Ein Anruf, der die Welt verändert hat
Vor 50 Jahren hat Martin Cooper den ersten Anruf mit dem Vorläufer des Handys gemacht. Der Erfinder des mobilen Telefons schrieb mit dem Gespräch Geschichte und stiess eine erstaunliche Entwicklung an: vom Prototyp eines klobigen "Knochens" bis zu einer Welt mit mehr Mobiltelefonen als Menschen.
Marty Cooper, Leiter der Forschungs- und Entwicklungsabteilung von Motorola, steht vor dem Hilton-Hotel an der Sixth Avenue in Manhattan. In der Hand hält er ein klobiges graues Gerät, fast so gross wie ein Backstein. Er wählt die Nummer seines Gegenspielers, der beim Konkurrenten Bell Labs arbeitet, der Forschungsabteilung der Telefongesellschaft AT&T. "Hi Joel", sagt Cooper. "Ich rufe dich von einem Mobiltelefon aus an – aber von einem richtigen Mobiltelefon. Ein persönliches, tragbares Mobiltelefon!" Der Mann am anderen Ende der Leitung sei so verblüfft gewesen, dass er gar nichts gesagt habe – so erinnert sich Cooper an den ersten Anruf, der jemals mit einem Mobiltelefon getätigt wurde. Das war am 3. April 1973.
Monate zuvor lieferten sich Motorola und Bell Labs einen Wettlauf um die Entwicklung des ersten mobilen Telefons. "Sie waren das grösste Unternehmen der Welt und wir waren eine kleine Firma in Chicago", sagt Cooper gegenüber "CNN".
Ein "Knochen" für Gutbetuchte
Nach Coopers erstem Anruf dauerte es noch zehn Jahre, bis das Gerät in Serie ging. Erst musste man noch die Behörden überzeugen und die Industrie musste sich auf einen Standard für die Mobilfunkübertragung einigen. Im September 1983 war es soweit: Motorola brachte das DynaTAC 8000X auf den Markt. Es wog 800 Gramm, hatte eine 25 Zentimeter lange Antenne, eine Akkulaufzeit von 30 Minuten und kostete mehrere Tausend Franken. In den USA war das Gerät, das man aufgrund seiner Grösse und Form auch liebevoll "Knochen" nennt, zum Marktstart für 3900 US-Dollar erhältlich. Inflationsbereinigt entspräche das heute einem Preis von etwa 12 000 Dollar.
Das Motorola DynaTAC 8000X wog 800 Gramm, hatte eine 25 Zentimeter lange Antenne, eine Akkulaufzeit von 30 Minuten und kostete 3900 Dollar. (Source: Jan Braun / Heinz Nixdorf MuseumsForum / CC BY-NC-SA)
Der Absatz hielt sich in Grenzen, doch die Hersteller tüftelten weiter. 1989 lancierte Motorola das weltweit erste Klapphandy. Das MicroTAC war denn auch das erste Telefon, das in die Hosentasche passt, wie die "Los Angeles Times" damals titelte.
Die Preise blieben allerdings hoch. 1990 nahm der "Kassensturz" ein Natel von Ericsson unter die Lupe, wie "SRF" berichtet. Es kostete 6000 Franken, exklusiv Akku (225 Franken) und Ladegerät (335 Franken).
Vom Handy zum Smartphone
Ende der 1990er Jahre brachte vor allem Nokia die Entwicklung des Mobiltelefons voran. 1999 präsentierte der finnische Hersteller mit dem 7110 das erste Handy mit drahtlosem Internetzugang. Aus demselben Jahr stammt das Modell 3210 – damals eines der populärsten Mobiltelefone, das gemäss "SRF" deutlich günstiger war als die bisherigen Handys und erstmals eine automatische Texterkennung verwendete. Ebenfalls im selben Jahr kamen auch die ersten Handys mit integrierter Kamera heraus.
Die Ära der Smartphones begann aber erst 2007, als Apple das iPhone vorstellte. Das 500 Dollar teure Gerät vereine drei Dinge in einem, sagte der damalige Konzernchef Steve Jobs: iPod, Telefon und "Internetkommunikator". Wenige Monate später kam mit dem HTC Dream das erste Smartphone mit dem Google-Betriebssystem Android in den Handel.
Motorola geriet indes in eine Krise. Der Hersteller verlor Marktanteile; 2008 schrumpfte der Umsatz im Handy-Geschäft um knapp 40 Prozent gegenüber dem Vorjahr. 2012 übernahm Google die Mobilfunksparte von Motorola für 12,5 Milliarden Dollar. Durch die Übernahme sicherte sich der Suchmaschinist 17 000 Patente mit dem Ziel, die von Patentklagen belagerte Android-Plattform zu stärken. Weniger als zwei Jahre später verkaufte Google das Handygeschäft von Motorola an Lenovo für 2,9 Milliarden Dollar. Von den Motorola-Patenten behielt Google allerdings die Filetstücke für sich, wie die "Süddeutsche Zeitung" berichtete.
Marty Cooper ist heute 94. Er erzählt die Geschichte des ersten Mobilfunktelefonats mit fast schon kindlicher Freude im Gesicht. Ihm sei jedoch bewusst, dass Handys auch Nachteile mit sich bringen. Viele seien süchtig danach. Leute, die mit gesenktem Kopf auf das Smartphone starrend die Strasse überqueren: "So etwas macht mich fertig", lässt er sich von der Nachrichtenagentur AFP zitieren. Dennoch überwiegt für ihn das Positive an der technischen Entwicklung. "Ich bin ein Optimist", sagt er gegenüber "CNN". "Ich denke, dass das Mobiltelefon die Menschheit zum Besseren verändert hat und das auch in Zukunft tun wird."