Kilian Eyholzer im Interview

Darum hat Victorinox einen eigenen Geschäftsbereich für Transformation gegründet

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Zu Beginn des Jahres hat Victorinox den neuen Geschäftsbereich Transformation & Technology gegründet. Warum, welche Rolle automatisierte Geschäftsprozesse beim Schweizer Unternehmen spielen und wo die Herausforderungen bei der Etablierung solcher Prozesse liegen, sagt Kilian Eyholzer, Chief Transformation & Technology Officer bei Victorinox.

Kilian Eyholzer, Chief Transformation & Technology Officer bei Victorinox. (Source: zVg)
Kilian Eyholzer, Chief Transformation & Technology Officer bei Victorinox. (Source: zVg)

Warum hat Victorinox einen neuen Geschäftsbereich gegründet?

Kilian Eyholzer: Die digitale Transformation kann nicht isoliert in einzelnen Geschäftsbereichen umgesetzt werden; ein firmenübergreifender Ansatz ist nötig. Deshalb haben wir bereits 2020 das Digital Business Transformation Team als Stabsstelle des CEO gegründet. Per Anfang Jahr wurde dieses Team mit den IT- und Data/BI-Teams zusammengeführt, um Synergien noch besser zu nutzen. Unser Ziel ist es, T&T als vertrauenswürdigen Partner des Business, aber auch als Innovator zu etablieren. Den Namen Transformation & Technology haben wir bewusst gewählt, denn Technologie alleine führt nicht zum Erfolg. Es braucht darüber hinaus eine Transformation der Kultur, des Mindsets und eine Entwicklung der digitalen Fähigkeiten aller Mitarbeitenden, um für die neuen Anforderungen des Marktumfelds bereit zu sein. Das positive Feedback der Kolleginnen und Kollegen aus unseren Geschäftsbereichen ermutigt uns und bestätigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind.

Wo wurden in der Firma zuletzt Geschäftsprozesse automatisiert?

Einerseits optimieren wir laufend die kundenbezogenen Prozesse, z.B. im Bereich eCommerce und Marketing Automation. Ein neues CRM-System für unser B2B Sales Geschäft haben wir 2022 erfolgreich eingeführt. Mit ausgewählten Kunden tauschen wir Daten via EDI aus. Unsere sehr beliebte 3D-Konfiguratorlösung für Offertanfragen im Werbemittelgeschäft rollen wir auf zahlreiche Märkte aus. Andererseits wurden auch interne Prozesse in Logistik, Finanzen und HR digitalisiert und automatisiert, z.B. die Erfassung von Eingangsrechnungen oder die Lohnabrechnung. Natürlich laufen auch in unserer Produktion viele Prozessschritte automatisiert, d.h. Produktionsaufträge werden an- und abgemeldet und mittels Leitstand visualisiert, Maschinen produzieren vollautomatisiert Teile und Unterbrüche von Produktionsmaschinen oder Robotern werden überwacht.

Wie haben sich diese automatisierten Geschäftsprozesse bisher bemerkbar gemacht?

Automatisierte Geschäftsprozesse entlasten uns von manuellen Tätigkeiten und reduzieren zudem die Fehleranfälligkeit. Zudem steigt die Zufriedenheit der Mitarbeitenden, da repetitive Aufgaben wegfallen oder zumindest reduziert werden.

Was sind die grössten Herausforderungen beim Etablieren automatisierter Geschäftsprozesse?

Auf Bedenken und Fragen von Mitarbeitenden muss proaktiv eingegangen werden. Es hilft, das "Warum" bzw. die Ziele einer Optimierung zu erklären und die Vorteile für das Unternehmen und idealerweise auch für die Mitarbeitenden aufzuzeigen. Schlussendlich besteht erfolgreiche Transformation zu einem sehr grossen Teil aus Kommunikation.

Wie gelangt man zu der Entscheidung, wo Geschäftsprozesse automatisiert werden?

Wir haben innerhalb Transformation & Technology eine serviceorientierte Struktur aufgebaut. Unsere Service Owners, die bestimmte Applikationen oder Prozesse verantworten, tauschen sich regelmässig mit den Businessverantwortlichen aus und definieren gemeinsam die Prioritäten. Sollte es unterschiedliche Meinungen bezüglich Prioritäten geben, ist die Geschäftsleitung unser oberstes Entscheidungsgremium.

Hat eine Automatisierung auch schon nicht den erwünschten Effekt gebracht? Warum?

Ja, das kam auch bereits vor. Unsere Kollegen in den USA hatten beispielsweise eine OCR-Lösung im Einsatz, um eingehende Bestellungen automatisiert und ohne manuelle Eingriffe verarbeiten zu können. Das Team kam kürzlich zur Erkenntnis, dass die Lösung nicht die erwarteten Benefits brachte, da lediglich ein ungenügender Grad der Standardisierung und Automatisierung erreicht werden konnte und Kosten und Nutzen nicht im Einklang waren.

Bringen automatisierte Geschäftsprozesse auch einen Mehraufwand mit sich? Welchen?

Der Mehraufwand kann in einer Anfangsphase gegeben sein, beispielsweise aufgrund der Analyse von bestehenden Prozessen und der Erhebung von Optimierungsmöglichkeiten. Auch kann es bei der Einführung neuer Prozesse zu Mehraufwänden kommen, z.B. im Testing, im Training und in der Hypercare-Phase nach dem Go-Live, bis sich die neuen Prozesse eingespielt haben.

Welche Geschäftsprozesse sollen bei Victorinox als nächstes automatisiert werden?

Wir sehen derzeit grosses Potential in der weiteren Digitalisierung und Automatisierung der Verkaufs-/Bestelleingangsprozesse mit unseren Wiederverkäufern. Während wir unseren Endkunden bereits seit 2015 die Möglichkeit von Online-Bestellungen bieten, wird auf der B2B-Seite noch zu oft Telefon und E-Mail genutzt, was hohe manuelle Aufwände in unserem Innendienst mit sich bringt.

Unabhängig von Zeit, Geld oder Aufwand: Welche Geschäftsprozesse würden Sie bei Victorinox am liebsten automatisieren?

Wir haben in verschiedenen Bereichen noch viel Potential. Wie bereits erwähnt sehen wir weitreichende Möglichkeiten in der Optimierung des Bestelleingangs unserer B2B-Kunden. Darüber hinaus sind wir gerade in den Bereichen Finanzen und HR teilweise noch papierlastig bzw. mit PDF-Formularen unterwegs. Die Spesenabrechnung beispielsweise ist ein Prozess, der durch intelligente digitale Lösungen optimiert werden kann.

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