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So gelingt die Workation

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Eine Workation, also Remote Work in Kombination mit Ferien, soll Entspannung in den Alltag bringen. Damit dies gelingt, gilt es zuvor einige rechtliche Hürden zu überwinden. Auch das Reiseziel will wohlüberlegt sein.

(Source: freebird7977 - stock.adobe.com)
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Die Füsse im Sand, die Finger am Laptop: Das Konzept einer "Workation" ist verlockend. Der Begriff setzt sich aus den Worten "Work" und "Vacation" zusammen, steht also für das Arbeiten in Kombination mit der Entspannung eines Urlaubs. In Zeiten von Hybrid Work stellen sich wohl viele Angestellte die Frage: Wenn ich nicht im Büro sein muss, kann ich dann nicht einfach im Ausland vor dem Laptop sitzen?

Grundsätzlich erlaubt, aber …

"Das Arbeiten aus dem Ausland ist erlaubt, wenn der Arbeitgeber dem zustimmt, der Umfang nicht mehr als 20 Prozent der Gesamtarbeitszeit überschreitet und die eventuell nötige Arbeits- und Aufenthaltsgenehmigung für das Ausland vorliegt", sagt Rechtsanwältin Franziska Pertek. Letzteres gelte vor allem, wenn die Workation ausserhalb der EU oder EFTA (Europäische Freihandelsassoziation: Norwegen, Island, Liechtenstein und Schweiz) absolviert wird. "Arbeiten ohne entsprechende Arbeits- oder Aufenthaltsbewilligung kann straf- oder verwaltungsrechtliche Sanktionen im jeweiligen Staat zur Folge haben", sagt Pertek. Hohe Bussen und sogar Einreiseverbote könnten die Folge sein. Innerhalb der EU- oder EFTA-Staaten sei das Arbeiten hingegen dank bilateraler Verträge sehr unkompliziert. Hier ist laut Pertek keine Bewilligung nötig.

Versicherung

Ausserdem fänden in diesen Staaten auch Sonderregelungen zur Sozialversicherung Anwendung. "Liegt der Wohnsitz und damit der Arbeitsort innerhalb der EU-/EFTA-Staaten, werden die Sozialversicherungen nur ein Mal bezahlt, entweder in der Schweiz als Beschäftigungsland oder im Aufenthaltsland", erklärt Pertek. Wenn Arbeitnehmende mehr als 25 Prozent der jährlichen Erwerbstätigkeit im Ausland absolvieren, werde die Sozialversicherung dort bezahlt, statt in der Schweiz. Ausserhalb von EU oder EFTA sei eine separate Abklärung für die Sozialversicherung nötig.

Arbeitnehmende müssten auch klären, welche Leistungen ihre Krankenkasse im Krankheitsfall im Ausland trage, oder ob gar eine Zusatzversicherung notwendig sei. Der Arbeitgeber sollte wiederum die Reichweite der Berufs- und Nichtberufsunfallversicherung abklären.

Franziska Pertek, Franziska Pertek, Rechtsanwältin, ­Schneider Thalhammer Bossart (Source: zVg)

Franziska Pertek, Franziska Pertek, Rechtsanwältin, ­Schneider Thalhammer Bossart (Source: zVg)

Steuern

Auch bezüglich der Steuern ist Vorsicht geboten. Der Arbeitgeber sollte gemeinsam mit dem Arbeitnehmer darauf achten, dass sich dessen Steuerpflicht nicht verschiebt, wie Pertek erklärt. "Grundsätzlich sind Arbeitnehmende steuerpflichtig in dem Land, wo sie ihren 'Lebensmittelpunkt' haben." Dafür sei etwa entscheidend, wo sich Familie, Immobilien oder Bankkonten der Person befänden. "Eine Verschiebung des Steuerorts kommt dann infrage, wenn sich Arbeitnehmende während eines Jahres mehr als 183 Tage im Ausland aufhalten", sagt Pertek. Zu diesen 183 Tagen würden nicht nur die Arbeitstage, sondern auch sämtliche andere Aufenthaltstage zählen, inklusive Krankenstände, Wochenenden oder Ferientage. Zudem seien Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) zwischen den Staaten zu beachten. Die Schweiz führt aktuell DBA mit mehr als 100 Staaten. Die meisten davon widmen sich der Vermeidung der Doppelbesteuerung. Eine detaillierte Liste der Abkommen ist auf der Website des Bundes einsehbar.

Wenn Angestellte einer Firma regelmässig im Ausland arbeiten, bestehe ausserdem das Risiko, dass die Worka­tion eine Betriebsstätte im Ausland begründet, sagt Pertek weiter. Das Unternehmen könnte dadurch im Ausland auf einen Teil des Gewinns steuerpflichtig werden.

Schweizer Recht, auch im Ausland

Ein weiterer Punkt sei das Schweizer Arbeitsrecht. Dieses gelte nur territorial, also nicht im Ausland. "Damit die arbeitsrechtlichen Regeln wie Lohnauszahlung oder Kündigungsfristen anwendbar bleiben, muss geregelt sein, dass das Schweizer Recht auch für das Arbeiten im Ausland Anwendung findet", sagt Pertek. Des Weiteren empfiehlt sie Arbeitgebern, ihre Mitarbeitenden vertraglich dazu zu verpflichten, die Schutzvorschriften nach dem Arbeitsgesetz (Höchstarbeitszeiten, Pausenregelungen, Verbote von Nacht- und Sonntagsarbeit etc.), den Datenschutz und die Datensicherheit einzuhalten. 

Da der Auslandsaufenthalt eine Veränderung des Arbeitsvertrags bedeutet, müssen Arbeitnehmende laut Pertek unbedingt Bescheid geben, bevor sie die Workation antreten. Dafür und für die anderen genannten Punkte brauche es einen Nachtrag zum Arbeitsvertrag. Ausserdem müsse man sich einigen, wer etwaige Kosten für die Workation trage.

Was Firmen beim mobilen Arbeiten generell beachten sollten, erfahren Sie übrigens hier.

Workation-Hotspots

Mit diesem Wissen im Gepäck steht der Workation eigentlich nichts mehr im Weg. Aber wohin soll es gehen? An den Strand, auf den Berg, in die Grossstadt? Hometogo, ein deutscher Anbieter von Ferienhäusern, hat Reiseziele für die Workation in Europa verglichen. Ausschlaggebend waren dabei die Verfügbarkeit von Coworking Spaces, die durchschnittlichen Kosten für eine Unterkunft, das Angebot an Aktivitäten und Sehenswürdigkeiten, die Internetgeschwindigkeit und die Stunden an Tageslicht. Für jede Kategorie vergab das Portal bis zu zehn Punkte. 

Den ersten Platz im Hometogo-Ranking belegt Lissabon mit einem Gesamtscore von 41.83 Punkten. Die portugiesische Hauptstadt glänzt – im wahrsten Sinne des Wortes – mit seinen Sonnenstunden (9.30 Punkte) und vor allem mit der Anzahl an Coworking Spaces (9.99 Punkte). Die Plätze zwei und drei gehen ebenfalls an Städte auf der Iberischen Halbinsel: Porto (40.66) und Barcelona (39.70), die beide mit einem Tageslicht-Score von 9.10 überzeugen. Barcelona besticht gemäss dem Ranking vor allem mit seinem Angebot an Aktivitäten (7.81), steht den beiden portugiesischen Städten hingegen in Sachen Coworking Spaces nach (7.79).

Auch andere grosse Tourismus-Hotspots wie Amsterdam, Dublin, Paris und Madrid landen unter den zehn besten Workation-Destinationen. Einen Überraschungsgast unter den Top 10 gibt es aber doch: Bristol, mit einer Punktzahl von 38.07. Was die südenglische Grossstadt an Aktivitäten (5.43) und Internetgeschwindigkeit (6.50) vermissen lässt, macht sie mit der maximalen Punktzahl bei den Coworking Spaces wett (10.0). Dazu kommt ein für die britische Insel überraschender Sonnen-Score von 8.20. Die Hauptstadt London landet übrigens mit 35.90 Punkten nur auf Rang 34, hat aber immerhin die meisten Sehenswürdigkeiten zu bieten (10.0). Die Städte Lyon (38.20 Punkte), Mailand (37.49) und Nizza (37.27) schneiden ebenfalls gut ab und sind aus der Schweiz binnen weniger Stunden mit dem Zug erreichbar.
Wer für die Workation in der Schweiz bleiben möchte, ist dafür laut Hometogo in Genf (36.88 Punkte) am besten aufgehoben. Zürich erzielt 36.13 Punkte, Basel 34.86 und Lausanne 34.27. Bern erhält von Hometogo einen Score von 33.54 und liegt damit ausserhalb der 100 besten ­Workation-Ziele. 

Die günstigsten Unterkünfte gibt es übrigens in Klaipeda in Litauen, das türkische Izmir hat die meisten Sonnenstunden. Das beste Internet zum Arbeiten aus der Ferne teilen sich die isländischen Städte Reykjavik, Reykjanesbaer, Hafnarfjordur, Kopavogur und Akureyri. Dafür ist es dort auch am dunkelsten.

Ob die Arbeit aus der Ferne letztlich die gewünschte Entspannung bringt, hängt auch davon ab, wie viel Stress Reisende bei der Arbeit haben. Als Ersatz für richtige Ferien eignet sich die Workation aber freilich nicht.

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