Ein solides und stabiles Geschäft

Outsourcing: Wo wir stehen und wohin es geht

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von Daniel Liebhart, Dozent für Informatik an der ZHAW, Experte für Enterprise-Architekturen und CTO Ambassador, ­Swisscom

Das Milliardengeschäft IT-Outsourcing in der Schweiz ist geprägt von Stabilität und solidem Wachstum. Die Motivation: Kosten sparen und auf Ressourcen und Know-how zugreifen können, um als Unternehmen agiler zu werden. Die Entwicklung geht in Richtung kürzere und kleinere Aufträge mit grösserem Leistungsspektrum.

Daniel Liebhart, Dozent für Informatik an der ZHAW, Experte für Enterprise-Architekturen und CTO Ambassador, ­Swisscom. (Source: Netzmedien)
Daniel Liebhart, Dozent für Informatik an der ZHAW, Experte für Enterprise-Architekturen und CTO Ambassador, ­Swisscom. (Source: Netzmedien)

"Do what you do best – and outsource the rest." Peter Druckers klassische Definition greift nach wie vor. Allem voran für Schweizer Unternehmen, wenn es um die IT geht. 88 Prozent aller Firmen nutzen gemäss dem IT-Markt-Report 2023 von Profondia mindestens ein Outsourcing-Angebot, Tendenz seit Jahren steigend. Die Ausgaben für Outsourcing machen gemäss IDC stolze 42 Prozent der gesamten Ausgaben des IT-Services-Marktes und damit zirka 10 Prozent aller IT-Ausgaben in der Schweiz aus. Zwei Drittel der Ausgaben werden durch die grossen Unternehmen (über 1000 Mitarbeitende) in der Schweiz getätigt. Die Industrie, der Finanzsektor und die öffentliche Verwaltung, gefolgt von der Logistik und dem Handel, sind die grössten Kundensegmente für Outsourcing.

Die Prognose von IDC: 3,8 Milliarden Franken werden in diesem Jahr für Outsourcing (ohne Cloud-Services) ausgegeben. Die Zahlen anderer Beratungs- und Marktforschungsunternehmen sprechen von derselben Grössenordnung. So geht MSM Research von 9 Milliarden Franken (inklusive Cloud-Services) und PAC (Pierre Audoin Consultants) geht dieses Jahr von 2,6 Milliarden Franken für das Outsourcing von Infrastruktur und weiteren 1,2 Milliarden Franken für das Management von Anwendungen in der Schweiz aus. Ein stabiles Geschäft abseits des Hypes mit einer moderaten jährlichen Wachstumsrate von zwischen 1 bis 2 Prozent. Ein interessantes Detail: Die Pandemie hat in diesem Segment des IT-Marktes zu einer Verdoppelung der Wachstumsrate geführt. Dieser Effekt ist jedoch in den letzten drei Jahren wieder abgeklungen und das langjährige Mittel hat sich wieder eingependelt. 

Motivation der Unternehmen

Die Grösse eines Unternehmens bestimmt in der Schweiz die Motivation für ein Outsourcing. Während für grosse Unternehmen Kosten und Zugang zu Ressourcen im Vordergrund stehen, sind für KMUs die Faktoren Sicherheit und Agilität zentral.

67 Prozent der grossen Unternehmen lagern IT aus, um Kosten zu sparen. 64 Prozent wollen die frei werdenden Budgets für das Kerngeschäft einsetzen. Darüber hinaus ist diesen Unternehmen der Zugang zu Ressourcen und motivierten Mitarbeitenden wichtig. Dies geht aus der Umfrage der Schweizer IT-Sourcing-Studie 2022 von Whitelane und Navisco hervor. 

Ganz anders sieht die Motivation für KMUs aus. 42 Prozent von ihnen machen fehlendes Security-Know-how als Hauptmotivation geltend. 32 Prozent erhoffen sich, durch Outsourcing rascher auf sich verändernde Anforderungen reagieren zu können. Darüber hinaus sind für kleinere Unternehmen Aktualität (27 Prozent) und neue Betriebsmodelle (26 Prozent) zentral, wie Umfrageergebnisse von MSM Research zeigen.

Eines ist jedoch kleineren wie grösseren Schweizer Unternehmen gemeinsam: Sie wollen in Zukunft mehr für externes Sourcing ausgeben. Lediglich 19 Prozent aller grossen Unternehmen in der Schweiz wollen in den nächsten Jahren weniger auslagern.

Die Entwicklung der Dimensionen des ­Outsourcings

Hinter jedem Outsourcing-Vorhaben stehen die drei grossen Fragen: Was soll extern gegeben werden? Wie soll die externe Leistungserbringung organisatorisch eingebettet werden? Und wo soll sie erbracht werden?

Unternehmen lassen ihre Infrastruktur (Netzwerk, Datacenter, Hardware und Basisdienste), ihre Anwendungen oder Endgeräte durch externe Partner betreiben. Die Marktgrösse in der Schweiz ist entsprechend verteilt. Während die Infrastruktur etwas mehr als die Hälfte des Volumens ausmacht, teilen sich Anwendungs- (ca. 30 Prozent) und Endgeräte (ca. 15 Prozent) den Rest des Marktes für Betriebsleistungen. In Zukunft sind etwas weniger Ausgaben für das Management von Endgeräten und etwas mehr Ausgaben für die Verwaltung von Anwendungen zu erwarten. Im Infrastrukturbereich bleiben die Ausgaben wie sie sind, es findet jedoch eine Verschiebung traditioneller Datacenter- und Hosting-Dienstleistungen hin zu Managed Datacenter Services statt.

Die Art der Leistungserbringung wird zunehmend standardisiert und damit die Einbettung von externen Leistungen in interne Abläufe erleichtert. In den meisten grösseren Schweizer Unternehmen haben sich ITIL als "Best-Practice-Leitrahmen" und ISO/IEC 20000 als Standard etabliert. Darüber hinaus entwickelt sich SIAM (Service Integration and Management) mehr und mehr zum Standard für "Multi-­Provider-Management". Die Aufteilung zwischen Kunden-Organisation, Service-Integration und Service-Provider verspricht bessere Leistung bei gleichzeitiger Flexibilität. In den vergangenen Jahren wuchs der Markt für SIAM-Angebote um 10 Prozent.

In Europa werden gemäss dem CBI (Centre for the Promotion of Imports from developing countries) knapp die Hälfte (46 Prozent) aller Ausgaben für IT- und Business-Process-Outsourcing an lokale Anbieter vergeben, ein weiteres Viertel (23 Prozent) wird Nearshore erbracht und der Rest (31 Prozent) geht an Offshore-Anbieter. In der Schweiz wird die Verteilung ähnlich sein, auch wenn der Nearshoring-Index gegenüber Gesamteuropa einen etwas höheren Anteil ausweist. Schweizer KMUs allerdings bevorzugen einen lokalen Anbieter, damit Störungen und Probleme möglichst schnell behoben werden können.

Die Zukunft des Outsourcings

Obwohl sich der Gesamtmarkt für das Outsourcing moderat und stabil entwickeln wird, verändert sich die Art und Weise, wie Schweizer Firmen IT-Outsourcing in Zukunft gestalten werden. Die Outsourcing-Verträge der Zukunft werden eine kürzere Laufzeit und ein kleineres Volumen pro Anbieter aufweisen. Die typische Laufzeit für einen Outsourcing-Vertrag in der Schweiz beträgt heute zwischen drei und fünf Jahren. Die Tendenz geht klar in Richtung kürzere Verträge.

Die zunehmende Standardisierung der Leistungserbringung erlaubt es Unternehmen, sich ihre Partner so auszusuchen, dass sie den zukünftigen IT-Bedarf optimal abdecken können. Die Konsequenz: mehr Partner und kleinere Vertragsvolumen pro Partner. Die Ausnahme: die ganz grossen Anbieter, die aufgrund der Breite ihres Know-hows ein Full-Outsourcing inklusive Hyperscaler-Integration anbieten können.

Nachhaltigkeit, Resilienz, Automatisierung und die Integration von KI-Fähigkeiten werden in Zukunft das Angebot der Anbieter von IT-Outsourcing-Dienstleistungen prägen. Ökologisches Wirtschaften ist heute und morgen ein wesentlicher Bestandteil der Strategie jeder Firma. Die Anbieter müssen die Umweltanforderungen erfüllen und den entsprechenden Nachweis erbringen. Mit der zunehmenden Digitalisierung der Schweizer Unternehmen wächst der Bedarf für eine stabile und belastbare IT. Die Automatisierung von Services und deren sichere Bereitstellung über Plattformgrenzen hinweg wird damit zu einer der wichtigsten Aufgabenstellungen jedes Outsourcers. Der Betrieb und die Automatisierung werden in Zukunft zunehmend durch generative KI unterstützt. 

Fazit: Outsourcing in der Schweiz ist und bleibt ein solides und stabiles Geschäft mit hochinteressanten Entwicklungsmöglichkeiten für Kunden und Anbieter.

 

Mehr über Daniel Liebhart sowie darüber, was ihn antreibt und wie er den Wandel der Schweizer IT-Branche erlebt, erfahren Sie im Porträt: Daniel Liebhart: der ubiquitäre Informatiker.

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