Gerichtsverfahren um Kabelaufklärung

Digitale Gesellschaft bezichtigt NDB der Verbreitung von Unwahrheiten

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von René Jaun und dda

Vor Bundesverwaltungsgericht streiten sich die Digitale Gesellschaft und der Nachrichtendienst des Bundes über die sogenannte Kabelaufklärung. Die Digitale Gesellschaft wirft der Behörde vor, ungenaue oder gar falsche Angaben zu machen. Ausserhalb des Gerichtssaals spricht sie sich für gesetzliche Schranken aus.

(Source: Claudio Schwarz / unsplash.com)
(Source: Claudio Schwarz / unsplash.com)

Seit mehreren Jahren schon zieht sich ein Prozess vor dem Bundesverwaltungsgericht hin. Gegenüber stehen sich die Digitale Gesellschaft (Digiges) und der Nachrichtendienst des Bundes (NDB). Gegenstand der Gerichtsverhandlung ist die Kabelaufklärung, also die Massnahme, mit der der NDB "die Kommunikation zwischen der Schweiz und dem Rest der Welt umfassend erfasst und überwacht", wie die Digiges schreibt. Der Verein will vom Gericht geprüft haben, ob überwachte Personen in der Schweiz einen rechtsstaatlichen Anspruch darauf haben, sich gegen die Massenüberwachung zu wehren, wie Sie hier lesen können.

Kritisierte die Digiges in ihren ersten Stellungnahmen zum Prozess noch, dass der Nachrichtendienst seine Antworten ans Gericht grösstenteils geheim halten wollte, stösst sich die Organisation nun am Inhalt der tatsächlich veröffentlichten Stellungnahmen. Die vom Geheimdienst gemachten Angaben zur Praxis der Kabelaufklärung seien "ungenau, ausweichend und teilweise falsch", teilt die Digiges mit. Und Geschäftsführer Erik Schönenberger kommentiert: "Es ist inakzeptabel, dass der Dienst weiterhin unwahre oder technisch fragwürdige Angaben macht, ohne dass diese kritisch überprüft werden".

Der Beschwerdegegner wolle "insbesondere den Eindruck erwecken, dass die Kabelaufklärung effizient und effektiv erscheine, dass es also mit wenigen gezielten Kabelaufklärungsaufträgen möglich sei, den für den Auftrag relevanten Internetverkehr im Wesentlichen zu erfassen und zu analysieren", schreibt die Digiges in ihrer Stellungnahme ans Bundesverwaltungsgericht. Die diesbezüglichen Ausführungen entsprächen jedoch nicht den tatsächlichen Gegebenheiten.

Kampf im Bundeshaus

Das Bundesverwaltungsgericht ist nur eine der Fronten, an denen die Digiges gegen die von ihr kritisierte Massenüberwachung kämpft. Die Organisation sprach sich unlängst in einer Stellungnahme gegen eine vom Bundesrat vorgeschlagene Verordnungsänderung aus. Würde diese wie vom Bundesrat vorgeschlagen umgesetzt, würden die Überwachungspflichten massiv ausgeweitet, kritisierte die Digiges.

Derweil arbeitet der Bund auch an einem revidierten Gesetz für den Nachrichtendienst. Die Vernehmlassung fand bereits 2022 statt, doch aufgrund diverser Verzögerungen soll die Botschaft erst Ende 2025 ins Parlament kommen. Bereits Anfang Jahr tat sich Digiges mit diversen weiteren Organisationen wie Public Eye, grundrechte.ch und Amnesty International zur "NGO-Plattform Menschenrechte" zusammen und veröffentlichte ein Positionspapier mit Forderungen zum neuen Nachrichtendienstgesetz. Die Organisationen sprechen sich darin gegen eine Ausweitung der genehmigungspflichtigen Überwachung aus und fordern klare gesetzliche Grundlagen für die Verwendung biometrischer Daten sowie ein Verbot der Gesichtserkennung im öffentlichen Raum. Die anlass- und verdachtsunabhängige Überwachung wollen sie abschaffen und den Schutz des Berufsgeheimnisses und des Quellenschutzes festigen. Die Auskunftsrechte über die eigenen Personendaten wollen sie ebenso stärken wie die parlamentarische Aufsicht über den Nachrichtendienst.

 

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