Tech-Konzern widerspricht

Mitarbeitende behaupten, Huawei ziehe sich aus Europa zurück

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von Adrian Oberer und yzu

Gemäss einem Bericht von "Politico.eu" will Huawei den europäischen Markt grösstenteils aufgeben. Der heimische Markt soll den von Sanktionen geplagten Konzern retten. Huawei will nichts von einem Rückzug aus Europa wissen.

Die Forschungseinrichtung von Huawei in Schweden. (Source: zVg)
Die Forschungseinrichtung von Huawei in Schweden. (Source: zVg)

Der chinesische Hersteller von Smartphones und ICT-Hardware Huawei sei dabei, sich aus dem europäischen Markt zurückzuziehen. Das berichtet zumindest das US-Magazin "Politico.eu". Demnach reduziert das Unternehmen seine Lobbyarbeit und Aktivitäten im Westen deutlich. Den Anspruch, ein Weltmarktführer zu sein, habe der Tech-Konzern aufgegeben. Huawei will nichts davon wissen und widerspricht den Darstellungen von "Politico.eu".

Die Gründe für den Rückzug seien aber nicht unternehmerischer oder wirtschaftlicher Natur: Huawei sieht sich seit Jahren mit wachsender Skepsis westlicher Länder konfrontiert, wie "Politico.eu" schreibt. Die US-Regierung unter Donald Trump verschärfte 2020 die Sanktionen gegen den Hersteller drastisch, nachdem sie im Jahr zuvor bereits weitreichende Importverbote gegen Huawei-Produkte eingeführt hatte. Mittlerweile ist auch der Verkauf von Huawei-Geräten in den USA verboten.

Auch in Europa scheinen die Bedenken gegenüber dem chinesischen Hersteller zu wachsen. Unter der Johnson-Regierung entschied das Vereinigte Königreich beispielsweise, sämtliche bereits installierte Huawei-Hardware aus den 5G-Netzen des Landes zu entfernen, wie "Reuters" schreibt. Auch in der Schweiz werden Stimmen gegen den Hersteller laut: Die SP forderte den Bundesrat im Frühjahr dazu auf, keine Technologien des Unternehmens mehr zu verwenden. Einzig in Deutschland, Spanien und Ungarn bleibt der Hersteller weiterhin präsent, da diese Länder dessen Produkte offenbar nicht als Sicherheitsrisiko sähen, wie der "Der Standard" berichtet.

Die Auswirkungen auf Märkte und Lieferketten der Corona-Pandemie und der russischen Invasion der Ukraine hätten in Europa zudem die Furcht vor einer übermässigen Abhängigkeit von autoritären Ländern wie China zusätzlich verstärkt.

Überlebenssicherung

"Es ist nicht länger ein Unternehmen, das auf der Welle der Globalisierung reitet", zitiert "Politico.eu" einen nicht namentlich genannten Huawei-Manager. "Es ist ein Unternehmen, das seinen Allerwertesten auf dem heimischen Markt rettet."

Weniger direkt sagte es gemäss "Politico.eu" der Huawei-Gründer Ren Zhengfei während einer Ansprache vom vergangenen Juli in Shenzhen. "Das Umfeld, mit dem wir 2019 konfrontiert waren, war ein anderes als das, mit dem wir heute konfrontiert sind. Gehen Sie nicht davon aus, dass wir eine bessere Zukunft haben werden'', soll er am Hauptsitz des Unternehmens gesagt haben.

Dass Huawei den europäischen Markt mehrheitlich aufgibt, soll auch die regionale Managementebene zeigen: In London habe der UK-Kommunikationsverantwortliche Paul Harrison seinen Posten bereits im Oktober geräumt. In Paris hätten seit diesem Sommer die Leiterin des Pariser Büros Linda Han, der Marketing- und Kommunikationsverantwortliche sowie der "Head of Government and Security Affairs" das Unternehmen verlassen.

Noch vor wenigen Jahren habe Huawei massig europäische Führungskräfte rekrutiert und ihnen auch Gehör geschenkt. Gemäss dem Bericht von "Politico.eu" ist dies heute nicht mehr der Fall. Zudem unterstellte der Konzern das Brüsseler Büro - einst der Lobby-Hub des Unternehmens in Europa - der deutschen Niederlassung in Düsseldorf.

Huawei widerspricht

Über die offiziellen Kommunikationskanäle bestreitet Huawei einen Rückzug aus dem Europäischen Markt, wie "Politico.eu" schreibt. Demnach sagte ein Sprecher von Huawei Europe in einem autorisierten Interview, dass es sich bei den Personalabgängen um "normale Fluktuation" handle.

Das Unternehmen sei aber gerade dabei, seine europäischen Operationen neu zu strukturieren: Huawei plane, das bisher in West- und Osteuropa aufgeteilte Geschäft zu konsolidieren - mit dem regionalen Hauptsitz in Düsseldorf.

Die Restrukturierung "wird uns dabei helfen, mehr Synergien innerhalb des gesamten europäischen Geschäftsbetriebs zu erzielen; wir werden unseren Kunden hier in Europa einen grösseren Mehrwert bieten", soll der Europa-Sprecher gesagt haben.

In der Schweiz deutet nichts auf einen Rückzug von Huawei hin. Erst Ende November dieses Jahres ernannte der Tech-Konzern mit Michael Yang einen neuen CEO für die hiesige Ländergesellschaft. Mehr dazu lesen Sie hier.

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