Fachkräftemangel

"Know your Talents" statt "War for Talents"

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von Peter Kosel, Gründer und Talent Community Manager, Cyberunity

Es geht nicht immer nur um Ransomware und APTs – auch der Fachkräftemangel setzt die ­Cybersecurity-Branche unter Druck. Unternehmen sind dem aber nicht machtlos ausgeliefert.

(Source: zVg)
(Source: zVg)

Die Cybersecurity-Branche ist aufgrund wachsender Cyberbedrohungen und eines starken Fachkräftemangels grossem Druck ausgesetzt. Gemäss Studien wie dem Cybersecurity Skills Gap Report 2023 von Fortinet und der Cybersecurity Workforce Study von ISC2 fehlen weltweit etwa 3,4 Millionen Fachkräfte im Bereich Cybersecurity. Diese Lücke macht sich besonders in technologisch fortgeschrittenen Regionen wie der Schweiz stark bemerkbar.

Aus den Rückmeldungen von Kandidaten und unseren täglichen Interaktionen mit potenziellen Arbeitgebern kristallisieren sich mehrere Kernpunkte heraus, die verdeutlichen, dass es überwiegend in unserer Hand liegt, diesen Engpass in den Griff zu bekommen. Der Bedarf an Cybersecurity-Experten für Cyberabwehr, Sicherheitsanalysen, Systemarchitektur und sichere Softwareentwicklung steigt, ebenso wie an Fachkräften für KI und Cloud-Security zur datenschutzkonformen Systemkonfiguration. Die Besetzung solcher Positionen stellt Unternehmen oft vor gros­se Herausforderungen, da es nicht selten sechs Monate oder länger dauert, bis passende Kandidatinnen oder Kandidaten den Arbeitsvertrag unterschrieben haben.

Unternehmen sollten bei der Gewinnung zukünftiger Mitarbeitenden verstärkt in kreativen Lösungen statt in Engpässen denken. Ein Paradigmenwechsel bei der Bewertung von Berufslaufbahnen ist dabei ein wichtiger Schritt. Traditionell wird ein häufiger Wechsel zwischen Unternehmen als Zeichen von Unbeständigkeit und mangelndem Engagement gewertet – ein Phänomen, bekannt als Job-Hopping. Wir erleben jedoch ein neues Bild: Experten, insbesondere mit hoch-spezialisiertem Know-how, verlassen Unternehmen, sobald sie die ihnen gestellten Herausforderungen gemeistert haben und wenden sich neuen, spannenden Projekten zu. Der Trend geht zu projektbezogener Arbeit, die nach 12 bis 18 Monaten abgeschlossen ist.

Ein weiterer Schritt ist die proaktive, kundenorientierte Gewinnung von Experten, lange bevor der Bedarf akut wird. Eine stärkere Bereitschaft, englischsprachige Top-Experten einzustellen, die durch Bootcamps rasch Deutsch lernen, könnte ebenfalls helfen, eine Lücke zu schliessen. Auch hochqualifizierte Cybersecurity-Spezialisten aus Nicht-EU-Ländern stehen immer noch vor bedeutenden Hürden in Bezug auf Arbeitsmöglichkeiten in der Schweiz.

Erfolgreich rekrutierende Unternehmen begegnen der Thematik, indem sie vermehrt auf flexible Arbeitsmodelle wie Teilzeitarbeit oder die Möglichkeit zur Remote-Arbeit setzen, um die passenden Mitarbeitenden zu gewinnen und zu halten. Wir beobachten unter Information-Security-Spezialisten einen Trend zur Selbstständigkeit und empfehlen Unternehmen, umzudenken und ein Umfeld zu schaffen, das festangestellten und freiberuflichen Spezialisten gerecht wird. Letztlich geht es darum, das Unternehmen maximal gegen Cyberangriffe zu schützen.

Der anhaltende Fachkräftemangel im Bereich Cybersecurity stellt sowohl Kandidaten als auch Unternehmen vor grosse Herausforderungen. Den sogenannten und viel diskutierten Krieg um Talente nehmen wir noch nicht so dramatisch wahr. Wir sehen den «Krieg» eher in den Unternehmen, die zu wenig Fokus auf die strategische Gewinnung von zukünftigen Mitarbeitenden legen. Lange Reaktionszeiten, geringes Beziehungsmanagement im Rekrutierungsprozess und Interviews, die einem Verhör statt einem Kennenlernen auf Augenhöhe gleichen, sind Indizien dafür, dass wir zunächst unsere Haltung zum Thema Mitarbeitendengewinnung überdenken sollten, bevor wir über den «War for Talents» reden.

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