Wie KI die CIO-Rolle verändert
Die zunehmende KI-Nutzung führt zu einem Umdenken bezüglich der CIO-Rolle. Benjamin Déglon von der Adecco-Tochter Akkodis Schweiz erklärt im Interview, welche Skills von IT-Führungskräften künftig gefragt sind und wie sich deren Beziehung zu anderen Stakeholdern verändert.
Wie verändert die rasch wachsende Nutzung von KI die Erwartungen an die CIO-Rolle und IT-Abteilungen?
Benjamin Déglon: Der zunehmende Einsatz von KI verändert die Rolle von CIOs und IT-Abteilungen grundlegend. Sie sind nicht mehr nur für Stabilität und Sicherheit zuständig, sondern gestalten aktiv den Wert und die Kultur des Unternehmens mit. KI rückt Daten, Automatisierung und Innovation ins Zentrum der betrieblichen Performance. Bei Akkodis beobachten wir, dass CIOs heute vor allem drei Schwerpunkte setzen: Sie übernehmen eine geschäftsnahe Rolle und unterstützen Fachbereiche bei der Einführung von KI, um Produktivität und Kundenerlebnisse zu verbessern. Sie stärken die Daten-Governance und die ethischen Standards, um Transparenz und regulatorische Sicherheit zu gewährleisten. Und sie bauen hybride Teams auf, die Expertise aus KI, Cloud und Cybersicherheit vereinen und die Zusammenarbeit zwischen IT und Business fördern. KI definiert IT-Services neu als Treiber für Innovation und Transformation.
Welche Skills von IT-Entscheiderinnen und -Entscheidern – abgesehen von technischer Expertise – werden in Zukunft noch gefragt sein?
Ausser dem technischen Know-how müssen künftige IT-Führungskräfte vor allem Technologie mit Geschäftsstrategie und Menschen verbinden können. Der CIO von morgen muss strategische Weitsicht, Führungsstärke und Change Management vereinen, um Unternehmen durch die fortschreitende digitale Transformation führen zu können. Ich bin überzeugt, dass folgende Fähigkeit besonders gefragt sein wird: ein starkes unternehmerisches Verständnis, um Marktmechanismen zu erkennen und Technologieinvestitionen in messbare Geschäftsergebnisse zu übersetzen. Ebenso entscheidend sind Führung und Kommunikation, um Teams bereichsübergreifend zu inspirieren und Vertrauen zwischen den Geschäftseinheiten aufzubauen. Darüber hinaus werden Anpassungsfähigkeit und Innovationsgeist benötigt, um technologische Entwicklungen frühzeitig zu erkennen und gleichzeitig eine Lern- und Experimentierkultur zu fördern. Nicht zuletzt spielt auch ethisches und verantwortungsvolles Handeln eine zentrale Rolle, um sicherzustellen, dass digitale und KI-Initiativen mit Unternehmenswerten und gesellschaftlichen Erwartungen im Einklang stehen. Kurz gesagt: Die IT-Leader der Zukunft beherrschen nicht nur die Technologie, sondern sie prägen Vision, Vertrauen und Transformation und machen IT zu einem echten strategischen Partner des Geschäfts.
Wie verändert KI die Stellung des CIO innerhalb der Unternehmensführung? Könnte der Technologiechef künftig gar die wichtigste Führungsfigur werden?
IT-Führung ist längst keine reine Supportfunktion mehr. KI erhebt die CIO-Rolle zu einer strategischen Führungskraft im Unternehmen. Dieser Wandel macht die oder den CIO zu einem zentralen Treiber von Wertschöpfung, der Geschäftsvision, Datenstrategie und technologische Umsetzung miteinander verbindet. In vielen Unternehmen verschwimmen die Grenzen zwischen CIO und CEO oder CTO, weil Technologiekompetenz immer stärker die Gesamtstrategie prägt.
Wie verändert sich in Zukunft die Beziehung zwischen Tech-Verantwortlichen und den IT-Teams?
Auch hier verändern KI und digitale Transformation das Verhältnis grundlegend, weg vom klassischen Command-and-Control-Ansatz hin zu Zusammenarbeit, Eigenverantwortung und gemeinsamer Innovation. Ich bin überzeugt, dass künftige IT-Organisationen agiler, bereichsübergreifend und stärker sinnorientiert sein werden. Technologieverantwortliche agieren weniger als Vorgesetzte, sondern vielmehr als Ermöglicherinnen und Ermöglicher sowie als Mentorinnen und Mentoren. Sie schaffen Umgebungen, in denen Teams experimentieren, lernen und gemeinsam mit dem Business Lösungen entwickeln.
Und wie verändert KI die Zusammenarbeit zwischen CIO, HR, Compliance und Geschäftsleitung?
KI hilft, Silos zwischen CIO, HR, Compliance und der Geschäftsleitung abzubauen. Was früher getrennte Bereiche waren, wird heute zu einem gemeinsamen Ökosystem, in dem Technologie, Menschen und Governance nahtlos zusammenspielen müssen, um das volle Potenzial von KI auszuschöpfen. Ich beobachte, wie KI stärkere bereichsübergreifende Partnerschaften fördert: Der oder die CIO sorgt für Datenintegrität und Innovation, HR treibt Upskilling und Talententwicklung voran und Compliance sichert Ethik und Vertrauen, während die Geschäftsleitung die strategische Ausrichtung sicherstellt. Diese Annäherung schafft ein neues Führungsmodell, in dem KI zur gemeinsamen Verantwortung wird: eine Verbindung von technologischer Innovationskraft mit menschlicher und ethischer Intelligenz, um nachhaltige, zukunftsfähige Organisationen aufzubauen.
Welche neuen Verantwortlichkeiten entstehen für IT-Führungskräfte beim Thema Responsible AI – insbesondere in Bezug auf Governance und Ethik?
Da KI in immer mehr Geschäftsprozesse integriert wird, übernehmen IT-Verantwortliche neue Aufgaben in den Bereichen Governance, Transparenz und ethische Kontrolle. Die CIOs sind nicht mehr nur für die Leistungsfähigkeit der Technologie verantwortlich, sondern auch dafür, dass KI-Systeme fair, nachvollziehbar und im Einklang mit Unternehmenswerten und gesellschaftlichen Erwartungen arbeiten. Bei Akkodis beobachten wir ein wachsendes Interesse am Thema "verantwortungsvolle KI-Führung". IT-Führungskräfte entwickeln Leitfäden für Data Governance, für die Vermeidung von Bias und zur Einhaltung regulatorischer Vorgaben, und gleichzeitig fördern sie eine Kultur der ethischen Innovation im gesamten Unternehmen. Letztlich geht es bei verantwortungsvoller KI nicht nur um Compliance, sondern um den Aufbau von Vertrauen und langfristigem Wert. Damit werden IT-Verantwortliche zu Hüterinnen und Hütern sowohl des technologischen Fortschritts als auch der Integrität des Unternehmens.
Welche konkreten Massnahmen sollten Technologiechefs ergreifen, damit KI-Systeme nicht nur nach Effizienz, sondern auch nach Kriterien wie Fairness und Inklusivität entwickelt und bewertet werden?
Ich bin überzeugt, dass man verantwortungsvolle KI Leistung mit Ethik, Fairness und Inklusion in Einklang bringen muss, um zum Motor für faire und nachhaltige Entwicklung werden zu können. Technologieverantwortliche spielen eine zentrale Rolle dabei, diese Prinzipien von der Konzeption bis zur Umsetzung von KI-Lösungen zu verankern. Ganz konkret sollten sie klare Leitlinien für Ethik und Governance schaffen, die definieren, wie Fairness, Inklusion und Transparenz gemessen und überwacht werden. Zudem sollten vielfältige Teams und Perspektiven in die Datenauswahl, das Training und die Validierung von Modellen einbezogen werden, um Bias zu reduzieren und inklusive Ergebnisse zu fördern. Ebenso ist es wichtig, kontinuierliche Prüfmechanismen und Nachvollziehbarkeit sicherzustellen, damit Entscheidungen transparent und verständlich bleiben. Darüber hinaus sollten regelmässige Schulungen und Awareness-Programme angeboten werden, um in den Teams eine Kultur der verantwortungsvollen Innovation zu fördern. Schliesslich gilt es, den Dialog mit externen Stakeholdern und Regulatoren zu suchen, um KI-Praktiken an die sich wandelnden gesellschaftlichen und ethischen Standards anzupassen.
In vielen Organisationen kollidieren Innovation und Risikoabsicherung. Wie können IT-Leiter beide Welten zusammenbringen, ohne die Geschwindigkeit zu verlieren?
Aus meiner Sicht sind Innovation und Risikomanagement keine Gegensätze. Vielmehr ergänzen sie sich mit der richtigen Unternehmensführung und dem passenden Mindset. Bei Akkodis sehen wir genau darin einen Wettbewerbsvorteil. Der Schlüssel für IT-Führungskräfte liegt darin, agile und dennoch kontrollierte Rahmenbedingungen zu schaffen, sodass Experimente innerhalb klar definierter Grenzen möglich bleiben. Moderne Technologien helfen dabei, Sicherheit und Compliance laufend zu überwachen, ohne die Umsetzung zu verlangsamen. Wichtig ist aber auch die Zusammenarbeit, sodass eine Umgebung für sichere Innovation entsteht, in der verantwortungsvolles Handeln und Fortschritt Hand in Hand gehen.
Welche Themen sollten 2026 ganz oben auf der CIO-Agenda stehen, um KI verantwortungsvoll und nachhaltig einzusetzen?
Ich sehe das Jahr 2026 als entscheidend dafür, Themen wie Verantwortung, Transparenz, Sicherheit und Nachhaltigkeit fest in die KI-Strategie von Unternehmen zu integrieren. Für CIOs bedeutet das, nicht nur technologische Innovation voranzutreiben, sondern auch die Grundlagen für vertrauenswürdige und zukunftsfähige Systeme zu schaffen. Wie bereits angesprochen, stehen mehrere Themen im Fokus: Die Entwicklung klarer Leitlinien für Governance, Ethik und Compliance ist zentral, ebenso wie ein sorgfältiger Umgang mit Daten, damit KI-Modelle auf verlässlichen und möglichst vorurteilsfreien Informationen basieren. Sicherheit muss von Anfang an mitgedacht werden: Systeme sollten so gestaltet sein, dass sie Manipulationen vorbeugen und neue Risiken frühzeitig erkennen. Auch die Menschen im Unternehmen spielen eine Schlüsselrolle. Mitarbeitende müssen befähigt werden, KI-bezogene Risiken wie Betrug oder Missbrauch zu erkennen. Gleichzeitig braucht es Schulungen, um ein gemeinsames Verständnis für verantwortungsvolle Innovation zu schaffen. Nachhaltigkeit ist ebenfalls Teil der Agenda, da durch energieeffiziente Infrastrukturen und den bewussten Umgang mit Technologie der ökologische Fussabdruck reduziert werden kann. Wer all diese Aspekte miteinander verbindet, wird 2026 nicht nur technologisch vorne mitspielen, sondern auch Vertrauen schaffen.
Wenn Sie einem jungen IT-Führungstalent einen Rat geben müssten: Worauf sollte er oder sie sich für die CIO-Rolle der Zukunft wirklich vorbereiten?
In meinen Augen müssen die CIOs der Zukunft weit mehr als technologische Fachkompetenz mitbringen. Ihre Aufgabe wird sein, Technologie, Menschen und Sinnhaftigkeit miteinander zu verbinden, und so eine Brücke zwischen digitalen Möglichkeiten und unternehmerischer Verantwortung zu schlagen. Wer heute in eine IT-Führungsrolle hineinwächst, sollte sich gezielt vorbereiten: Ein gutes Verständnis für wirtschaftliche Zusammenhänge ist genauso wichtig wie die Fähigkeit, vielfältige Teams zu inspirieren und bereichsübergreifend zusammenzuarbeiten. Digitale Ethik, Datenverantwortung und Cybersicherheit gehören ebenso dazu wie die Bereitschaft, sich kontinuierlich weiterzuentwickeln. Denn die CIOs von morgen werden nicht nur die IT managen, sie gestalten Strategie, Kultur und Nachhaltigkeit aktiv mit. Diese Verbindung von technologischem Weitblick und menschlicher Intelligenz gilt heute als zentral für erfolgreiche digitale Führung.
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