"visiONstage"

Was Klarträume, innere Schweinehunde und Nilpferde mit KI zu tun haben

Uhr
von Tanja Mettauer und msc

In Aarau hat am 16. Mai 2024 zum zweiten Mal die "visiONstage" stattgefunden. Im Aarauer Kultur- und Kongresshaus drehte sich dieses Jahr alles um künstliche Intelligenz und wie sie die Zukunft verändern wird.

Wolfgang Maier demonstrierte mit einem Zuschauer ein Gerät, das in der Lage ist, Gehirnwellen zu messen. (Source: Frédéric Waltenspiel)
Wolfgang Maier demonstrierte mit einem Zuschauer ein Gerät, das in der Lage ist, Gehirnwellen zu messen. (Source: Frédéric Waltenspiel)

Am 16. Mai ist im Aarauer Kultur- und Kongresszentrum die "visiONstage" über die Bühne gegangen. Ganz nach dem Event-Motto "Experience the future now" machte um neun Uhr ein Android den Auftakt. Von der Grossleinwand blickte ein weiblicher humanoider Roboter dem Publikum entgegen, der vielleicht den ein oder anderen an die Androidin Ava aus dem Film "Ex Machina" erinnerte. Der Roboter begrüsste die Gäste und konfrontierte sie zugleich ein erstes Mal mit dem Thema künstlicher Intelligenz (KI) und ihren Auswirkungen auf die Menschheit. Durch den Tag führte jedoch ein echter Mensch, der Basler Radio- und Fernsehmoderator Daniel von Wattenwyl. Zusammen mit Stefan Büttler und Michel Laubscher, den Organisatoren und Managing Partnern von Edgewind, eröffnete er die zweite "visiONstage". Bevor es überhaupt richtig losging, machte Laubscher dem Publikum bereits den krönenden Abschluss des Tages schmackhaft. Man habe ein Bier kreiert, dessen Zutaten mit KI zusammengestellt worden seien. Doch ob man den Gerstensaft auch wirklich geniessen könne, werde sich erst am Tagesende zeigen. 

Die Organisatoren Michel Laubscher und Stefan Büttler, Managing Partner von Edgewind, eröffneten den Event, Moderator Daniel von Wattenwyl führte durch den Tag. (Source: Frédéric Waltenspiel)

Der erste Gast des Tages war der Aarauer Stadtpräsident Hanspeter Hilfiker, der die Gäste im Saal auf den Tag einstimmte. Er brachte unter anderem die Konsequenzen von KI und die Zusammenarbeit der Menschen ins Spiel und wie Städte auf technologische Entwicklungen reagieren könnten. 

"Wir sollten keine Angst davor haben, von Grösserem zu träumen, Darling" 

Mit der Frage, wie die Zukunft mit künstlicher Intelligenz aussehen könnte, beschäftigte sich auch der erste Vortrag des Tages. Nico Perony, AI Founder und Director of AI Research bei Unity, malte zunächst ein düsteres Bild. Angesichts der globalen Erwärmung, ideologischen Kriegen, der Bedrohung durch nukleare Waffen und Pandemien scheine den Menschen keine rosige Zukunft bevorzustehen. Die Menschheit stehe aktuell am Scheideweg: Sie könne entweder alles vermasseln oder die Weichen für eine strahlende Zukunft stellen. Um eine möglichst gute Zukunft für möglichst viele Menschen zu schaffen, benötige man nun Bausteine wie künstliche Intelligenz: "The only way out is through", oder zu deutsch: "der einzige Ausweg ist mittendurch". In diesem Zusammenhang sprach Perony vom "effektiven Akzelerationismus", einer Philosophie, die eine möglichst schnelle und unbegrenzte Entfaltung des technologischen Fortschritts, insbesondere KI, propagiert. Seine Einschätzung lautete: Die Menschheit könne nur eine positive Zukunft aufbauen, wenn sie mithilfe von KI schneller werde. Es sei denkbar, dass sich die Menschen immer mehr zu Orchestratoren entwickeln, die der KI Input geben, aber die Agenten die Arbeit ausführen lassen. Erste Anwendungsbeispiele sehen wir ja bereits heute dank Tools wie ChatGPT, Microsoft Copilot oder Gemini von Google.

Nico Perony, AI Founder und Director of AI Research bei Unity. (Source: Netzmedien)

Trainiere man nun künstliche neuronale Netze darauf, etwa in Games neuen Content zu halluzinieren, sei alles möglich. Die Linie zwischen Realität und Spiel würde verschmelzen - die Grenze bilde unsere eigene Vorstellungskraft. Bislang sei Technologie jedoch noch zu wenig persönlich, sie müsse erst in der Lage sein, mit unseren Gedanken, Gefühlen und Gehirnen zu verschmelzen. KI könne dabei als Übersetzungsebene funktionieren. Einen Prototypen einer Gehirn-Computer-Schnittstelle gibt es bereits in Form des "Halo" von Prophetic AI, der auf dem multimodalen KI-Modell namens Morpheus 1 des Unternehmens läuft. Dabei handle es sich um ein Gerät, das zum Klarträumen, auch bekannt als luzides Träumen, anregen soll - man denke an dieser Stelle an den Sci-Fi-Film "Inception", in dem Leonardo DiCaprio über Träume ins Bewusstsein anderer Menschen vordringt. In diesem Fall mutiere das Gehirn immer mehr zum Spiel, wobei die Simulation zwar noch auf einem Computer läuft, aber vollständig in unser Bewusstsein integriert ist. Solche immersiven Anwendungen und Spiele befinden sich laut Perony auf Kollisionskurs. Die KI träume und bringe alles miteinander in Einklang. Schlussendlich sei Konvergenz das Wichtigste überhaupt und dazu benötigen wir Technologie. Menschliche Gehirne seien noch unfähig, global zusammenzuarbeiten. Doch wenn wir unsere Realität auf eine KI-gestützte Realität ausweiten könnten, seien wir dazu in der Lage und würden uns um eine Realität bereichern, die von Empathie statt von individuellen Zielen angetrieben werde.  

Nach diesem Blick in die Zukunft präsentierte Laubscher den ersten Live-Tool-Tipp des Tages: Suno AI, ein KI-Tool, das auf Textprompts basierende Musiklieder ausspuckt. So kreierten die Veranstalter übrigens auch den offiziellen Soundtrack zur zweiten visiONstage. 

Den inneren Schweinehund trainieren

Ebenfalls über das menschliche Gehirn, wenn auch nicht ganz so futuristisch, sprach der Heilpädagoge und Neuropsychologe Wolfgang Maier. Ein "geiles Thema" sei die Neuropsychologie, meinte er scherzend. Uns Menschen unterscheide im Grunde nicht viel vom Affen. Wir seien jedoch in der Lage, meistens jedenfalls, unsere Triebe zu kontrollieren. Er erklärte, dass Menschen durch ihre Kindheit in ihren späteren Erfahrungen geprägt werden; so lernen wir etwa aus Konsequenzen, entwickeln Rollenvorbilder und erlangen Einsicht - auch wenn letztere bei manchen ein Leben lang nicht einsetze. Grundsätzlich liessen sich zwei Formen des Denkens unterscheiden: die Assimilation und die Äquilibration. Bei der Assimilation haben wir demnach als Kinder im Gehirn ein Netzwerk aufgebaut, das auf Erfahrungen mit Menschen in unserer Umgebung basiert und wir sind in der Lage, Neues zu integrieren. Äquilibration bedeute, dass wir unser eigenes Muster anpassen würden, damit dieses mit der Zukunft kompatibel sei - dabei würden wir uns neu "kalibrieren". Der Homo habilis habe nur überlebt, weil er sich erfolgreich seiner Umwelt angepasst habe - das gleiche gelte für uns.

Wolfgang Maier, Heilpädagoge und Neuropsychologe. (Source: Frédéric Waltenspiel) 

Unternehmen erwarteten nun aber immer häufiger mehr von ihren Mitarbeitenden als diese überhaupt leisten könnten. Ein Blick in die Arbeitswelt und psychiatrische Behandlungszentren zeige einen deutlichen Anstieg bei den akuten Erkrankungen und Hospitalisierungen. Die Arbeitsunfähigkeitstage gehen nach oben. Ein Aspekt, der in dieses Phänomen hineinspiele, sei die Steuerung unserer Aufmerksamkeit. Maier wies darauf hin, dass wir unsere Aufmerksamkeit häufig nicht genügend steuern. Bei der Aufmerksamkeit handle es sich um einen Verstärker, den wir eigentlich gezielt steuern könnten. Nur wenn wir dies täten, seien wir in der Lage, Selbstverantwortung und Freiheiten aufzubauen. Gerade bei Kindern sei es wichtig, dass Eltern ihre Verstärker kontrollierten, denn sie selbst seien dazu nicht in der Lage - konkret bedeute dies Smartphone-Auszeiten und Süssigkeiten-Regulationen. Studien hätten gezeigt, dass Kinder, die ihre Bedürfnisse besser regulieren können, später erfolgreicher sein werden. Neurofeedback, eine computergestützte Art der Verhaltenstherapie, könne Menschen dabei helfen, ihre bewusste Selbstregulation zu verbessern. So zeige Neurofeedback unter anderem an, wenn Biomarker für ADHS, Stress und Ängste oder Depression und Burnout im Gehirn vorlägen. Zu Demonstrationszwecken holte Maier einen Zuschauer auf die Bühne und legte ihm ein entsprechendes Gerät an, das live seine Gehirnwellen mass. Wer nun schon kritisch seine eigenen Verhaltensmuster hinterfragt, sei beruhigt. Den inneren Schweinehund könne man trainieren, sagte Maier, und das in jedem Alter. Natürlich werde es "bei alten Eseln" schwieriger. 

Computer der Zukunft

Gestärkt nach der ersten Kaffeepause ging es mit dem Vortrag von Alexandra Beckstein, CEO und Co-Founder von Qai Ventures, weiter. Sie richtete mit ihrem Vortrag den Blick wieder in Richtung Zukunft: "Quantum - and why you should care". Dabei konzentrierte sie sich ausschliesslich auf die positiven Aussichten und die technologischen Seiten des Themas Quantencomputing. Beckstein forderte die Gäste auf, sich eine Zukunft vorzustellen, in der man bspw. genau vorhersagen könne, welches Medikament im eigenen Körper wirksam sei und dass dieses genau auf einen zugeschnitten produziert werden könne. Mit unseren jetzigen Computern sei dies noch Zukunftsmusik. Zwar könnten Computer auf technologischer Ebene komplexe Berechnungen bereits ausführen. Diese dauerten jedoch aufgrund der Komplexität der mathematischen Probleme noch unglaublich lange. Wenn ein klassischer Computer etwa eine Milliarde Jahre rechnen müsse, könne ein Quantencomputer viele Probleme in wenigen Sekunden berechnen. Mehr zu Quantencomputern und wie sie funktionieren lesen Sie hier

Alexandra Beckstein, CEO und Co-Founder von Qai Ventures. (Source: Frédéric Waltenspiel)

Doch Quantencomputer befinden sich immer noch in ihrer Entwicklungsphase. Es gebe nicht nur wissenschaftliche, sondern auch Ingenieursprobleme zu beantworten, bevor man von einem Quantenvorteil sprechen könne. Dies sei wahrscheinlich erst in den kommenden acht bis zehn Jahren der Fall. Beckstein rechnete weiter damit, dass mit der Weiterentwicklung der Quantencomputer auch künstliche Intelligenz nochmals einen Boost erhalten. KI nutze schliesslich Modelle, die immer grösser und physikalisch irgendwann nicht mehr rechenbar sein werden. Dann könnten Quantencomputer zum Einsatz kommen. Anwendung finden erste Quantencomputer bereits, wie an der Universität Basel, wo sich das erste kommerziell nutzbare Modell befinde. Dieses werde unter anderem bereits für Logistik- und Finanzprobleme genutzt. Zwar investierten vermehrt Unternehmen wie Qai Venters in Start-ups im Bereich Quantencomputing. Vorangetrieben werde die Forschung aber primär an den Universitäten, wobei die Software- und Algorithmen-Entwicklung in Europa stattfinde. 

Bevor es mit der letzten Session des Vormittags losging, präsentierte Laubscher das zweite Live-Tool des Tages: Runway. Mit dem KI-Tool liessen sich bspw. ganz einfach 2-D-Bilder animieren. 

Der patrouillierende Roboter auf BMX-Rädern

Für Bewegung auf der Bühne sorgte auch Alessandro Morra, CEO und Co-Founder des ETH-Spin-offs Ascento. Er brachte ein Modell des Ascento Guard mit, einem Überwachungsroboter auf Rädern. Der Guard sauste während des Vortrags jedoch nicht non-stop über die Bühne, sondern setzte sich gemächlich hin und richtete seine kreisrunden Augen in Richtung Publikum. Zunächst sprach Morra über Technologie und wie sie die Arbeit von Menschen beinflusst. In vielen Bereichen sei die Technologie den Menschen bereits voraus. So könne KI repetitive Arbeiten bereits besser ausführen und wie das Beispiel der Autoindustrie zeigt, bauen Roboter mittlerweile ganze Autos zusammen. Die Robotik habe sich in den vergangenen Jahren extrem schnell weiterentwickelt und zwar soweit, dass Roboter bereits Arbeiten in unstrukturierten Umgebungen ausführen können - man denke dabei an den Laufroboter Anymal. Wichtig sei jedoch die Learning Based Contorol. Roboter werden laut Morra heute nicht mehr auf jede einzelne Situation spezifisch programmiert. Stattdessen definiere man Ziele und versuche anschliessend, den Roboter in einer Simulation lernen zu lassen. Man müsse ihm dabei aber beibringen, was richtig und wichtig sei.

Alessandro Morra, CEO und Co-Founder des ETH-Spin-offs Ascento. (Source: Frédéric Waltenspiel) 

Der Ascento Guard habe bereits gelernt, über alle möglichen Terrains zu fahren - er balanciere, fahre Gefälle hoch und runter und nehme präzise seine Aufgaben wahr. Auch falls er mal einen Platten einfahre, wisse er, wie er sich zu Verhalten habe. Der kleine Wachroboter komme inbesondere für Sicherheitsaufgaben wie Patroullien auf grossen Firmengeländen zum Einsatz. Die verantwortlichen Peronen müssten dem Guard dazu spezifische Aufgaben zuteilen, den Rest erledigt er dann alleine. Sicherheitsrelevante Vorfälle melde der Guard umgehend an die Zentrale weiter. Künftig denkbar ist, so Morra, dass solche Überwachungssysteme mit mehreren Inputsystemen kompatibel sind - wie etwa eine Kombination von Drohnen, Kameras und Robotern, die dadurch komplexere Patroullien durchführen könnten. Besucherinnen oder Besucher, die nun bereits ein Auge auf den Roboter geworfen hatten, musste Morra allerdings enttäuschen. Den Ascento Guard gibt es nicht einfach zu kaufen. Stattdessen vermiete das Unternehmen seine Roboter an seine Kunden, die dem Roboter einen Namen verleihen dürfen. Und wer die leise Befürchtung hegte, dass der Asento Guard sein Gesicht aufgezeichnet hatte, konnte Morra beruhigen. Der Überwachungsroboter besitze keine Gesichtserkennungsfunktion.

Während die ersten Bäuche bereits grummelten und darauf warteten, mit Essen verköstigt zu werden, gab es noch einen kleinen Publikumswettbewerb und eine Kurzvorstellung der Breakout-Sessions am Nachmittag. Alle Speaker durften kurz auf die Bühne und für ihren Vortrag die Werbetrommel rühren. Zur Auswahl standen Sessions von North C Datacenters und dessen Partner Phoenix Systems, Datahouse und Fernao Somnitec. Die Besucherinnen und Besucher konnten in einem Saalvoting ihre Stimme ihrem Favoriten abgeben - und dann ging es auch bereits ab in die Mittagspause. 

Über Mittag wurden bereits erste Stimmen laut, die nach dem KI-Bier riefen. Doch es galt: Zuerst die Arbeit, dann das Vergnügen. Das Bier werde erst ab 16.00 Uhr verteilt. Dafür konnten sich die Gäste ein weiteres KI-Tool notieren: den Leia Pix Converter, ein Tool für die Bildbearbeitung mit 3-D-Effekt. 

Wenn Drohnen über Strommasten surren

Den Auftakt am Nachmittag machte Konrad Zöschg, seines Zeichens CIO der nationalen Netzgesellschaft Swissgrid. Er brachte dem Publikum das Thema Transformation dank Innovation näher, konkret, wie Betreiber von kritischen Infrastrukturen dank Technologie neue Wege beschreiten können. Zöschg erklärte anfangs, dass das Übertragungsnetz, auch Transportnetz genannt, das Bindeglied zwischen Stromproduktion und -verbrauch darstellt. Das Netz transportiere Strom in alle Regionen der Schweiz und gleiche die Energie aus Produktion und Verbrauch stets ab und prüfe, wie viel Leistung im Netz hänge. Treten nun bspw. unvorhergesehene Unwetter auf, können diese für Schwankungen in der Stromproduktion und im Verbrauch sorgen und hohe Kosten verursachen, führte Zöschg weiter aus. Diese Kosten werden schlussendlich an den Endverbraucher weiterverrechnet. Um solche Massnahmen möglichst gering zu halten, nutze Swissgrid IoT-Sensoren an ihren Masten, welche die Betreiberin über mögliche Probleme informieren.

Konrad Zöschg, CIO von Swissgrid. (Source: Frédéric Waltenspiel)

In der Romandie komme es häufiger vor, dass Fallschirmflieger in die Leitungen krachten, in der Deutschschweiz seien am häufigsten Teslafahrer die Verursacher von unvorhergesehenen Erschütterungen. Diese Sensoren dienten jedoch auch der Wettervorhersage und registrierten, wo die Sonne am meisten und vor allem wie stark scheine. Dadurch sei man in der Lage, besser vorherzusagen, wie viel Energie wo benötigt werde und Abweichungen auszuregeln. Swissgrid beziehe solche Photovoltaik-Leistungsprognosen (PV-Prognosen) und kombiniere diese mit internem Fachwissen, um unter anderem Prognoseabweichungen und Veränderungen in der PV-Produktion besser zu verstehen. Als zweites Beispiel nannte Zöschg den Einsatz von Drohnen und KI. In der Schweiz befinden sich rund 12'000 Masten, die jährlich inspiziert werden müssen. Damit man Abschaltungen vorbeugen könne, setze Swissgrid Drohnen ein, welche die Mastern überfliegen. Mittels Lidar (Light Detection and Ranging), einer Laser-Fernerkundungstechnik, überprüfe man so die Masten auf mögliche Defekte. Die Technologie zeichne hochauflösende Bilder auf, die anschliessend analysiert und ausgewertet würden. Dadurch könne Swissgrid Anomalien erkennen und so schlussendlich Abschaltungen vorbeugen und Unfallgefahren minimieren. 

Intelligenten Assistenten, Rechenzentren und Marathonläufe

Weiter im Text ging es mit den Breakout-Sessions. Im Saal Nummer eins sprach Ivano Rumasuglia, Business Unit Lead Workplace Services von Fernao Somnitec, über KI im Daily Business. Er zeigte den Zuschauerinnen und Zuschauern anhand von Use-Cases auf, welche Aufgaben eine KI bereits übernehmen kann, die eigentlich menschliches Denken benötigten. Er konzentrierte sich inbesondere auf den intelligenten Assistenten von Microsoft, den Copilot, und wie dieser in der Office-Suite angwendet werden kann. Trotz dessen vielen Anwendungsmöglichkeiten, legte er den Anwesenden im Saal ebenfalls ans Herz, unbedingt festzulegen, auf welche Daten der Copilot überhaupt Zugriff erhalten dürfe - ansonsten bediene der Copilot sich nämlich an allen Daten, die er finden könne. 

Im zweiten Saal zeigten Oscar Jiménez, Director Sales und Marketing bei North C, und Florian Nöll, CEO von Phoenix Systems, welche Rolle souveräne Rechenzentren im Rahmen von KI und Cloud-Umgebungen spielen. 

Die dritte Breakout-Session von Datahouse drehte sich um die Frage, welches KI-Tool denn das richtige für die eigene Aufgabe sei. Unter anderem sprachen Severin Trösch, Senior Expert Data Scientist des Unternehmens, wie sie für das Onlinemagazin Watson eine Auswertung der Marathonbestzeiten der Männer ausgewertetet hatten. Mithilfe von KI habe man so etwa die vergangenen Bestzeiten ausgewertet und ein Modell entwickelt, das für künftige Laufbestzeiten Prognosen erstellen konnte. So habe sich gezeigt, dass sich die Siegerzeit im Schnitt pro Jahr um 10 Sekunden verbessere. 

Gestärkt nach Kaffee und Kuchen ging es in den letzten Teil der visiONstage. Die Organistaoren stellten das Publikum auf die Probe und wollte von ihm wissen, bei welchem angezeigten Bild es sich denn um eine KI-Kreation handle. Anschliessend präsentierte Laubscher das letzte KI-Tool des Tages: Magnific AI. Damit könne man Bilder verbessern, indem man damit ganz einfach an der Auflösung oder an der Beleuchtung schrauben könne. 

Was Nilpferde mit Daten zu tun haben 

Das zweitletzte Referat des Tages drehte sich um das Thema digitale Geschäftsmodelle und inwiefern diese neue Technologien sowie neue Formen der Kollaboration nach sich ziehen sollten. Laut Claudia Pletscher, CEO von Fineminds und mehrfacher Verwaltungsrätin, braucht es seitens Unternehmen dazu erstmal gutes Marktverständnis und gute Kenntnisse der jeweiligen Painpoints. Nur wenn Firmen ihre Digitalisierungsprojekte richtig austesten und pilotieren, könnten sie diese auch langfristig erfolgreich umsetzen. Während Covid-Zeiten mussten viele Unternehmen ihre Prozesse innert kürzester Zeit digitalisieren. Restaurants gingen beispielsweise dazu über, ihre Menüs mithilfe von QR-Codes zu digitalisieren - das Resultat sei dann meistens ein einfaches PDF gewesen. Einige gingen jedoch weiter und digitalisierten ihr ganzes Menü inklusive Bestellungsprozess. Vermehrt tauchen grosse Displays, "Order Stations", in Restaurants auf, über welche Kundinnen und Kunden ihre Bestellungen direkt digital aufgeben können. Was auf Kundenseite zu einem Mehrwert führte, habe in einem Beispiel in der Küche das "absolute Chaos" ausgelöst. Die Kundschaft habe Menü-Kombinationen bestellt, die es eigentlich nicht gab, Tableaus waren plötzlich zu klein und die Maschinen in der Küche überlastet.

Claudia Pletscher, CEO von Fineminds und mehrfacher Verwaltungsrätin. (Source: Frédéric Waltenspiel)

Das Beispiel verdeutlichte, dass die Digitalisierung eines einzelnen Schrittes bei weitem nicht ausreicht, sondern man vielmehr komplette neu denken und Prozesse transformieren müsse. Weiter sprach Pletscher über die Datenkompetenz in Schweizer Unternehmen. In den vergangenen 12 bis 24 Monaten habe sich in den hiesigen KMUs einiges getan. Doch ganz weg vom Hippo-Effekt sei man noch nicht. Der Hippo-Effekt beschreibt eine kognitive Verzerrung, die in Unternehmen stattfindet. Dabei werde die Meinung der bestbezahlten Person stärker berücksichtigt als andere. Zwar basierten immer mehr Unternehmen ihre Entscheidungen auf Daten, doch effektiv sei es so, dass sich Personen eine Meinung zu einem Thema bilden und diese dann mit Daten passend unterlegen. Pletscher hob hervor, wie wichtig es sei, dass man Entscheidungen wirklich datenbasiert angehe, dabei aber nicht einfach die Entscheidungshoheit den Daten selbst überlasse.  

Die drei Ks 

Der letzte Speaker des Tages kam aus dem Hause Meta. Kim Koszuszeck, Client Partner Retail, sprach über neue Technologien und wie sie Menschen zusammenbringen können. Grosse Techkonzerne wie Google oder Meta verfügen heute bereits über Milliarden von Usern. Auf ihren Plattformen geschehe die Adaption von KI-Tools deshalb unheimlich schnell. Meta hat vor kurzem etwa sein Sprachmodell Llama 3 vorgestellt, das künftig auch in Apps wie Whatsapp, Instagram oder Messenger integriert werde. Greifen Nutzerinnen und Nutzer also auf die KI-Funktion von Meta zurück, helfen sie dem Tech-Konzern dabei, seine KI weiter zu trainieren. Unternehmen könnten sich nun vor technologischen Entwicklungen wie KI verstecken oder proaktiv agieren. In diesem Zusammenhang brachte er dem Publikum die drei Ks näher: Kreation, Kontext und Kollaboration. Ein erfolgreiches Beispiel in der Kreation sei Coca Cola. Das Unternehmen habe im Zuge einer Marketingaktion aktiv Fans eingebunden und sie dazu aufgefordert, neuen Content mithilfe von KI zu kreieren. Coca Cola gelang es damit nicht nur Kundinnen und Kunden aktiv einzubinden. Das Unternehmen erhielt somit gleichzeitig Unmengen an Gratis-Content. Das zweite K steht laut Koszuszeck für Kontext. Eine kontextuelle KI helfe uns dabei, unsere eigene Perspektive zu berücksichtigen. So könne man etwa mithilfe von VR-Brillen das Gesehene kontextualisieren. Mit der stetigen Weiterentwicklung der KI würden sich mit der Zeit zudem viele neue Usecases ergeben. Kollaboration, das dritte und letzte K, beschreibe die Zusammenarbeit im Tech-Ökosystem. Ein Beispiel dafür sei Mixed Reality. Mit einer VR-Brille könne man seine eigene Realität erweitern und Erfahrungen anpassen. Doch mit der Kreation von KI-Inhalten taucht auch die Frage nach deren Kennzeichnung auf. Koszuszeck verwies in diesem Zusammenhang auf ein neues Label von Meta: "Made with AI". Der Konzern plane, dieses Label einzuführen und damit KI-generierte Audio-, Bild-, und Videoinhalte auf seinen eigenen Plattformen hervorzuheben. 

Kim Koszuszeck, Client Partner Retail von Meta. (Source: Frédéric Waltenspiel)

Bevor sich das Publikum nun auf das wohlverdiente KI-Bier stürzen konnte, führten die Organisatoren einen finalen Publikumswettbewerb durch. Sie hatten ein interaktives Quiz vorbereitet, an dem alle im Saal teilnehmen konnten. Wer während den Vorträgen die Ohren besonders gut gespitzt hatte, durfte sich grosse Chancen ausrechnen. Gefragt war jedoch auch Schnelligkeit. Ein Besucher zischte jedoch allen davon und gab den ersten Platz nie ab. Er durfte als Trophäe unter anderem eines der ausgestellten KI-Bilder mit nachhause nehmen. Ein KI-Bild durfte auch Wolfgang Maier auf der Bühne in Empfang nehmen. Die Gäste der zweiten visiONstage kürten ihn zum besten Speaker des Tages. 

Prost! (Source: Netzmedien)

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