Zuviel Informationsfluss

Schweizer Unternehmen von Datenfluss überfordert

Uhr | Aktualisiert
von asc

45 Prozent der Schweizer Unternehmen wollen in IT-Systeme investieren. Firmen setzen eigene Daten hauptsächlich zur Analyse von Kostensenkungspotenzialen, Personalbedarf, Wachstums- und Vertriebschancen ein.

Der ständig wachsende Informationsfluss im gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Umfeld stellt eine zunehmende Herausforderung für Unternehmensentscheidungen dar. Mehr als jedes zweite Schweizer Unternehmen (64 Prozent) fühlt sich durch den Informationsfluss und die ansteigende Datenmenge überfordert.Weltweit sind 56 Prozent der Unternehmen dieser Meinung.

Zu diesen Ergebnissen kommt eine Studie, die von Avanade, einem Anbieter von Business Technologie-Services, in Auftrag gegeben wurde. Das unabhängige Forschungsunternehmen Kelton Research befragte dafür mehr als 500 Vorstände, Manager und IT-Entscheider aus der Schweiz und 16 weiteren Ländern. Die Studie hat untersucht, wie Unternehmen und Entscheider mit der stetigen Zunahme von Daten und Informationen umgehen.

Die Ergebnisse der Studie decken sich mit der Umfrage auf Netzwoche.ch – 76 Prozent der Netzwoche-Leser sind der Meinung, dass die ständig wachsende Datenflut ein Problem in ihrem Unternehmen ist. (siehe Grafik) 12 Prozent antworteten, dass dies kein Problem sei und ebenso 12 Prozent wussten auf die Frage keine Antwort.

Fehlentscheidungen aufgrund mangelnder Datenqualität

Viele Unternehmen stehen dem zunehmenden Datenfluss besorgt gegenüber. So zeigen die Studienergebnisse, dass mehr als jeder vierte Schweizer Umfrageteilnehmer (27 Prozent) grosse Sorge hat vor einer künftig steigenden Datenmenge und der damit verbundenen negativen Beeinflussung seiner Tätigkeit. Weltweit sagen dies sogar 42 Prozent der Befragten. Knapp jeder zweite Schweizer Befragte (45 Prozent) hat darüber hinaus schon einmal fehlerhafte Unternehmensentscheidungen aufgrund von veralteten Daten oder mangelnder Datenqualität getroffen. Diejenigen Unternehmen, die bereits fehlerhafte Entscheidungen getroffen haben, geben an, dass die Daten aus fragwürdigen Quellen stammten (40 Prozent), veraltet oder zu ungenau waren (jeweils 20 Prozent).

Aus diesem Grund will sich fast jedes zweite befragte Unternehmen in der Schweiz (45 Prozent und 57 Prozent weltweit) im Rahmen seiner IT innerhalb der nächsten zwölf Monate auf den Bereich Informationsmanagement konzentrieren. Bisher sind 27 Prozent der Schweizer Befragten mit ihren jeweiligen Softwarelösungen unzufrieden, die sie im Unternehmen implementiert haben, um irrelevante Daten herauszufiltern (43 Prozent weltweit). Weitere 36 Prozent der Studienteilnehmer sind unzufrieden mit den eingesetzten Tools, die es Mitarbeitern erlauben, effektiv nach Daten zu suchen (38 Prozent weltweit).

"Unternehmen müssen im ersten Schritt eine Informationskultur und -strategie entwickeln, um den Lebenszyklus ihrer Daten erfolgreich managen zu können. An diesem Prozess sollten auch Entscheider, Mitarbeiter und Partner aktiv teilhaben", rät Tyson Hartman, Global Chief Technology Officer bei Avanade.

Hohe Datenabhängigkeit

Trotz der Herausforderungen, denen Entscheider aufgrund des steigenden Informationsflusses im Unternehmen zu begegnen haben, ist die deutliche Mehrheit der Schweizer Befragten (64 Prozent) der Meinung, dass eine hohe Datenmenge es ihren Mitarbeitern erlaubt, bessere Arbeit zu leisten. Weltweit vertreten 70 Prozent der Teilnehmer diese Ansicht. 36 Prozent der Unternehmen in der Schweiz meinen hingegen, dass die hohe Menge an Daten zu einer verringerten Produktivität im Betrieb führt. 73 Prozent der inländischen Studienteilnehmer geben darüber hinaus an, dass die zunehmende Datenflut die künftige Arbeitsweise in Unternehmen grundlegend verändert wird (61 Prozent weltweit). Die restlichen 27 Prozent geben an, dass der so genannte Information Overload lediglich ein Hype sei, der vorübergehe. Mehr als jeder dritte Schweizer Studienteilnehmer (36 Prozent) sagt zudem, dass die eigenen Unternehmensdaten ein strategisches Unterscheidungsmerkmal zum Wettbewerb darstellen (46 Prozent weltweit).

Vorteile vs. Nachteile

Die wesentlichen Vorteile, die Schweizer Befragte in der stetig steigenden und verfügbaren Datenmenge sehen, zeigen die weiteren Ergebnisse: So geben 45 Prozent der Studienteilnehmer an, dass sie dank einem "mehr" an Daten ihre eigene Wettbewerbsfähigkeit verbessern können. Weitere 45 Prozent nennen genauere Geschäftsprognosen und 27 Prozent geringere Unsicherheiten bei Geschäftsentscheidungen als Vorteil. Mehr als jedes dritte Unternehmen (36 Prozent) erhofft sich von stetig steigenden und verfügbaren Datenmengen die Fähigkeit, neue Talente besser und effektiver ansprechen zu können. 18 Prozent der Studienteilnehmer geben an, dass ineffiziente Prozesse im Unternehmen aufgespürt und minimiert werden können. Lediglich neun Prozent der Befragten sagen, dass ein "mehr" an Daten keinerlei Vorteile mit sich bringt.

Trotz effizienterer Arbeitsprozesse sehen die Schweizer befragten Entscheider auch Nachteile, wenn es um den steigenden Informationsfluss geht. So befürchtet mehr als jeder dritte Studienteilnehmer (36 Prozent) eine Verlangsamung seiner IT-Systeme. Weitere 27 Prozent hegen Datenschutzängste und meinen darüber hinaus, dass sich Entscheidungsfindungen aufgrund der Fülle an Daten künftig erschweren werden. Knapp jeder zweite Schweizer Respondent (45 Prozent) befürchtet, nur noch erschwert die für seine Arbeit benötigten Daten zu finden.

Durch den zunehmenden Informationsfluss empfinden die hiesigen Studienteilnehmer aber auch heute schon Nachteile. So geben 45 Prozent an, dass sie bei der täglichen Arbeit regelmässig durch eingehende, aber für sie irrelevante Daten, gestört werden. Mehr als jeder Dritte (36 Prozent) gibt an, dass regelmässig wichtige Entscheidungen im Arbeitsalltag verzögert würden, da zu viele Daten vorliegen. Jeder Vierte meint, dass wichtige Entscheidungen regelmässig nicht getätigt oder übersehen werden. Grund hierfür ist die kaum zu bewältigende Datenmenge.

"Viele Unternehmen sehen aber nicht nur Nachteile in der stetig zunehmenden Menge an Daten und Informationen, sondern auch ein hohes Potenzial. Entscheider sind sich jedoch bewusst, dass sie einen kreativen und ganzheitlichen Ansatz für ihr Datenmanagement finden müssen. Dieser sollte Personen, Prozesse und Technologien mit einschliessen, um einen tatsächlichen Nutzen daraus ziehen zu können. Hier mangelt es aber meist an grundlegenden Messmethoden oder Methoden, die sich flexibel an die sich ändernden Unternehmensbedürfnisse anpassen lassen", erklärt Dr. Robert Laube, Service Line Lead für Business Intelligence bei Avanade Schweiz, Österreich und Deutschland.

Genutzte Datenquellen

Die weiteren Studienergebnisse zeigen, welche Quellen Unternehmen nutzen, um an für sie wichtige Daten zu gelangen. So gibt mehr als jeder vierte Schweizer Befragte (27 Prozent) an, benötigte Daten auf Basis der Kundenarbeit zu generieren. 36 Prozent erhalten benötigte Daten von der Geschäftsführung, 18 Prozent durch Lieferanten oder Zulieferer sowie Marktforschungsunternehmen. Weitere 18 Prozent erhalten notwendige Daten durch ihre Mitarbeiter.

Weiterhin zeigt sich, dass Unternehmen verfügbare Daten vor allem dafür nutzen, um redundante Prozesse im Unternehmen zu identifizieren und so etwaige Betriebskosten zu senken (45 Prozent). 36 Prozent nutzen die eigenen Daten zudem, um den künftigen Personalbedarf zu analysieren oder um Verkaufstrends zu prognostizieren. Mehr als jeder vierte (27 Prozent) verwendet Daten, um Wachstumschancen mit bestehenden oder potenziellen Kunden zu untersuchen und 18 Prozent, um die eigene Unternehmensperformance und den ROI zu analysieren.

Verbesserungen erwünscht

Um den Herausforderungen, die stetig steigende Datenmengen mit sich bringen, erfolgreich zu begegnen, planen Unternehmen in den kommenden zwölf Monaten in ihr Informationsmanagement zu investieren. Auf die Frage, welche Gründe ausschlaggebend sind, damit das Unternehmen in den nächsten Monaten bessere Leistungen erzielt, geben 55 Prozent der Schweizer Entscheider an, dass hierfür bessere Such- und Filtertools notwendig sind. Knapp jeder Zweite (45 Prozent) meint, dass es künftig wichtig sein wird, die jeweils richtige Person im Unternehmen zu finden, die Mitarbeiter mit den relevanten Daten versorgen kann. Mehr als jeder Dritte (36 Prozent) gibt an, dass ein schneller Zugang zu Daten unabdingbar ist und 18 Prozent möchten auf mehr Datenquellen zugreifen. Lediglich neun Prozent der Schweizer Studienteilnehmer halten Mitarbeiterschulungen zum effektiven Umgang mit Daten für wichtig.

Darüber hinaus planen Schweizer Befragte ernsthaft in ihre IT-Systeme zu investieren oder haben dies bereits getan. So wollen hiesige Unternehmen vor allem ihre Sicherheitslösungen aufrüsten (82 Prozent), um dem steigenden Informationsfluss begegnen zu können. Weitere 73 Prozent planen in ihr CRM-System zu investieren oder haben dies bereits getan. Mehr als die Hälfte der Studienteilnehmer (64 Prozent) möchte zudem ihr BI-System sowie ERP-System (55 Prozent) ausbauen. Die unternehmenseigene Suche über Softwaretools will mehr als jeder Dritte (36 Prozent) ausbauen.