externe Untersuchung beauftragt.

(Source: Claudia Christen)
(Source: Claudia Christen)

Der ganze Himmel über der Schweiz auf einen Blick: Das verspricht sich die Schweizer Armee vom Luftraum-Überwachungssystem Skyview, welches sie in Zukunft einsetzen will. Das Eidgenössische Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) entschied sich 2019 für die Software aus Frankreich. Jetzt ziehen über dem IT-Projekt allerdings dunkle Wolken auf.

Skyview soll das Departement teurer zu stehen kommen als erwartet. Zu den ursprünglich bewilligten 155 Millionen Franken sollen weitere 159 Millionen dazukommen, wie eine Recherche des "SRF" zeigt. Die Begründung des VBS: Das "einsatzkritische Echtzeitsystem" stelle höhere Herausforderungen an die Rechenzentren als angenommen. Das verursache Mehrkosten in den Bereichen Netzwerk und Verschlüsselung, aber auch für zusätzliche Hardware in den Rechenzentren selbst.

Skyview ermöglicht Kommandanten und Luftverkehrsleitern in den Einsatzzentralen ein Bild der Luftlage. Auch Kampfjet-Einsätze am Schweizer Himmel sollen mit dem System vom französischen Hersteller Thales geleitet werden.

Risiken waren bekannt

2020 habe das VBS noch selbst die Risiken des Projekts benannt. So sei etwa noch offen gewesen, ob das System bei seiner Einführung schon zur Gänze auf den Rechenzentren des Departements laufen könne. "Die Einführung bei laufendem Betrieb ist für die Nutzerinnen und Nutzer wie für den Hersteller eine grosse Herausforderung", zitiert "SRF" aus der damaligen Armeebotschaft. Verzögerungen oder Anpassungen der Software könnten zu Mehrkosten führen, habe das VBS weiter beschrieben. Um sich für diesen Fall zu rüsten, sei damals ein Risikozuschlag von 10 Millionen Franken eingeplant worden.

Der Risikofall ist nun eben eingetreten - die Kosten sind jedoch 16-mal so hoch wie gedacht.

Es ist dies nicht der erste Fall von Anschaffungs-Problemen in Bezug auf die Armee-IT: Erst im April 2022 hatte das VBS Probleme mit einem IT-Projekt, damals bezüglich der Beschaffung dreier neuer Armee-Rechenzentren.

Kampfjet als Grund für Mehrkosten?

Weiter wirft "SRF" die Frage auf, ob auch der umstrittene Kampfjet F-35 sowie das Luftabwehrsystem Patriot, beides in den letzten Jahren beschafft, zu den Mehrkosten beitragen könnten Der F-35, auch als "fliegender Datenstaubsauger" bezeichnet, sammelt mit seinen Sensoren Unmengen an Daten - diese müssen an den Boden übertragen werden, um sie dort zu verarbeiten. Auch das Luftabwehrsystem brauche aufgrund seiner leistungsstarken Radare breite Datenleitungen und hohe Rechenleistung.

Auf Anfrage des "SRF", ob es für die Einpflegung von F-35 und Patriot in Skyview und die Armee-IT Anpassungen brauche, gab das VBS keine Antwort, wie es in dem Artikel heisst. In der Vergangenheit habe das Departement aber beteuert, eine derartige Integration sei ohne Mehraufwand möglich. Die Beschaffung des Kampfflugzeugs und des Abwehrsystems Patriot war wie die von Skyview Teil der Kampagne "Air 2030 - Schutz des Luftraumes" der Schweizer Armee.

Die Integration des Kampfjets F-35 könnte zu den Mehrkosten beitragen. (Source: Lockheed Martin photo by Liz Lutz / VBS)

Parlament wird Kredit wohl bewilligen

Das VBS werde die zusätzlichen 159 Millionen Franken in der nächsten Armeebotschaft beantragen. 61 Millionen davon sollen in Skyview fliessen, gab das Departement gegenüber "SRF" an. Die übrigen 98 Millionen wolle das VBS in neue Hardware und den Ausbau der Rechenzentren investieren - also indirekt ebenfalls in das Überwachungssystem.

Einschätzungen des "SRF" zufolge wird das Parlament den Zusatzkredit wohl oder übel bewilligen. Als Referenzwert dient hier das elektronische Armee-Führungssystem FIS Heer, für das der Bund 125 Millionen Franken zusätzlich zur Verfügung stellte. Ein Überwachungssystem wie Skyview sei für die Luftwaffe ausserdem essenziell - ohne eines dazustehen, wolle die Politik nicht riskieren. Ein Abbruch des Projekts ist somit unwahrscheinlich.

Bundesrätin Viola Amherd hat eine externe Prüfung des Projekts eingeleitet. (Source: VBS/DDPS - ZEM)

Bundesrätin Viola Amherd, Vorsteherin des VBS, hat gemäss "SRF" eine externe Prüfung des Projekts bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft BDO beauftragt. "Geprüft wird, ob und wenn ja, welche Fehler begangen worden sind und der Umgang mit Risiken nachvollziehbar war und allenfalls Fehler gemacht worden sind. Zudem wird untersucht, wie zukünftig ein solcher Mehrbedarf verhindert werden kann", schreibt das VBS zum Prüfungsauftrag. Die Resultate der Untersuchung sollen dann auch der Öffentlichkeit kundgetan werden.

Von Bedrohungen im Luftraum zu Bedrohungen im Cyberspace: Die Schweizer Armee ist bald um ein Cyberkommando reicher. Der Ständerat hat im März 2022 eine entsprechende Gesetzesänderung gutheissen. 2024 soll das Kommando einsatzbereit sein. Lesen Sie hier mehr dazu.

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